Blick von oben auf einen Holztisch: Am Bildrand liegen verschiedene Gebäckstücke und Getreide. In der Mitte ist der Tisch bemehlt. In das Mehl wurde mit dem Finger geschrieben "Gluten free", also glutenfrei.© master1305 / iStock / Getty Images Plus
Die Auswahl an glutenfreien Produkten ist heute viel größer als noch vor wenigen Jahren.

Zöliakie

ESSEN OHNE GLUTEN

Unreine Haut, Beschwerden wie Blähungen, Durchfall oder ständige Abgeschlagenheit, bis hin zum Gewichtsverlust. Typische Anzeichen, dass im Körper irgendetwas nicht rund läuft. Ursache kann eine Unverträglichkeit gegenüber Gluten sein. Wie lässt sich dies herausfinden und was ist dann für Betroffene wichtig zu wissen?

Seite 1/1 9 Minuten

Seite 1/1 9 Minuten

Auf Gluten zu verzichten ist eine der Mode-Erscheinungen in Sachen Ernährung, seit es in den Sozialen Medien en vogue ist. Eine lohnende Sache für Hersteller glutenfreier Lebensmittel und Influencer, die glutenfreies Essen propagieren. Oft wird es als Vorwand genommen, um auf kohlenhydrathaltige Lebensmittel zu verzichten. Beispielsweise im Rahmen einer Low-carb- oder Keto-Ernährung, um Gewicht zu verlieren. Oder auch weil sich Menschen, die auf einmal glutenfrei leben, durch ihre selbst auferlegten Regeln Struktur geben, oder sich dadurch besser fühlen.

Doch dieser Diättrend fußt auf einer ernstzunehmenden Sache. Eine medizinisch diagnostizierte Glutenintoleranz ist eine chronische Erkrankung, die eine lebenslange, spezielle Ernährungstherapie erfordert. Stellt sich die Frage, was Gluten überhaupt ist? Ist es schädlich? Kann das krank machen? Wo kommt es vor?

Zöliakie und Sprue – zwei Namen, eine Krankheit

Gluten ist ein Klebereiweiß, welches in verschiedenen Getreidesorten vorkommt. Essen Menschen mit einer medizinisch diagnostizierten Intoleranz Gluten, kann es zu leichten bis schweren Unverträglichkeitsreaktionen kommen, wie eingangs beschrieben. Medizinisch wird eine Glutenintoleranz als Zöliakie und früher auch als Sprue bezeichnet, heute zunehmend als Glutenenteropathie.

Symptome der Zöliakie

Bei diesem Krankheitsbild haben Erkrankte durch eine Autoimmunreaktion eine chronisch entzündete Dünndarmschleimhaut. Im Zuge dessen werden Nähr- und Wirkstoffe nur eingeschränkt vom Organismus aufgenommen und verstoffwechselt. Typische Beschwerden sind

  • Magen-Darm-Beschwerden wie Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall, aber auch Verstopfung und eine schlechte Gewichtszunahme.
  • Ebenso Hautveränderungen, zum Beispiel unreine Haut.
  • Auf Dauer ist zudem der körperliche Allgemeinzustand schlecht.

Wissen Betroffene nicht, dass sie erkrankt sind, schränkt das ihre Lebensqualität deutlich ein. Mehr noch: Bleibt die Zöliakie bei Erwachsenen auf Dauer unbehandelt, steigt dasDarmkrebs-Risiko im Vergleich zu Menschen ohne Glutenintoleranz.

Ursachen der Glutenintoleranz

Welche Ursachen der Zöliakie zugrunde liegen, ist derzeit nicht eindeutig geklärt. Wahrscheinlich ist sie genetisch veranlagt. Bekannt ist, dass es familiäre Häufungen gibt: Hat ein Geschwisterkind Zöliakie, steigt das Risiko selbst eine Zöliakie zu entwickeln auf etwa zehn Prozent an. Aber auch Darminfektionen mit Bakterien oder Viren werden vermutet.

Auch das Immunsystem, der allgemeine Ernährungsstatus und Umweltfaktoren können zum Ausbruch der Krankheit führen. Ebenso kann der Konsum glutenhaltiger Lebensmittel dazu beitragen, dass eine Zöliakie überhaupt erst ausbricht.

Viele Betroffene

Doch wie viele Menschen sind denn hierzulande tatsächlich von einer Zöliakie betroffen? Dazu veröffentlicht die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft (DZG) folgende Zahlen: Rund ein Prozent der Bevölkerung ist demnach erkrankt. Praktisch einer von hundert Menschen. Wie bei anderen chronischen Erkrankungen ist auch hier die Dunkelziffer deutlich höher. So schätzen die Experten der DZG eine aktuelle Dunkelziffer von 80 bis 90 Prozent. Das wäre dann nicht bloß eine von 100 Personen, sondern ungefähr eine von 55.

Dies resultiert auch daraus, dass nur ein Teil der Betroffenen dem klassischen Vollbild der Zöliakie entsprechen. Bei bis zu 90 Prozent der Betroffenen sind die Symptome untypisch oder schwächer ausgeprägt. Deshalb werden sie nicht zwangsläufig mit einer Glutenintoleranz in Verbindung gebracht.

Die Krankheit kann in jedem Alter ausbrechen. Allerdings manifestieren sich die meisten Fälle im Lauf der Kindheit. Die Krux dabei: Häufig verursacht die Zöliakie im Kindesalter wenig Symptome, so dass sie teils über viele Jahre oder sogar Jahrzehnte unentdeckt bleibt. Das bestätigt die hohe Dunkelziffer.

Zöliakie-Diagnose: über Jahre unentdeckt

Ist die Diagnose dann allerdings sicher, erklärt sich für viele Betroffene, warum sie immer wieder verschiedene Symptome haben, die sie nicht zuordnen konnten. Zur Diagnosestellung erfolgt bei Erwachsenen meistens eine Dünndarmbiopsie. Insbesondere bei Kindern werden meistens Blutuntersuchungen angewendet, die zur sicheren Diagnosestellung herangezogen werden können.

Zunächst ist die Diagnose wohl Erleichterung und Schock zugleich. Endlich herrscht Klarheit über vorher nicht zuzuordnende Beschwerden. Andererseits heißt das, dass man von nun an lebenslang anders essen  muss.

Deshalb ist es so wichtig, dass Betroffene und häufig auch Angehörige wie Eltern, Ehepartner oder andere Familienmitglieder gut und gründlich über die Krankheit und die entsprechende Ernährungstherapie aufgeklärt und geschult werden.

Besser informiert, bessere Lebensqualität

Für Betroffene ist es lebenswichtig, eine spezielle Ernährungstherapie mit glutenfreien Lebensmitteln lebenslangzu befolgen. Die Krankheit verschwindet zwar nicht, aber mit der entsprechenden Ernährung können Menschen mit Zöliakie ein normales Leben führen. Mit der gleichen Lebenserwartung wie Menschen ohne diese chronische Krankheit.

Oberstes Gebot und Ziel liegt darin, alle Lebensmittel – vom Grundnahrungsmittel bis zum Fertigprodukt – glutenfrei auszuwählen. Und das ist eine Herausforderung, insbesondere bei industriell verarbeiteten Produkten. Je nach Ausprägung der Glutenunverträglichkeit können schon kleinste Mengen in einer Speise oder einem Lebensmittel zu gastrointestinalen Beschwerden führen.

Da Gluten in zahlreichen Getreidesorten natürlich vorkommt, gilt es, diese gegen glutenfreie auszutauschen. Außerdem daraus hergestellte Produkte wie Nudeln, Mehl, Grieß, Schrot, Grütze, Graupen, Flocken, Keime, Kleie, Müsli, Fertiggerichte und Co. Oft greifen Betroffene zu Dinkelbrot oder Grünkern. Doch auch sie gehören zur Gruppe der glutenhaltigen Getreidesorten und sind nicht geeignet.

Welches Getreide enthält Gluten?

Diese Tabelle zeigt Ihnen, welche Getreidearten Gluten enthalten und welche nicht. Hafer nicht dabei eine Sonderstellung ein. An sich gilt er als glutenfrei. Handelsübliche Ware ist jedoch oft stark mit Gluten kontaminiert. Nur Hafer, der explizit als glutenfrei ausgewiesen ist, eignet sich für Zöliakie-Betroffene.

Glutenhaltige Getreide

Glutenfreie Getreide

  • Weizen
  • Roggen
  • Gerste
  • Tritordeum (Kreuzung aus Hartweizen und Gerste)
  • Durum
  • Grünkern
  • Dinkel/Rotkorn
  • Einkorn
  • Urkorn
  • Emmer
  • Kamut® (Khorasan-Weizen)
  • Triticale und sonstige Weizenderivate
  • Tempuramehl aus/mit Weizenmehl
  • Sago aus Gerste oder Weizen
  • Weizen-Udon-Nudeln
  • Somen-Nudeln aus Weizen
  • Taboulé/Tabouleh aus Bulgur oder Couscous
  • Kritharaki: griechische Nudeln in Reisform aus Weizen
  • Panko, japanisches Paniermehl
  • Gersten-Graupen
  • Handelsüblicher Hafer
  • Buchweizen
  • Amaranth
  • Quinoa
  • Hirse
  • Mais
  • Reis und Wildreis
  • Tempuramehl aus Reis
  • Ess-Kastanien, -mehl
  • Hülsenfrucht-Mehle, z.B. aus Kichererbsen oder Linsen
  • Mungobohnen und -Stärke
  • Tapioka
  • Maniok/ Cassave
  • Traubenkernmehl
  • Kochbananenmehl
  • Hanfmehl
  • Lupinenmehl,
  • Nussmehle z.B. aus Mandeln, Kokos
  • Sago aus Maniok (Mark der Sagopalme)
  • Rapskernmehl
  • Hiobsträne
  • Nicht kontaminierter Hafer

 

Gluten – offensichtlich oder versteckt

Produkte aus der klassischen Bäckerei wie zum Beispiel sämtliche Brotsorten, Brötchen, Stuten und Weck, Knäckebrot, Zwieback, Kleingebäck, Teilchen und Kuchen sind alle eindeutig glutenhaltig. Ebenso wie herkömmliche Kekse, Nudeln, Müsli und Paniermehl. Aber auch Malzkaffee, Bier und Malzbier.

Weitaus schwieriger einzuschätzen sind dagegen sämtliche Fertigprodukte. Gluten kann enthalten sein in

  • Cornflakes, Polenta, Couscous, Bulgur, Obst- und Gemüsezubereitungen
  • Milchzubereitungen, Kartoffelfertigprodukte, Wurstwaren
  • viele vegetarische und vegane Produkte wie pflanzliche Brotaufstriche und Fleischersatzprodukte
  • Fischkonserven, Käse- und Schmelzkäsezubereitungen, Fleischextrakte, Brühwürfel und Suppenwürze
  • Salatsoßen, Fertigsoßen, Tomatenketchup, Senf und Mayonnaise
  • Eiscreme, Fertigdesserts, Cremespeisen, Nuss- und Müsliriegeln, Nougat- und Nuss-Nougatcreme und Nussmus
  • Marzipan, Schokolade, Pralinen, Fruchtsaft mit Ballaststoffzusätzen, Backpulver, aromatisierten Tees, löslichem Kaffee sowie Kaffee- oder Tee-Fertiggetränken

Natürlich glutenfreie Lebensmittel

Es gibt viele Produkte, die in ihrer naturbelassenen Form glutenfrei sind. Also ohne jegliche Zusätze – Vorsicht ist bei fertig gewürzten Produkten geboten. Glutenfrei sind zum Beispiel Milch, Naturjoghurt, Quark, Dickmilch und Sahne. Ebenso Schnitt- und Weichkäse, Pflanzenöle, Butter und Margarine.

Frisches Fleisch, frischer Fisch, Schalen- und Krustentiere sowie Eier sind ebenfalls glutenfrei.Auch gekochter und roher Schinken sowie Bratenaufschnitt ohne Fertigwürze sind frei von Gluten.

Frisches Obst und Gemüse, frische Kräuter, Nüsse und Fruchtsäfte ohne jegliche Zusätze sind möglich. Ebenso Sesam, Sonnenblumen- und Kürbiskerne, Mohn und Leinsamen. Kein Gluten steckt auch in Hülsenfrüchten, Sojabohnen, Kartoffeln, Süßkartoffeln und Ess-Kastanien. Außerdem bei Zöliakie möglich sind reine Maisstärke und reines Kakaopulver, also klassischer Backkakao.

Mineralwasser, nicht aromatisierter Tee, Kaffee, Konfitüre und Marmelade sowie Honig sind glutenfrei. Dennoch lohnt hier stets der Blick auf die Zutatenliste. Je nach Produkt kann nämlich trotzdem Gluten enthalten sein, zum Beispiel bei Marmelade mit Zusätzen wie Marzipan oder Honig mit Chili.

Glutenfreie Fertigprodukte – heute kein Problem mehr

Glutenfreie Lebensmittel gibt es mittlerweile in jedem gut sortierten Supermarkt. Drogeriemärkte führen sie teils in ihrem Standardsortiment. Sogar Discounter haben hin und wieder glutenfreie Pasta und Co. als Aktionsware im Angebot. Dies wird im jeweiligen Wochenprospekt angegeben. Hier lohnt es sich, ab und zu die Angebote oder Internetseiten der Discounter anzusehen.

Bei vielen Herstellern qualitativ guter Produkte kann man auch online bestellen. Sie bieten Backmischungen für Brote, Mehle, Gebäck, Süßigkeiten und mehr an. Zum Beispiel 3 Pauly, Schaer, Hammermühle oder der Reseller SOLO gluten free.

Glutenfreie Produkte sind gut und leicht zu erkennen: Sie tragen die Aufschrift „glutenfrei“ oder das Symbol einer durchgestrichenen Ähre. Bei der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft gibt es zudem eine ständig aktualisierte, detaillierte Liste aller glutenfreien Produkte, die es hierzulande im Supermarkt zu kaufen gibt. Ob klassisches Lebensmittel oder Fertigprodukt: hier lässt sich alles nachschlagen. Für ein gesundes, glutenfreies Leben ein hilfreiches Tool.

Statt fertige glutenfreie Produkte zu kaufen, kann man natürlich auch selbst backen – wie wäre es zum Beispiel mit einem leckeren glutenfreien Brotoder glutenfreien Cookies?

Quellen:
Fachwissen der Autorin, staatlich diplomierte Diätassistentin, DKL/DGE
Übersicht zur Auswahl glutenfreier Lebensmittel der Deutschen Zöliakie Gesellschaft/DZG
www.dzg-online.de/was-ist-zoeliakie 

×