Dermatologie
BODYGUARD DER HAUT
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Der lebendige Bodyguard unseres größten Organs, der Haut, sind die vielen Bakterien, Pilze und Viren, die sich auf der Haut tummeln. Da sich die Zusammensetzung bei jedem Menschen individuell darstellt, ist das Mikrobiom ein mikrobieller Fingerabdruck. Bedingt durch Genetik, Umweltfaktoren, Lebensweise, Geschlecht und Alter gleich keins dem anderen. Die Besiedelung verteilt sich unregelmäßig über den Körper. Ausschlaggebend ist das Mikroklima der Hautzone. Wir unterscheiden zwischen trockenen, feuchten und talgreichen Zonen.
Die Guten halten die Schädlichen in Schach Die wichtigsten Aufgaben des Mikrobioms sind die Haut vor schädlichen Organismen zu schützen, den pH-Wert und das Immunsystem der Haut aufrecht zu halten, sowie die Hautbarriere und den Feuchtigkeitshaushalt zu stärken. Die Mikrobengemeinschaft verhindert, dass neu ankommende Bakterien, die Infektionen verursachen könnten, sich ausbreiten. Um den lebenden Haut-Bodyguard zu ernähren und funktionsfähig zu halten, versorgt die Haut die Mikroben mit abgestorbenen Hautzellen, Talg und Schweiß.
Auf einem Quadratzentimeter unserer Haut herrscht ein schönes Getümmel, hier leben sage und schreibe etwa eine Milliarde Mikroben. Der Schutzschild kann durch schlechte Lebensgewohnheiten, UV-Strahlung, Klima, Umweltschadstoffe und im Moment durch das Tragen von Gesichtsmasken geschädigt werden, was eine Änderung der Hautzusammensetzung zur Folge hat. Dieses Ungleichgewicht kann wiederum Auswirkungen auf den Hautzustand haben.
Auch bei Gesichtsbehandlungen, die obere Hautschichten abtragen, zum Beispiel bei der Mikrodermabrasion, ist ein guter Aufbau der Hautbarriere wichtig. Kommt es zu einer Barrierestörung der Haut, reagiert diese empfindlich, ist leicht reizbar und reaktiv, denn sie ist nicht mehr vor Umwelteinflüssen geschützt. Der Flächenbrand beginnt und es entsteht schlaffe, trockne und empfindlich, gereizte Haut. Bei Hauterkrankungen wie Akne, Neurodermitis und Ekzeme nehmen die Wissenschaftler ebenfalls das unausgewogene Mikrobiom unter die Lupe und haben Zusammenhänge festgestellt. Heute weiß man, dass die Haut ein komplex funktionierender immunologischer Schutzschild ist.
Krankheitsbilder bei gestörter Barrierefunktion der Haut Das atopische Ekzem (Neurodermitis), eine entzündliche, mit starkem Juckreiz einhergehende Hauterkrankung, ist von vielen Faktoren abhängig. Die gestörte Hautbarriere sorgt mit einer erhöhten Penetration von Allergen und einem gesteigerten Wasserverlust zur Reizbarkeit und zu starken Entzündungen. Das Mikrobiom weist bei dieser Hauterkrankung im Vergleich zum gesunden Menschen ein deutlich verändertes und weniger vielfältiges bakteriell besiedeltes Muster auf.
Neue Therapieansätze beschäftigen sich mit besseren Wachstumsbedingungen für die natürliche Mikrobensymbiose, um die Überbesiedlung mit Staphylococcus aureus zurückzudrängen. Diese Bakterien können sowohl Auslöser oder Folgen der Erkrankung sein, sind aber nicht ansteckend. Eine verringerte Vielfalt der Haut-Mikroben an verletzten Hautstellen wurde auch bei Psoriasis-Patienten festgestellt. In der Plaque der Psoriasis beobachtet man einen Anstieg einer Staphylococcus-Art.
Das Mikrobiom bietet bei der Autoimmunerkrankung keinen Therapieansatz, sondern dient lediglich der Unterstützung. Und natürlich spielt das Mikrobiom auch bei der Akne eine Rolle. In der Pubertät setzen die Talgdrüsen zu einer überschießenden Produktion an, was neben externen Auslösern, (ungesunde Fast Food Ernährung) zu einer Veränderung des gesunden Keimspektrums auf der Haut führt. Das Bakterium Propionibacterium acnes wird in seinem Wachstum beflügelt und ist neben anderen pathogenen Faktoren an der Entstehung der Akne beteiligt.
Durch die Bildung kurzkettiger Fettsäuren, die antibakteriell auf andere Bakterienarten wirken, verschafft sich dieser Keim einen Vorteil. Es entsteht ein saurer pH-Wert, der andere Bakterienarten am Wachstum hindert. Das Schutzschild des Mikrobioms gerät aus der Balance und Propioibacterium acnes kann sich in talgreichen Arealen ungehindert vermehren.
Wie kann man das gesunde Hautmikrobiom erhalten? Auch eigentlich gesunde Haut, die aber täglich durch äußere Reize belastet wird und ein Ungleichgewicht der natürlichen Mikroben aufweist, kann sich verändern. Sie wird trocken, leicht reizbar und empfindlich. Präbiotika dienen als Nährstoffe für gute Bakterien, sie stimulieren das Bakterienwachstum. Probiotika sind lebende Mikrobenstämme. Die Zufuhr von verschiedenen Mineralstoffen und Spurenelementen kann helfen und das Wachstum der gesunden Bakterien fördern.
Viel Feuchtigkeit sowohl von innen (Trinkmenge) als auf von außen verhindern das Austrocknen der Haut. Je trockener die Haut, desto schlechter können gute Organismen auf ihr leben. Durch eine prä- oder probiotische Hautpflege wird das Ökosystem der Haut verbessert. Die Balance der Haut wird wiederhergestellt, die Hautbarriere regeneriert sich, die Reizbarkeit wird vermindert. Auch eine übermäßige Talgproduktion kann so reguliert werden, Rötungen verschwinden, Ekzeme werden gelindert der Juckreiz lässt nach.
So unterstützt beispielsweise Aqua filiformis das Gleichgewicht des Mikrobioms. Es wird aus dem Bakterium Vitreoscilla filiformis hergestellt, das auch in der Natur in einigen wenigen Thermalwässern vorkommt. Es hat eine anerkannte, pflegende Wirkung, insbesondere bei zu Neurodermitis neigender Haut. Milchsäurebakterien in Kosmetikprodukten steigern das Wachstum der guten und hemmen die Ausbreitung von schädlichen Bakterien. Einen häufig in Kosmetika verwendeten Milchsäure-Extrakt finden Sie in der Liste der Inhaltsstoffe unter der Bezeichnung Bifida Ferment Lysate, weitere probiotische Stoffe sind Lactobacillus und Lactobacillus Ferment.
Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 05/2022 ab Seite 76.
Sandra Holzhäuser, PTA und Kosmetikerin