Eine Frau greift sich ans Dekolletee. Sie greift nach ihrem blauen Asthma-Spray.© AntonioGuillem / iStock / Getty Images Plus
Das Salbutamol-Spray verschafft Asthmatikern bei einem Anfall schnell wieder Luft. Es verhindert aber keine Schäden an den Atemwegen.

Extrusion

ASTHMA-ANFÄLLE SCHÄDIGEN ATEMWEGE – NEUE ARZNEISTOFFKLASSE SOLL HELFEN

Asthma ist wahrlich kein Spaß: Bei einem Anfall verkrampfen sich die Bronchien, sodass die Betroffenen unter Luftnot leiden. Eine neue Studie zeigt nun, dass dabei auch Zellen in den Atemwegen sterben. In aktuellen Versuchen konnten Medikamente das verhindern.

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Die Zahlen sprechen für sich: Mehr als 300 Millionen Menschen weltweit sind von Asthma betroffen und rund 1000 von ihnen sterben jeden Tag.
Charakteristisch für diese Atemwegserkrankung ist, dass sich die Bronchien krampfartig zusammenziehen. Die Betroffenen haben dann Atemnot, die Panik verursachen und lebensbedrohlich sein können.

In der Folge nehmen die Entzündungsreaktion und die Schleimproduktion nach einem Asthmaanfall zu, sodass durchaus weitere folgen können – und zwar über Wochen und Monate hinweg.
Diese Überempfindlichkeit geht auf nachhaltige Schäden der Atemwege zurück, wie Forschende jetzt herausfanden.

Unkontrolliertes Asthma trotz Therapie

Behandelt wird ein Asthma-Anfall meist mit Salbutamol-Spray, das die glatte Muskulatur der Atemwege entspannt.
Der neuesten Leitlinie zufolge sollen auch Corticoid-haltige Tabletten nach einem Anfall die zugrundeliegende Entzündung bändigen. Langfristig kommen Corticoid-haltige sowie atemwegserweiternde Sprays zum Einsatz.

„Obwohl diese Therapien in vielen Fällen hilfreich sind, leiden viele Patienten weiterhin unter einer schlechten Symptomkontrolle und einer Überempfindlichkeit der Atemwege“, schreibt ein Forscherteam vom King’s College in London.
„Daher ist es wichtig, den Ursachen für die Morbidität und Mortalität von Asthma genau auf den Grund zu gehen.“

Extrusion killt Epithelzellen der Bronchien

Die Wissenschaftler schauten sich hier die Epithelzellen der Atemwege genauer an.
Und sie entdeckten einen mechanisch gesteuerten Effekt namens Extrusion: Wann immer die Epithelschicht durch neue Zellen zu voll wird, werden ältere Zellen aus der Schicht verdrängt und sterben ab.

Das ist an sich nicht schlimm, nur bei Asthma wird es zum Problem. Denn wenn sich die Atemwege bei einem Anfall verkrampfen, bieten sie diesen Epithelzellen weniger Platz, sodass viele durch die Extrusion herausgedrängt werden und zugrunde gehen.
Ohne Asthma wäre das aber gar nicht passiert – in der Folge ist die Zelldichte in der Schutzschicht bei Asthmatikern zu gering. So steigt die Anfälligkeit für Infektionen und Entzündungen.

Das Absterben der Zellen fördert außerdem auch noch die Schleimproduktion, was dann wiederum das Risiko für neue Asthmaanfälle steigert – ein einziger Teufelskreis also.

Zellen der Atemwege mit Arzneimitteln schützen

Die Wissenschaftler untersuchten also zunächst, ob Salbutamol diese Extrusion verhindern kann. Man stellte jedoch fest, dass das Medikament zwar die Atemwege entspannt, aber die Zerstörung des Atemwegsepithels nicht verhindert. Neue Wirkstoffe kamen also unter die Lupe.

Und tatsächlich: Ein Extrusionshemmer namens Gadoliniumhexahydratchlorid rettete das Gewebe der Atemwege – selbst wenn es 15 Minuten nach einem Anfall eingenommen wurde (natürlich zusammen mit Salbutamol).
Auch die Schleimproduktion zeigte sich deutlich reduziert.
Und das Beste: Dieser Effekt trat nicht nur bei Mäusen auf, sondern auch bei Menschen. 

Extrusionshemmer als Wirkstoffe erforschen

Die Wissenschaftler in London zeigten sich hoch erfreut. Sie betonten das Potenzial für neue Forschungsansätze. Die sollten dann darauf abzielen, den „mechanisch-entzündlichen Teufelskreis“ zu hemmen.


Quelle: wissenschaft.de

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