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Tinnitus

LÄSTIGE TÖNE

Ein Tinnitus ist für circa drei Millionen Betroffene in Deutschland Realität, mit der sie sich abfinden müssen. Bei Senioren kann er auch ein Zeichen für eine beginnende Altersschwerhörigkeit sein.

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Tinnitus gehört zu den häufigsten beschriebenen Symptomen in einer HNO-Praxis. Die ständigen oder wiederkehrenden Ohrgeräusche werden von den Betroffenen in den Ohren oder im Kopf wahrgenommen, ohne dass eine erkennbare externe Schallquelle existiert. Die Geräusche äußern sich ganz individuell. Pfeifen, Klingeln, Piepsen, Rauschen, Brummen – alles ist möglich.

Bei manchen klingt der Ton ganz dezent und nur bei Stille. Bei anderen beeinträchtigt er massiv die Lebensqualität und ist mit einem hohen Leidensdruck verbunden. Vor allem ältere Menschen leiden häufig sehr darunter. Bei ihnen gesellen sich zu den unliebsamen Geräuschen oftmals noch Schwindelanfälle und Gleichgewichtsstörungen hinzu, die wiederum Stürze und Verletzungen nach sich ziehen können.

Das Gehirn hört mit Tinnitus geht in der Regel mit einer Schädigung der Haarzellen der Hörschnecke im Innenohr einher. Durch Irritation des Gehörs kommt es zu einer fehlgeleiteten Aktivität der Hörnerven, die Reize auslösen und als vermeintliche Geräusche im Gehirn wahrgenommen werden. Dort wird Tinnitus schließlich „gelernt“ und setzt sich fest. Er gleicht einem Phantomschmerz, weshalb man auch von einer akustischen Phantomempfindung spricht. Das Ohrgeräusch wird ohne vorhandenen akustischen Sinnesreiz im Gehirn selbst er- zeugt und im limbischen System negativ bewertet. Durch Konzentration auf das als unangenehm empfundene Geräusch verstärkt es sich immer mehr und verselbstständigt sich als Dauerton.

Vielfältige Ursachen Die Gründe für einen Tinnitus sind meist unklar, denn sie sind so vielfältig wie die Tinnitustöne. Sowohl otogene Ursachen als auch außerhalb des Ohres gelegene Auslöser und Verstärkungsfaktoren können vorliegen. Oftmals sind die Geräusche Folge eines Hörsturzes. Bei der Hälfte der Betroffenen wird Stress oder Lärm als Auslöser vermutet, auch Durchblutungsstörungen können ursächlich verantwortlich sein. Daneben kommen Herz-, Kreislauf- oder Stoffwechselerkrankungen, Probleme mit der Halswirbelsäule oder mit dem Kiefergelenk sowie ototoxische Medikamente (z. B. Aminoglykosid-Antibiotika, Chloroquin) als Ursachen in Frage.

Unterschätzte Schwerhörigkeit Bei älteren Tinnitus-Betroffenen kann auch ein Hörproblem zugrunde liegen. Natürlicherweise lassen die Leistungen der Sinneszellen im Innenohr ab dem 50. Lebensjahr allmählich nach. Nicht nur der Hörnerv altert, zusätzlich verschleißen die Haarzellen aufgrund der Summe aller im Leben erlittenen Lärmschäden. Eine physiologische Altersschwerhörigkeit ist die Folge, bei der das Gehirn versucht, fehlende Signale zu kompensieren. Dafür verstärkt es aufgenommene Geräusche, die als Tinnitus wahrgenommen werden und nicht mehr aufhören wollen. Viele Ältere ziehen sich daraufhin aus dem sozialen Leben zurück, statt der Hörminderung mit einem Hörgerät entgegenzutreten.

Rasch reagieren In jedem Alter gilt, bei akuten Ohrgeräuschen möglichst schnell zum Arzt zu gehen, damit der Tinnitus nicht zum ständigen Begleiter wird. Eine schnell einsetzende Therapie innerhalb von drei Tagen wirkt sich in der Regel günstig auf die Heilungsaussichten aus. Man geht davon aus, dass Tinnitus umso wahrscheinlicher persistiert, je länger der Dauerton ohne frühzeitige Diagnostik und Therapie wahrgenommen wird. In der Akutphase werden vor allem entzündungshemmende und durchblutungsfördernde Medikamente gegeben (z. B. Glucocorticoide i.v. und oral, isotonische Kochsalzlösung i.v.). Sie helfen, die defekte Membran im Ohr wieder zu stabilisieren und sollen eine Erholung der Haarzellen bewirken. Da zudem oftmals zu viel Stress unterschiedlichster Art einen Tinnitus mit auslöst, ist Ruhe für den Betroffenen Grundlage jeder Therapie.

Weghören und akzeptieren Dauert der Tinnitus länger als drei Monate, sind die Erfolgsaussichten auf dessen vollständige Beseitigung trotz medikamentöser Maßnahmen begrenzt. Ziel ist daher, tinnitusverstärkende Ursachen zu ermitteln und den Betroffenen langfristig an sein Ohrgeräusch zu gewöhnen. Der Tinnitusgeplagte soll lernen, mit dem Dauerton und dem damit verbundenen Stress besser umzugehen und ihn letztendlich anzunehmen. Im Idealfall gelingt es, die lästigen Geräusche aus dem Bewusstsein zu verdrängen.

Unterschiedliche Verfahren kommen bei der Tinnitusbewältigung zum Einsatz. Vor allem haben sich Methoden zur Entspannung sowie verhaltens- und hörtherapeutische Maßnahmen bewährt. Zu letzteren zählen Hörhilfen, Geräte zur vollständigen Tinnitus-Überdeckung (Tinnitus-Masker) sowie eine akustische Ablenkungsbehandlung mit Geräuschgeneratoren (Noiser), die den Ton teilweise maskieren (Retraining-Therapie).

Ginkgoextrakt Als begleitende Maßnahme ist zudem die Einnahme eines standardisierten Extrakts aus den Blättern des Ginkgo-Baums einen Versuch wert. Der Ginkgoextrakt erhöht die Fließfähigkeit des Blutes und verbessert so die Durchblutung, weshalb er bei akutem Tinnitus bereits innerhalb von zwei bis vier Wochen zu einer Verbesserung der Beschwerden beitragen kann. Empfohlen wird, den Extrakt mindestens zwölf Wochen einzunehmen, wobei (120 bis) 240 Milligramm als wirksame Tagesdosis gelten.

Selbst bei chronischem Tinnitus kann Ginkgo helfen, auch wenn es in diesem Stadium sehr schwer ist, die lästigen Geräusche wieder loszuwerden. Der Pflanzenextrakt macht das Gehirn anpassungs- und lernfähiger, weil er die Neuroplastizität fördert. Somit unterstützt Ginkgo das Gehirn dabei, den Tinnitus eher wieder zu verlernen, das heißt, den falsch erlernten Ton mit neuen, positiven Assoziationen zu überschreiben.

Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe Senioren von DIE PTA IN DER APOTHEKE ab Seite 22.

Gode Chlond, Apothekerin

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