Krebsvorsorge
FRÜHERKENNUNGSPROGRAMME UND IHRE WICHTIGKEIT
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Brustkrebs (Mammakarzinom) ist die häufigste Krebserkrankung der Frau: Eine von acht Frauen erhält im Laufe ihres Lebens diese Diagnose. Im Jahr 2019 erkrankten in Deutschland 71 375 Frauen neu an Brustkrebs, 18 519 starben daran. Im selben Zeitraum kamen auf 4575 Neuerkrankungen an Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) 1597 Todesfälle.
Ein Früherkennungsprogramm für das Zervixkarzinom existiert bereits seit Anfang der 1970er Jahre, das Mammografie-Screening zur Früherkennung von Brustkrebs startete Mitte der 2000er Jahre. Die Rationale hinter allen Früherkennungsmaßnahmen: Je früher man den Krebs erkennt, desto schonender sind die Behandlungsmethoden und desto höher die Heilungschancen.
Das Mammografie-Screening-Programm
Im Alter zwischen 50 und 69 Jahren haben Frauen Anspruch auf eine Mammografie alle zwei Jahre zusätzlich zur jährlichen Tastuntersuchung durch den Arzt. Im Alter zwischen 30 und 49 Jahren sowie ab 70 Jahren bestehen die Brustkrebsfrüherkennungsuntersuchungen nur aus den Tastuntersuchungen durch den Arzt. Bei erblicher Vorbelastung können Frauen an einer intensivierten Früherkennung teilnehmen. Das Mammografie-Screening wird in speziellen Zentren von geschulten Fachkräften an kontrollierten digitalen Geräten durchgeführt. Alle Röntgenbilder werden von zwei Fachärzten ausgewertet.
Bei durchschnittlich 970 von 1000 Frauen waren zuletzt keine Auffälligkeiten in der Mammografie zu erkennen. Bei 30 von 1000 Frauen war der Befund auffällig, sodass sie eine weitere Untersuchung mittels Ultraschall erhielten. Bei 12 von 1000 Frauen wurde minimalinvasiv Gewebe entnommen und im Labor untersucht. 6 von 1000 Frauen erhielten die Diagnose Brustkrebs. Im Jahr 2018 nahmen insgesamt knapp 2,8 Millionen Frauen teil.
Wie bei allen Früherkennungsprogrammen müssen Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen werden: Klar ist, dass die Tumoren, die durch das Mammografie Screening gefunden werden, kleiner sind und sich in einem früheren Stadium befinden. Studien aus anderen Ländern zufolge können von 1000 Frauen, die 20 Jahre am Screening teilnahmen, zwischen zwei und sechs Frauen vor dem Tod durch Brustkrebs bewahrt werden. Für eine eigene Auswertung läuft das Programm in Deutschland noch nicht lange genug.
Allerdings erhalten durchschnittlich 24 von 1000 Frauen zunächst einen falsch-positiven Befund und müssen weitere Untersuchungen durchführen lassen, die ihrerseits mit (geringen) Komplikationsrisiken einhergehen (z.B. Infektion nach einer Biopsie), bis schließlich feststeht, dass sie doch gesund sind. Darüber hinaus besteht das Risiko einer Überdiagnose, das heißt, eine auffällige Veränderung wird korrekt als Krebs diagnostiziert und behandelt, hätte zu Lebzeiten der Frau jedoch sowieso keine Probleme bereitet, zum Beispiel, weil er extrem langsam wächst – die Sorgen, Behandlungen und Nebenwirkungen waren also umsonst.
Schätzungen gehen davon aus, dass fünf bis sieben von 1000 Frauen, die zehn Jahre lang am Screening teilnehmen, eine Überdiagnose erhalten. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) kommt nach der Analyse von Daten für Frauen im Alter zwischen 45 und 49 Jahren zu dem noch vorläufigen Schluss, dass auch für diese Altersgruppe der Überlebensvorteil die Risiken überwiegt. Für Frauen ab 70 lagen nicht genügend Daten vor.
Gebärmutterhalskrebs
Beim Zervixkarzinom unterscheidet man einerseits zwischen in-situ-Karzinomen, die noch nicht in das umliegende Gewebe eingedrungen sind und die meist bei jüngeren Frauen um die 35 Jahre gefunden werden, und andererseits invasiven Karzinomen, die bereits in ihre Umgebung eingewachsen sind und auch schon gestreut haben können. Sie werden meist bei Frauen um die 55 Jahre entdeckt. Hauptursache des Zervixkarzinoms ist eine Infektion mit bestimmten humanen Papillomaviren (HPV).
Dagegen gibt es heute eine Impfung, die zwar vor vielen, aber nicht vor allen pathogenen Virustypen schützt. Früherkennungsuntersuchungen bleiben daher unverzichtbar. Bei jungen Frauen zwischen 20 und 34 wird für die jährlichen Vorsorgeuntersuchungen der Pap-Test genutzt, der bereits in den 1920er Jahren von dem griechischen Arzt Papanicolaou entwickelt wurde. Dafür nimmt der Frauenarzt einen Abstrich vom Gebärmutterhals und streicht die Zellen auf einen Objektträger aus. Unter dem Mikroskop lässt sich sodann beurteilen, ob die Zellen normal aussehen oder ob es Veränderungen oder sogar Hinweise auf eine Krebsvorstufe oder eine Krebserkrankung gibt.
Die Befunde reichen von Pap I (keine Veränderungen) bis Pap V (Krebsdiagnose sehr wahrscheinlich). Bei Auffälligkeiten schließt sich im nächsten Schritt eine Scheidenspiegelung (Kolposkopie) an, bei der bei Bedarf auch eine Biopsie entnommen wird. Anhand der histologischen Untersuchung lassen sich Veränderungen genau beurteilen. Je nach Ergebnis kann bei frühen Vorstufen, zum Beispiel CIN (zervikale intraepitheliale Neoplasie))-1, zunächst abgewartet und weiter beobachtet werden, da sich diese bei vielen (insbesondere jüngeren) Frauen von selbst zurückbilden.
Bei weiter fortgeschrittenen Veränderungen wird dagegen eine Behandlung erforderlich. Seit 2020 haben auch Frauen ab 35 einen Anspruch auf eine Gebärmutterhalskrebsfrüherkennung. Bei ihnen wird alle drei Jahre ein Pap-Abstrich gemacht und mit einem HPV-Test kombiniert. Zusätzlich zu diesen Tests haben alle Frauen Anspruch auf eine jährliche gynäkologische Untersuchung beim Frauenarzt.
In jedem Alter gilt: Je regelmäßiger die Teilnahme, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Krebs beziehungsweise die Vorstufe frühzeitig erkannt werden. Denn ein wichtiger Nutzen dieses Früherkennungsprogramms besteht vor allem darin, dass auch Krebsvorstufen erkannt und behandelt werden können, bevor Krebs entsteht.
Da das Gebärmutterhalsfrüherkennungsprogramm bereits so lange existiert, ist der Nutzen eindeutig: Heute sterben weniger als halb so viele Frauen an Gebärmutterhalskrebs wie noch vor 40 Jahren. Auch ist in Ländern mit Früherkennungsprogrammen die Sterblichkeit niedriger als in Ländern ohne solche Programme.
Delle während der Pandemie
Wie eine aktuelle Auswertung der AOK ergab, wurden Screening-Programme im ersten Jahr der Pandemie um rund 20 Prozent weniger genutzt als in den Jahren davor. Es zeigte sich, dass insbesondere ältere Menschen seltener teilnahmen und dass bei Frauen insbesondere das Mammografie-Screening-Programm betroffen war. Einen Aufholeffekt hat es seitdem nicht gegeben.
Eingedampft
+ Brustkrebs ist mit Abstand die häufigste Krebsart und auch krebsbedingte Todesursache bei der Frau. Es zeigt sich ein Überlebensvorteil durch das Mammografie-Screening-Programm, das allerdings auch Nachteile, wie falsch positive Ergebnisse und sogenannte Überdiagnosen, hat.
+ Die Wirksamkeit des Früherkennungsprogramms bei Gebärmutterhalskrebs ist eindeutig belegt.