Psilocybin
DEPRESSIONEN - PSILOCYBIN ALS ALTERNATIVER THERAPIEANSATZ
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Zum Krankheitsbild einer Depression gehören Freudlosigkeit und Antriebslosigkeit des Betroffenen sowie eine sogenannte „negative kognitive Verzerrung“ – und die äußert sich durch Pessimismus, geringe geistige Flexibilität, starre Denkmuster und negative Fixierungen auf das eigene Ich und die Zukunft. Der Therapieansatz vieler Antidepressiva basiert darauf, die Wiederaufnahme des Neurotransmitters Serotonin zu hemmen und damit dafür zu sorgen, dass das „Glückshormon“ länger im Gehirn der Patienten verfügbar bleibt.
Doch manche Patienten sprechen auf die selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) kaum an. Ihre Depression gilt dann als behandlungsresistent. Um diesen Menschen zu helfen, hat ein Team um Richard Daws vom Imperial College London einmal etwas ganz Neues (zumindest auf medizinischem Gebiet) ausprobiert: das halluzinogen wirkende Pilzgift Psilocybin. In nicht-therapeutischen Kreisen wird das gar nicht so harmlose Toxin gern als Partydroge „Magic Mushroom“ genutzt. „Frühere Studien haben gezeigt, dass Psilocybin ein antidepressives Potential hat, aber wie es genau therapeutisch wirkt, ist bisher nicht ausreichend untersucht“, erklären die Autoren. Man habe daher zwei klinische Studien zu diesem Thema ausgewertet.
Psychedelikum führt zu Verbesserung depressiver Symptomatik
Diese Studien umfassen insgesamt 59 depressive Patienten, von denen vor, während und nach der kontrollierten Einnahme von Psilocybin Hirnscans aufgenommen wurden. Bei der ersten Studie erhielten alle teilnehmenden 16 Patienten das Pilzgift, bei der zweiten 22 Psilocybin und 21 Escitalopram – wobei weder Probanden noch Behandler wussten, wer welcher Gruppe zugeteilt war. Alle Probanden wurden psychotherapeutisch begleitet. Es kam heraus, dass das Psychedelikum im Vergleich zum SSRI Escitalopram zu einer größeren Verbesserung der depressiven Symptomatik führten. Um herauszufinden, wie, untersuchten die Forscher nun die Hirnscans.
„In beiden Studien korrelierte die antidepressive Reaktion aus Psilocybin mit einer stärkeren Vernetzung zwischen verschiedenen Hirnregionen“, berichten die Wissenschaftler. Das hatte es auch schon früher gegeben, die starke Hirnvernetzung während des „Magic Mushroom“-Gebrauchs. Doch hier kommt ein positiver Aspekt hinzu: „Wir sehen den Effekt noch Wochen nach der Behandlung, was auf eine Übertragung der akuten Drogenwirkung hindeutet“, sagt Daws Kollege Robin Carhart-Harris. Bei Escitalopram dagegen ließ sich keine Veränderung der Gehirnnetzwerke beobachten.
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Ist Psilocybin ein echter alternativer Behandlungsansatz?
„Offenbar wirkt Psilocybin anders als herkömmliche Antidepressiva“, sagt Daws Kollege David Nutt. „Es macht das Gehirn flexibler und weniger verhaftet in den negativen Denkmustern, die mit Depressionen einhergehen. Dies unterstützt unsere ersten Vorhersagen und bestätigt, dass Psilocybin ein echter alternativer Ansatz für die Behandlung von Depressionen sein könnte.“ Schon die Einnahme weniger Dosen könnte zu einer langfristigen Besserung führen – sofern die psychedelische Erfahrung von qualifizierten Therapeuten betreut und begleitet wird.
Denn das geben die Forscher mit auf den Weg: Patienten mit Depressionen sollten niemals versuchen, sich im Do-it-yourself-Verfahren mit „Magic Mushrooms“ zu behandeln. Dann nämlich habe die Einnahme ohne Sicherheitsvorkehrungen „vielleicht weniger positive Auswirkungen.“
Quelle: wissenschaft.de