Sechs Menschen prosten sich mit verschiedenen bunten Cocktails in unterschiedlichen Gläsern zu.© ViewApart /iStock/Getty Images Plus
Alkoholische Drinks genießen, ohne dem Körper zu schaden? Das könnte in Zukunft ein essbares Gel ermöglichen.

Laborversuch erfolgreich

REVOLUTION IN DER ALKOHOLENTGIFTUNG

Alkohol in seinen mannigfaltigen Zubereitungen schmeckt vielen Menschen gut – und manchen auch zu gut. Forschende der ETH Zürich haben nun einen Weg gefunden, die gesundheitsschädigenden Wirkungen des Stöffchens zu minimieren, und zwar auf eine ganz einfache Weise.

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Die Wissenschaftler waren so begeistert von ihrer Entdeckung, dass sie sie sogleich zum Patent angemeldet haben: Es handelt sich um ein Protein-Gel, das Alkohol im Magen-Darm-Trakt abbaut, ohne dem Körper dabei zu schaden. Dabei bedient es sich einer einfachen chemische Reaktion.

Die Zubereitung wandelt Alkohol schnell, effizient und direkt in harmlose Essigsäure um – ohne den Zwischenschritt Acetaldehyd. Das ist ja nicht nur für die Kopfschmerzen danach, sondern auch für bleibende Organschäden verantwortlich ist.

Gel baut Alkohol ab, bevor er schadet

Das Gel könne daher in Zukunft vor oder während des Alkoholkonsums oral eingenommen werden, sagt Raffaele Mezzenga, Professor für Lebensmittel und weiche Materialien an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Dann verhindert es, dass der Blutalkoholspiegel steigt und das Acetaldehyd sein Werk beginnt. Mezzenga sieht darin einen klaren Vorteil: „Im Unterschied zu vielen am Markt erhältlichen Produkten bekämpft das Gel also nicht nur die Symptome des schädlichen Alkoholkonsums, sondern auch seine Ursachen.“

„Im Unterschied zu vielen am Markt erhältlichen Produkten bekämpft das Gel also nicht nur die Symptome des schädlichen Alkoholkonsums, sondern auch seine Ursachen.“

Das Gel ist aber nur wirksam, solange sich noch Alkohol im Magen-Darm-Trakt befindet. Ist er bereits im Blut, ist nichts mehr zu machen – deswegen kann das Gel auch nicht bei Alkoholvergiftungen eingesetzt werden.

Molke, Eisen, Zucker, Gold

Für die Herstellung des Gels verwendeten die Forschenden gewöhnliche Molke-Proteine. Diese wurden mehrere Stunden gekocht, sodass sich daraus lange dünne Fasern bildeten. Fügt man anschließend Salz und Wasser als Lösungsmittel hinzu, vernetzen sich diese zu einem Gel. Der Vorteil gegenüber anderen Darreichungsformen: Es wird sehr langsam verdaut.

Zusätzlich verbauten die Wissenschaftler noch Eisenmoleküle – die reagieren mit dem Alkohol und erzeugen Essigsäure – plus etwas Glucose und Goldstaub als Katalysator, was der enzymatischen Kaskade den nötigen, zuverlässigen Schub gibt.

Alkoholisierte Mäuse waren deutlich fitter

Und dann mussten die Versuchsmäuse ran: Eine Gruppe bekam einmalig Alkohol, die andere zehn Tage lang regelmäßig. Schon dreißig Minuten nach der einmaligen Alkoholgabe senkte die prophylaktische Anwendung des Gels den Alkoholspiegel der Mäuse um 40 Prozent. Fünf Stunden nach Alkoholaufnahme war ihr Blutalkoholspiegel sogar um 56 Prozent gesunken. Dabei sammelte sich bei diesen Mäusen das schädliche Acetaldehyd weniger an. Die Stressreaktionen der Leber wurden deutlich gemildert, was sich in besseren Blutwerten widerspiegelte.

Nun zu den Langzeit-alkoholischen Mäusen: Bei diesen offenbarte sich zusätzlich noch eine andere, anhaltende und therapeutische Wirkung des Gels. Sie zeigten nämlich einen deutlich geringeren Gewichtsverlust, weniger Leberschäden (und damit einen besseren Fettstoffwechsel in der Leber) sowie bessere Blutwerte. Auch andere Organe wie Milz oder Darm sowie das Gewebe der Mäuse wiesen deutlich weniger Alkohol-bedingte Schäden auf.

Klinische Studien folgen

Die Forschenden haben, wie gesagt, bereits ein Patent für das Gel beantragt. Bis es für Menschen zugelassen wird, sind aber natürlich noch weitere klinische Tests nötig. Da die Forschenden jedoch bereits belegt haben, dass Molkenproteinfasern – aus denen das Gel besteht – essbar sind, sind sie zuversichtlich, dass auch dieser Schritt gelingen wird.

Quelle: ETH Zürich

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