Geschmackspräferenzen
GESCHMÄCKER SIND VERSCHIEDEN, BEREITS IM MUTTERLEIB
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Heute hätte ich mal Lust auf Rosenkohl und Morgen auf Pfannkuchen mit Blaubeeren. Der Essensplan sieht bei Schwangeren sehr unterschiedlich aus. Während die einen eher bei den Klassikern bleiben, entwickeln manche außergewöhnliche Vorlieben – wie beispielsweise Essiggurke mit Senf. Aber was sagen eigentlich die ungeborenen Babys zu den Essensvorlieben ihrer Mütter und zeigen sie es auch?
Es ist bekannt, dass Ungeborene bereits im Mutterleib einiges aus ihrer Außenwelt mitbekommen. So nehmen sie beispielsweise Geräusche oder Lichtreize durch die Bauchdecke wahr und ertasten ihre Umgebung. Auch in Sachen Geschmackspräferenzen sind die Föten aktiv. Durch im Fruchtwasser gelöste Aromastoffe naschen die Ungeborenen indirekt die Nahrung ihrer Mama. In früheren Untersuchungen konnte bereits gezeigt werden, dass Föten mehr Fruchtwasser aufnehmen, wenn es mit einer sterilen Zuckerlösung versetzt wurde. Die Schluckrate sank hingegen, wenn das Fruchtwasser bitter gemacht wurde.
Klare Präferenzen bereits im Mutterleib
Professor Dr. Beyza Üstün und ihr Team von der Durham University in England haben nun erstmals mittels eines 4D-Ultraschall-Scans die Reaktion von Föten auf die unterschiedlichen Aromen aus der mütterlichen Nahrung eingefangen. Insgesamt 97 Schwangere nahmen in der 32. Schwangerschaftswoche entweder eine Kapsel mit Karottenpulver oder eine Kapsel mit Grünkohlpulver zu sich. 20 Minuten später beobachteten die Forscher dann im 4D-Ultraschall den Gesichtsausdruck der Föten. Rund vier Wochen darauf, in der 36. Schwangerschaftswoche, wiederholte Üstüns Team die Untersuchung noch einmal bei 81 der Probandinnen.
„Föten, die dem Karottengeschmack ausgesetzt waren, zeigten häufiger ein Lachgesicht, während Föten, die dem Grünkohlgeschmack ausgesetzt waren, häufiger ein Weingesicht zeigten“, so die Forscher. In einer Kontrollgruppe waren 30 Ungeborene innerhalb des Untersuchungszeitraums keinem Aroma ausgesetzt. Hierbei konnten die Forscher sowohl in der 32., als auch in der 36. Schwangerschaftswoche einen ähnlichen Gesichtsausdruck bei den Föten feststellen.
Lediglich die Reaktion auf den Grünkohl bei den älteren Ungeborenen war einem eher unzufriedenen Gesicht deutlicher. Üstün erklärt hierzu: „Es war wirklich erstaunlich, die Reaktion der ungeborenen Babys auf den Geschmack von Grünkohl oder Karotten während der Scans zu sehen und diese Momente mit ihren Eltern zu teilen“.
Reaktionen beobachten mittels 4D-Scan
„Frühere Forschungsarbeiten in meinem Labor haben gezeigt, dass 4D-Ultraschalluntersuchungen eine Möglichkeit sind, die Reaktionen von Föten zu beobachten, um zu verstehen, wie sie auf das Gesundheitsverhalten und die psychische Verfassung der Mutter reagieren, etwa auf Rauchen, Stress, Depression und Angst“, erklärt Üstüns Kollegin Dr. Nadja Reissland. Für Reissland können diese Ergebnisse dazu beitragen, werdenden Müttern aufzuzeigen, dass das Ungeborene auf eine gewisse Art und Weise vieles von der Ernährung mitbekommt.
„Wenn wir uns die Gesichtsreaktionen von Föten ansehen, können wir davon ausgehen, dass eine Reihe von chemischen Reizen durch die mütterliche Nahrung in die fötale Umgebung gelangen“, erklärt Co-Autor Benoist Schaal von der Universität Burgund in Frankreich. „Dies könnte wichtige Auswirkungen auf unser Verständnis der Entwicklung unserer Geschmacks- und Geruchsrezeptoren und der damit verbundenen Wahrnehmung und des Gedächtnisses haben.“
Vorgeburtliche Prägung zu Geschmackspräferenzen
Derzeit läuft bereits eine Folgestudie, in der die Forscher herausfinden wollen, ob die Aromen, denen die Föten im Mutterleib ausgesetzt waren, die Akzeptanz verschiedener Lebensmittel im späteren Leben beeinflusst. Als Probanden sollen dieselben Babys nach der Geburt dienen. Sollte sich herausstellen, dass eine vorgeburtliche Prägung existiert, könnte dies zu Empfehlungen für Schwangere führen. Es wäre dann von großer Wichtigkeit, dass sich Schwangere möglichst vielfältig ernähren, um ihre Babys bereits im Mutterleib an eine Vielzahl von Geschmacksrichtungen zu gewöhnen.
„Man könnte argumentieren, dass wiederholte pränatale Geschmacksexpositionen zu Vorlieben für die postnatalen Geschmackserlebnisse führen können. Mit anderen Worten: Wenn der Fötus weniger beliebten Geschmacksrichtungen wie Grünkohl ausgesetzt wird, könnte dies bedeuten, dass er sich im Mutterleib an diese Geschmacksrichtungen gewöhnt“, so Co-Autorin Jacqueline Blissett von der Aston University in England. „Der nächste Schritt besteht darin, zu untersuchen, ob Föten im Laufe der Zeit weniger negative Reaktionen auf diese Geschmacksrichtungen zeigen, was zu einer größeren Akzeptanz dieser Geschmacksrichtungen führt, wenn die Babys sie zum ersten Mal außerhalb des Mutterleibs kosten.“
Quelle: www.wissenschaft.de
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