Junge Frau mit einer lila Sonnenbrille, lila Übergangsjacke und lila Lippenstift, die hinter einem Bündel lila Luftballons hervorblickt. © LightFieldStudios / iStock / Getty Images Plus
Herpes tritt meist dann auf, wenn wir ihn nicht gebrauchen können. Wie sich Herpes-Viren einnisten und wie wir sie schnell wieder loswerden.

Küssen verboten

DIE BÖSEN HERPES-BLÄSCHEN

Es kribbelt, es juckt und bald bilden sich erste Bläschen. Jeder kennt sie, keiner mag sie: Herpes-simplex-Viren sind weltweit verbreitet, der Mensch ist für sie der einzig natürliche Wirt. Allein in Deutschland sind rund 92 Prozent der Bevölkerung mit dem persistierenden Virus infiziert.

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Der griechische Heiler Hippokrates von Kos, der um 400 vor Christus lebte, beschrieb sie als erster: die Symptome einer sich ausbreitenden „Bläschenkrankheit“. Folgerichtig führten die Hellenen die Herpes-Bläschen auf das Wort herpein zurück, das Kriechen bedeutet und die Verbreitung der Hautläsionen rund um den Mund meint. Die Krankheit verbreitete sich rasch, sodass der römische Kaiser Tiberius (14 bis 37 n. Chr.) das Küssen bei öffentlichen Zeremonien verbot, da man ganz richtig beobachtet hatte, dass sich die kleinen Herpes-Bläschen an den Lippen per Ansteckung vervielfältigten.

Der französische Arzt Jean Astruc erkannte dann den Herpes genitalis als eigene Krankheit, die nicht, wie vorher angenommen, eine Variante der Gonorrhoe oder der Syphilis darstellte. 1913 führte Wilhelm Gürtler den ersten Nachweis von Herpes corneae durch, unter dem Elektronenmikroskop sichtbar wurde das mit 140 bis 180 Nanometern relativ große Virus erst 1950. Und erst zehn Jahre später erkannte man, dass die Herpes-simplex-Infektion durch zwei verschiedene Virusspezies verursacht werden.

Wie sich das Herpes-Virus einnistet

Das Humane Herpes-Virus 1 und 2 (HHV-1/2), auch HSV-1 und HSV-2 genannt, gehört zur Gattung Simplexvirus der Familie Herpesviridae. In einem ikosaedrischen (aus 20 gleichseitigen Dreiecken bestehenden) Kapsid befindet sich die lineare, doppelsträngige DNA als Genom. Die Kapsel selbst ist von einer Virushülle umgeben, die sich gegenüber Seifen, Detergenzien und milden Desinfektionsmitteln empfindlich zeigt. Doch das Herpes-Virus ist ausgesprochen leicht übertragbar, zum Beispiel durch Speichelkontakt oder Schmierinfektion, sodass es bereits im Säuglingsalter durch normalen familiären Kontakt überspringt. Diese Erstinfektion kann bei Kindern ganz unspezifisch mit einem allgemeinen Krankheitsgefühl, Fieber und Kopfschmerzen einhergehen. Eine typische Erstmanifestation ist auch die Mundfäule (Stomatitis herpetica), eine Entzündung der Mundschleimhaut.

Und so besitzen um die 90 Prozent der Erwachsenen Antikörper von HSV-1 (Herpes labialis), der am weitesten verbreiteten Herpes-Art. Weltweit sind es etwa vier Milliarden Menschen, die dieses Virus in sich tragen.

HSV-2 (vornehmlich Herpes genitalis) kommt hingegen nur bei circa 17 Prozent der 55- bis 64-Jährigen vor: Meist findet die Primärinfektion im frühen Erwachsenenalter statt und verläuft in den meisten Fällen asymptomatisch. HSV-2 korreliert mit der sexuellen Aktivität. Einmal infiziert, verbleibt das Virus lebenslang im Körper seines Wirtes (Latenz), was als persistierende Infektion bezeichnet wird. Die Herpes-Viren halten sich dabei in den Nervenendigungen auf. Die meisten Menschen haben entweder keine oder nur leichte Symptome und wissen daher gar nicht, dass sie infiziert sind. Bricht der Herpes jedoch aus, kann es zu schmerzhaften Ausschlägen und Bläschen-Bildung im Genitalbereich kommen.

Eine große Herpes-Familie: die Viren-Typen

Doch Herpes-Viren haben noch viel mehr zu bieten: Neben Typ 1 und 2 gehören auch das Varizella-Zoster-Virus dazu, das Epstein-Barr-Virus, das Cytomegalievirus, das Humane Herpes-Virus 6A, 6B und 7 sowie das Karposi Sarkom-assoziierte Herpes-Virus. Zu den durch das Herpes-Virus ausgelösten Krankheiten zählt man neben Lippen- und Genitalherpes also auch Windpocken, Gürtelrose, das Pfeiffersche Drüsenfieber und verschiedene Krebserkrankungen.

Mittlerweile lassen sich zwar die Symptome recht gut behandeln – aber gegen das Herpes-Virus an sich ist man machtlos. Einzig vor dem Varizella-Zoster-Virus (Windpocken und Gürtelrose) kann man sich durch Impfung schützen. Denn Herpes-Viren begleiten den Menschen seit Millionen von Jahren und haben sich bestens an ihren Wirtskörper angepasst. So kommt es, dass beinahe jeder erwachsene Mensch eines oder mehrere der neun Herpes-Variationen in sich trägt.

Nach der Erstinfektion geht das Virus in eine Art Wartestand (Latenz). In dieser Phase werden keine neuen Viruspartikel produziert, und das Herpes-Virus wird schlecht oder gar nicht vom Immunsystem erkannt. Erst bei Reaktivierung – beispielsweise durch ein geschwächtes Immunsystem – vermehrt sich das Virus wieder und entsprechende Krankheitssymptome können auftreten. Zu den Faktoren, die ein Immunsystem schwächen können, gehören beispielsweise negative Emotionen, starke körperliche Belastung, Stress oder verstärkte Sonneneinstrahlung. Besonders anfällig sind Menschen, die unter einer Immunschwächekrankheit wie AIDS leiden oder Transplantationspatienten, deren Immunsystem medikamentös unterdrückt wird.

Herpes simplex

HSV-1 ist hauptsächlich für den bläschen-artigen Ausschlag im Lippenbereich verantwortlich. Dabei dringen die Herpes-Viren über die Schleimhautzellen des Mund-Rachen-Raumes ein, und hier bevorzugt am Übergang von Schleimhaut zu normaler Haut, wie dem Lippenrand. Dort befinden sich besonders viele sensorische Nervenenden und die Epithelzellen liegen quasi offen.

Sie kapern ihre Wirtszellen, die daraufhin ausschließlich Viren-DNA produzieren, und setzen neue Virionen, also Viruspartikel, in benachbarten Zellen frei. Durch die Zerstörung der Epithelzellen wird die bekannte Entzündungsreaktion ausgelöst. Die entstandenen Haut-Bläschen enthalten ein Exsudat, in dem sich Herpes-simplex-Viren in hoher Konzentration anreichern. Wie auf einer Straße schwimmen die Virionen anschließend in der Zwischenzellflüssigkeit zu den Nervenenden sensibler Neurone, wo sie verbleiben. Sie schaffen dabei etwa 0,7 Nanometer pro Sekunde.

Da die Herpesinfektion an der Lippe auch von fiebrigen Infektionskrankheiten begleitet werden kann, nennt man diese Erscheinung auch Fieber-Bläschen (Herpes febrilis). HSV-1 kann auch an anderen Hautarealen auftreten: an der Nase (Herpes nasalis), der Wange (Herpes buccalis, Herpes facialis), dem Augenlid oder anderen Körperstellen (Herpes corporis). Herpes am Auge kann unbehandelt zu schwerwiegenden Komplikationen führen.

Herpes genitalis

Die Viren-Variante HSV-2 ist die häufigste Ursache für Genitalherpes und wird vorwiegend auf sexuellem Wege übertragen. Die gute Nachricht: 90 von 100 Menschen, die sich angesteckt haben, bekommen keine oder nur sehr unauffällige Symptome. Die schlechte: Wenn es zu Beschwerden kommt, können diese heftig sein.

Im Genitalbereich entsteht ein schmerzhafter Bläschen-Ausschlag, oft einhergehend mit Krankheitsgefühl, Fieber und geschwollenen Lymphknoten in der Leiste. Bei Männern sind typischerweise Penis, Vorhaut und Hodensack betroffen, bei Frauen Schamlippen, Scheide und Gebärmutterhals. Die Symptome klingen meist nach ein bis zwei Wochen ab und es gibt lindernde Behandlungsmöglichkeiten.

Jedoch: Wer einmal einen Genitalherpes bekommen hat, hat in der Regel immer wieder damit zu tun. Aber die Ausbrüche werden mit der Zeit schwächer und seltener.

Varizella Zoster

Der Herpes-Virus-Abkömmling Varizella Zoster (VZV) ist für gleich zwei Erkrankungen verantwortlich: Windpocken (Varizellen) und Gürtelrose (Herpes zoster). Das VZV verursacht bei Erstkontakt, der meist im Kindesalter stattfindet, die Windpocken. Die Krankheit manifestiert sich oft durch juckende Exantheme und Fieber. Durch das Aufkratzen können lebenslange Narben entstehen.

Windpocken können bei Neugeborenen, Schwangeren oder Menschen mit geschwächtem Immunsystem zu schweren Krankheitsverläufen führen und Pneumonie oder bakterielle Sekundärinfektionen im Gepäck haben. Diese Infektionen werden durch die Bakterien Streptococcus pyogenes oder Staphylococcus aureus verursacht und können Sepsis, Hautinfektionen oder Rachenentzündungen zur Folge haben.

Seltener sind Erkrankungen des zentralen Nervensystems, die jedoch tödlich verlaufen können. Gefährlich sind die Windpocken vor allem für Schwangere. Infiziert sich eine schwangere Frau während des ersten oder zweiten Trimesters mit VZV, kann es zur Infektion des Fetus im Mutterleib kommen, die zur Fehlgeburt oder schwersten Schädigungen des Kindes führen kann. Aus diesen Gründen empfiehlt die Ständige Impfkommission des RKI (STIKO) seit 2009 die Varizellenimpfung von Kindern, Jugendlichen, ungeimpften Frauen im gebärfähigen Alter sowie solchen mit unklarem Impfstatus. Nach Abklingen der Windpocken verbleibt das VZV ein Leben lang an den Nervenzellen und kann zu einem späteren Zeitpunkt die Gürtelrose auslösen.

Gürtelrose

Jedes Jahr erkranken allein in Deutschland 400000 Menschen an Gürtelrose. Typischerweise macht sich ein Ausbruch der Krankheit zunächst durch einen brennenden Nervenschmerz bemerkbar, gefolgt von einem bläschen-artigen Ausschlag, der häufig an Brustkorb und Rumpf, aber auch am Kopf, an den Beinen oder an den Armen in Erscheinung treten kann. Nach Abheilen des Hautausschlages bleibt vor allem der Nervenschmerz erhalten. Diese sogenannte postherpetische Neuralgie, auch Post-Zoster genannt, kann innerhalb der betroffenen Körperregion noch sehr lange anhalten – im schlimmsten Fall einige Jahre.

Menschen ab 50 Jahren können sich mit dem Herpes-Zoster-Impfstoff impfen lassen, den es seit 2013 in Deutschland gibt. Das schützt zwar nicht vollständig vor einer Gürtelrose, doch nimmt die Krankheit dann einen deutlich leichteren Verlauf und ist mit einem geringeren Nervenschmerz verbunden, der sich auch seltener chronifiziert.

Während der erste Herpes-Zoster-Impfstoff ein Lebendimpfstoff war, der für Menschen mit geschwächtem Immunsystem nicht geeignet war, ist mittlerweile auch ein Totimpfstoff verfügbar. Dieser wird seit Dezember 2018 allen Personen ab 60 Jahren (Risikogruppen bereits ab 50 Jahren) von der STIKO empfohlen und von den gesetzlichen Kassen übernommen.

Zytomegalie

Das Humane Cytomegalie-Virus (CMV), ebenfalls ein Herpes-Abkömmling, ist für gesunde Erwachsene in der Regel harmlos. Eine Infektion wird kaum bemerkt. Großen Schaden kann es allerdings anrichten, wenn sich eine Frau während der Schwangerschaft erstmalig infiziert: In 40 Prozent der Fälle wird das Virus auf das ungeborene Kind übertragen. Im ersten und zweiten Trimester kann das zu Fehlbildungen des Fetus führen, die häufigsten sind Hörschäden oder einer Schädelfehlbildung (Mikrozephalie).

Auch bei Organtransplantationen kann CMV schwerwiegende Folgen haben, etwa wenn ein CMV-negativer Patient das Organ eines CMV-positiven Spenders bekommt. Da das Immunsystem des Empfängers durch Immunsuppressiva geschwächt ist, beeinträchtigt dies den Aufbau einer CMV-spezifischen Abwehr. Gleiches gilt für Knochenmarktransplantationen. Eine Zytomegalie-Infektion kann Schädigungen an Lunge, Leber oder Augen verursachen.

Schwere Verläufe

Selten gibt es auch schwere Verläufe nach einer HSV-Infektion. Dazu gehört die generalisierte HSV-Sepsis. Hier gelangen die Viren in die Blutbahn und vermehren sich dort übermäßig, sodass eine Sepsis (Blutvergiftung) entsteht. Generalisierte Formen treten allerdings meist nur bei Risikopatienten mit stark geschwächtem Immunsystem auf, etwa nach Chemotherapien oder Organtransplantationen.

So auch die Herpes-simplex-Enzephalitis. Dabei gelangen die Viren über die Riechschleimhaut und den Riechnerv zunächst ins Frontalhirn, von wo aus sie sich weiterverbreiten. Die Erkrankung beginnt mit grippeähnlichen Symptomen, es folgen hohes Fieber, extreme Schwäche, Sprach- und Gedächtnisstörungen sowie Bewusstseinstrübungen. Bereits bei Verdacht auf eine Enzephalitis wird der Arzneistoff Aciclovir verabreicht und zusätzlich ein Breitband-Antibiotikum zur Prophylaxe von bakteriellen Sekundärinfektionen, denn unbehandelt versterben vier von fünf Patienten.

Herpes neonatorum wird meist während des Geburtsvorganges von an Genitalherpes erkrankten Frauen auf das Kind übertragen. Es kann aber auch durch Hautkontakt mit an Herpes labialis infizierten Familienangehören postnatal erfolgen. Da bei Neugeborenen noch kein vollständiges Immunsystem vorhanden ist, kann diese Infektion tödlich enden. Sie kann auch das Zentralnervensystem des Kindes beeinträchtigen und für lebenslange Behinderungen sorgen. Der Nachweis von HSV-1 im Geburtskanal ist immer eine Indikation für einen Kaiserschnitt.

Dreitagefieber und Eppstein-Barr

Eng mit CMV verwandt sind HHV-6 und HHV-7. 85 Prozent aller Erwachsenen tragen diesen Virenstamm in sich. HHV-6B, aber auch HHV-7 sind Hauptverursacher einer sehr häufigen Kinderkrankheit, des sogenannten Dreitagefiebers (Roseola infantum oder Exanthema subitum).

Das Herpes-Virus Eppstein-Barr (EBV) ist der Auslöser des Pfeifferschen Drüsenfiebers, auch bekannt als infektiöse Mononukleose. Erfolgt die Infektion mit EBV in früher Kindheit, verläuft sie meist mit milden Symptomen. Tritt die Erstinfektion jedoch im Erwachsenenalter auf, sind neben wochenlangem Fieber und Müdigkeit auch Kopf- und Halsschmerzen sowie geschwollene Lymphknoten und eine Vergrößerung der Milz zu erwarten.

EBV kann zu einer Entzündung des zentralen Nervensystems führen und bösartige Krebsarten wie das Hodgkin-Lymphom auslösen. Krebstumore kann auch das Karposi-assoziierte Herpes-Virus (KSHV) verursachen. Letzteres tritt besonders in einigen Regionen Afrikas auf, wo mehr als 40 Prozent der Menschen mit KSHV infiziert sein können. Es ist außerdem der häufigste Tumor bei AIDS-Patienten.

Behandlung durch Nukleosid-Analogika

Bei einer ausgebrochenen Herpes-Erkrankung können nur die Symptome behandelt werden, denn das Virus selbst zieht sich immer wieder an die Nervenzellendigungen zurück. Platzhirsch bei HSV-1 und HSV-2 ist hier das Virustatikum Aciclovir aus der Gruppe der Nukleosid-Analoga. Es lindert das Brennen und Jucken und mindert die Virusvermehrung, indem es in die Replikation der Viren-DNA eingreift.

Der DNA-Strang baut statt Guanin das phosphorylierte Aciclovir ein, was zum Abbruch der viralen DNA-Synthese führt. Aciclovir oder das nah verwandte Penciclovir gibt es als fünfprozentige rezeptfreie Salbe in der Apotheke (für Lippenherpes) sowie als rezeptpflichtige, höher dosierte Tabletten, beispielsweise für Genitalherpes. Im Krankenhaus können auch Infusionen mit Aciclovir verabreicht werden.

Der rezeptpflichtige Abkömmling Famciclovir ist ein Prodrug, das im Körper zu Penciclovir metabolisiert wird, und oral gegen Herpes zoster und sowohl erstmalig auftretendem als auch rezidivierendem Herpes genitalis eingesetzt wird. Ebenso Valaciclovir: Es wird auch gegen Gürtelrose und Zytomegalie eingesetzt.

Tausendsassa Aciclovir
Bis 1983 mussten Herpes-Patienten leiden – dann kam der Wirkstoff Aciclovir. Das Virustatikum wurde bereits 1974 von den beiden Wissenschaftlern George H. Hitchings und Gertrude B. Elion entwickelt. 1983 wurde die erste Lippencreme mit fünf Prozent Aciclovir in Deutschland zugelassen. Aciclovir wirkt erst, wenn es in den infizierten Zellen angekommen ist – dann wird es zum aktiven Wirkstoff Aciclovirtriphosphat metabolisiert. Dieser hemmt das Enzym, das die Verbindung der DNA organisiert, die Polymerase. Somit können die Viren keine DNA mehr aufbauen. Oder genau genommen doch – nur dass nun der Wirkstoff in die Aminosäurenkette eingebaut wird und nicht die Nukleinsäure Guanin.
Dass Aciclovir das so ohne weiteres schafft, liegt daran, dass es ein Derivat von Guanin ist. Die Replikation der Viren-DNA geht also schief, es erfolgt ein Kettenabbruch und das Virus kann sich nicht weiter vermehren. Hitchings und Elion, die Entdecker, erhielten übrigens 1988 den Nobelpreis für Medizin und Physiologie „in Anerkennung für ihre Entdeckungen zu wichtigen biochemischen Prinzipien der Arzneimitteltherapie“. Aciclovir gibt es nicht nur als Lippencreme, es kann auch oral und intravenös verabreicht werden.

Weitere Therapien bei Herpes

Die symptomatische Therapie des Herpes simplex setzt auf die Verhinderung der Bläschen-Bildung und darauf, das Wundsekret einzutrocknen oder am Ort zu halten.  Lippensalben mit dem Mikroalgen-Aktivstoff Spiralin, Heparin und Zinksulfat, speziellen Fettsäurekomplexen oder hoch dosierter Melisse gehen diesen Weg. Für Melissen-Extrakt ist eine antivirale Wirkung nachgewiesen. Sinnvoll ist ein hoher Lichtschutzfaktor, der meist in diesen Lippencremes enthalten ist.

Nahrungsergänzungsmittel setzen auf die erhöhte Bedarfsdeckung bei einer Herpeserkrankung und kombinieren Lysin, Zink, Selen und Vitamine miteinander. Alternativ gibt es Hydrokolloid-Pflaster, die sogenannten Herpes-Patches. Sie enthalten zwar keine antiviralen Wirkstoffe, schaffen aber ein feuchtes Wundheilungsmilieu, wodurch die Herpes-Bläschen leichter abheilen können. Außerdem halten sie das Exsudat an Ort und Stelle. Ein weiterer Vorteil: Man kann die manchmal als entstellend empfundenen Herpes-Bläschen mitten im Gesicht mithilfe der Patches überschminken.

Von Hausmitteln ist wegen der nicht belegten Wirksamkeit anzuraten. Gelegentlich wird auch Teebaumöl empfohlen. Hier ist außer dem fehlenden Wirksamkeitsnachweis auch an das hohe Allergiepotenzial zu denken. Ganz abzuraten ist vom Aufstechen der Herpes-Bläschen. Das Aufstechen erhöht das Risiko, zusätzlich an einer bakteriellen Infektion des Gebietes zu erkranken – und das möchte keiner. Man sollte sich zudem immer vor Augen halten, dass im Exsudat eines frischen Herpes labialis pro Milliliter etwa eine Milliarde höchst virulente Herpes-Viren schwimmen.

Doch es gibt auch gute Nachrichten: Auch Herpes-Viren altern und verlieren an Vitalität. Um das 50. Lebensjahr ihres Wirtskörpers beginnen die HSV-Viren zu schwächeln. Sie erweisen sich zunehmend als weniger virulent, sodass man mit Fug und Recht sagen kann: Die Herpes-Viren gehen mit der Zeit von ganz allein in Rente.

Weitere Herpes-Variationen
Selbst Tiere können an Infektionen mit Herpes-Viren erkranken. Das canine Herpes-Virus verursacht bei Hunden Zwingerhusten und Fruchtbarkeitsstörungen, das feline Herpes-Virus findet sich im Katzenschnupfen-Komplex, bei Schweinen im Aujetzky-Virus. Auch Pferde und Kühe können an Herpes erkranken.
Eine Sonderform einer Herpes-Infektion beim Menschen liegt bei Herpes gladiatorum vor: Hier passiert die Infektion durch stumpfe Gewalteinwirkung, wie sie bei speziellen Sportarten passiert. Zuerst beobachtet wurde das bei jugendlichen Ringern; auch bei Rugby-Spielern tritt ähnliches auf.

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