Weinauswahl
SO FINDET MAN DEN RICHTIGEN TROPFEN
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Wer im Supermarkt Wein kaufen will, findet sich vor meterlangen Regalen wieder. Und muss sich entscheiden: rot, weiß oder rosé? Trocken oder feinherb, soll's ein Riesling sein oder ein Müller-Thurgau? Liegt das Budget eher bei drei oder bei 15 Euro pro Flasche? Mit der Entscheidung ist man meist allein - nur selten gibt es dort eine fachliche Beratung.
Trotzdem kaufen Menschen in Deutschland fast zwei Drittel aller Weine im Supermarkt oder Discounter. "Teilweise haben Supermärkte eine fantastische Weinauswahl", sagt Master of Wine Romana Echensperger. Aber welche der vielen Flaschen ist die richtige?
"Das wichtigste Kriterium ist, ob mir der Wein schmeckt", sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut (DWI). Wenig geübte Weintrinker würden häufig zu etwas süßeren Weinen greifen - deklariert als "lieblich" oder schon etwas weniger süß als "feinherb" oder "halbtrocken", sagt Büscher. "Wer sich länger mit Wein beschäftigt, landet meistens aber bei den trockenen Weinen", ergänzt er.
Welcher Rebsorten-Typ bist du?
Auch Rebsorten beeinflussen, wie der Wein schmeckt. Wenn ein Mensch eine Vorliebe für eine bestimmte Rebsorte gefunden hat, könne er daraus weitere Weintypen für sich ableiten, sagt Ernst Büscher.
Beim Weißwein, erklärt Romana Echensperger, gibt es säurebetonte Weine, die frisch und aromenreich sind - etwa der Riesling. "Wenn ich Riesling mag, gefällt mir vermutlich auch ein Sauvignon Blanc." Liebt man es säureärmer, tendiert man zu Grauburgunder oder Silvaner.
Für den Weinkauf im Supermarkt muss aber niemand Rebsorten wie Vokabeln lernen. Es gebe eine einfache Eselsbrücke, sagt Echensperger: "Wein aus kühleren Regionen ist meist frischer und säurebetonter." Weine aus wärmeren Regionen hätten dagegen meist weniger Säure und dafür reifere Fruchtaromen.
Beim Rotwein entscheidet das Tannin
"Rotweine kann man ebenfalls grob in zwei Typen unterscheiden", sagt Ernst Büscher. Es gibt tanninreichere Rotweine wie den Lemberger oder Cabernet Sauvignon. Tannine sind Gerbstoffe, die unter anderem beeinflussen, wie sich der Wein im Mund anfühlt. Sie geben ihm mehr Struktur. Das bedeutet, dass er sich auf der Zunge etwas rau oder auch pelzig anfühlt, was auch als "adstringierend" beschrieben wird.
"Weniger tanninreiche Weine, wie etwa der Merlot, wirken weicher", erklärt Echensperger. Diese Weine seien dadurch oft leichter zugänglich. Wer gerne Merlot trinkt, kann deshalb auch mal zum Spätburgunder greifen. Das ist die in Deutschland am häufigsten angebaute rote Rebsorte und ebenfalls gerbstoffarm.
Ernst Büscher betont, dass es bei den verschiedenen Stilen kein Besser und kein Schlechter gibt. Es sei einfach Geschmacksache. Dabei könne einem sogar beides gut gefallen. So vereinen etwa Winzer im Bordeaux den weicheren Merlot und den kantigeren Cabernet Sauvignon zu facettenreichen Cuvées.
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Was sagt der Preis?
Bordeaux, Riesling oder Grauburgunder gibt es im Supermarkt bereits für unter drei Euro die Flasche - und für ein Vielfaches davon. Gründe für die Preisunterschiede gibt es viele. "Bei höherwertigen Weinen erntet der Winzer pro Stock weniger Trauben. Diese sind dafür konzentrierter und haben eine bessere Qualität", so Büscher.
Einen Unterschied mache auch, ob viel mit der Hand gearbeitet wird. So ist ein maschineller Vollernter deutlich günstiger, bei der Handlese könnten dafür schlechte oder zu wenig ausgereifte Trauben besser aussortiert werden. Das steigert die Weinqualität. "Weine, die im kleinen Holzfass reifen, sind deutlich teurer für den Erzeuger als Weine aus dem großen Stahltank", erklärt der DWI-Sprecher.
Ein höherer Preis kann daher ein Hinweis sein, dass der Wein höherwertiger ist. "Deshalb muss er einem nicht besser schmecken", so der Fachmann. Weinpreise hängen zudem auch von der Reputation eines Erzeugers und von der verfügbaren Menge ab. Großtechnisch produziert seien gut trinkbare Weine auch für zwei bis drei Euro möglich. "Dies sind dann saubere Weine, aber ohne große Komplexität." Im Schnitt geben Menschen in Deutschland 3,88 Euro für einen Liter Wein aus.
Lieber weniger, dafür besser
"Wir sind alle von der Inflation gebeutelt. Deshalb möchte ich kein Urteil über Leute fällen, die billigen Wein kaufen", sagt Echensperger. Trotzdem würde sie nicht unter fünf Euro pro Flasche gehen. "Besser man trinkt weniger und dafür etwas besseren Wein."
Menschen, die preisbewusst einkaufen, rät die gelernte Sommelière auch hier auf die Rebsorte zu achten. Etwa der Spätburgunder sei für wenig Geld schwer in guter Qualität zu bekommen: "Die Traube ist empfindlich und erfordert mehr Arbeit."
Ihr Tipp: In der günstigeren Preisklasse greift man eher zum Merlot, Syrah oder Cabernet Sauvignon. "Die haben eine dicke Schale und sind so robuster in der Verarbeitung", erklärt die Expertin. Auch Weine aus mediterranem Klima seien eine gute Wahl. Winzer haben da weniger mit Pilzbefall zu tun und könnten so günstiger arbeiten.
Ein Blick aufs Etikett
"Viele treffen ihre Kaufentscheidung binnen Sekunden danach, ob ihnen ein Etikett gefällt", sagt Ernst Büscher. Es lohne sich aber, dabei nicht nur nach Optik zu gehen. "Das Etikett verrät viel mehr über den Wein." Etwa das Jahr der Herstellung. Supermarktweine, so Büscher, sollten in der Regel jung getrunken werden - deshalb sollten Verbraucher beim Kauf auf den Jahrgang achten.
Der Alkoholgehalt, oftmals auf dem Rückenetikett deklariert, könne einen Hinweis geben, welcher Wein zu welchem Essen passt, sagt Büscher. Zum scharfen Essen sollte man eher einen alkoholärmeren Wein wählen - mit zwölf Volumenprozent oder weniger. Denn Alkohol verstärkt die Schärfe im Essen. Zu einem kräftigen, opulenteren Essen passe dagegen ein kräftigerer Wein mit 13 oder auch 13,5 Volumenprozent.
Auf dem Etikett findet man auch Hinweise, wie nachhaltig ein Weingut arbeitet - durch Siegel wie Demeter oder Naturland, aber auch Weinbauverbände wie Ecovin. Wer Wein nachhaltig kaufen möchte, sollte noch auf etwas achten, sagt Romana Echensperger: das Flaschengewicht.
Über die Hälfte des CO2-Ausstoßes beim Wein gehe auf das Glas zurück. Dabei brauche es gar keine kiloschweren Flaschen. Ausnahme: Schaumweinflaschen. Da braucht es wirklich dickeres Glas, damit es dem Druck standhält.
Quelle: dpa