Mann mit Hund am Strand© Wavebreakmedia / iStock / Getty Images

Hunde für Senioren

DER BESTE FREUND DES MENSCHEN

Da soll noch einmal jemand abfällig sagen: „Das ist ja ein Hundeleben!“ Diejenigen, die schon mal einen Hund hatten, werden bestätigen, dass genau dieses Hundeleben das eigene Leben unendlich bereichert.

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Als ich noch ganz klein war und die Familie sich den ersten Hund zugelegt hatte, wusste ich nicht so genau, wie ich das finden sollte. Alle Aufmerksamkeit galt diesem „Geschwisterchen“. Hm, was sollte das werden? Ich sag’s Ihnen: die wunderbarste Erfahrung meines jungen Lebens. Mit acht oder neun Jahren offenbarte ich meiner Familie: „Wenn ich mal groß und alt bin, möchte ich lieber mit zehn Hunden als mit einem Menschen zusammenleben!“ Dabei hatte ich doch so eine wunderbare Kindheit und später auch Jugend. Klar, aber Tanja, so hieß meine „kleine (Hunde-) Schwester“, war einfach etwas Besonderes. Sie stritt sich nicht mit mir, sie zeigte mir sehr deutlich ihre Zuneigung, sie freute sich, wenn ich nach Hause kam, sie spielte gern mit mir, war stets willkommene Gesellschaft für mich – sie war einfach der perfekte Kumpel und Zeitvertreib. Und sie machte es mir möglich, Verantwortung zu übernehmen und mich um jemand anderen zu kümmern.

Herausforderungen des Alters Senioren sind heute anders zu definieren als vor 30 oder 40 Jahren. Wurde man damals im Alter von 60 Jahren als Senior im gesetzten Alter wahrgenommen, so ist heute ein Großteil der 60-Jährigen aktiv, sportlich, mobil, selbstständig, kulturell interessiert und – auch über die sozialen Medien – zum Teil weltweit vernetzt. Von daher wird das heutige 60 eher als mitten im Leben stehend definiert. Das ist auch gut so.

Allerdings sind Menschen ab 60 auch in der Situation, dass sie bald in Rente gehen oder bereits in Rente sind, dass einige Freunde nicht mehr leben, dass die Familie sich aufgespalten und oft über die ganze Welt verteilt hat, dass die eigene Beziehung ein bisschen eingefahren ist oder aufgrund Todes des Partners oder Trennung nicht mehr existiert. Die Konsequenz: häufiges Alleinsein, Einsamkeit, Depression, das Gefühl von Nicht-gebraucht-Werden, Langeweile. Wie wunderbar, wenn es dann „jemanden“ mit Treue, Liebe, Loyalität, Aktivität, Aufmerksamkeit und für die Beschäftigung gibt. Neben der als Haustier sehr beliebten Katze ist dies in Deutschland der Hund.

Worauf ist zu achten?
Natürlich muss sich ein älterer Mensch einige Fragen stellen:
+ Habe ich genügend Kraft in den Armen, da mein Hund immer mal an der Leine ziehen kann?
+ Ist es mir als Senior möglich, mehrmals am Tag für jeweils mindestens 15 Minuten Gassi zu gehen?
+ Kann ich meinen Hund mit Geschicklichkeits- und Konzentrationsspielen auf Dauer geistig fordern?
+ Manche Rassen sind sehr pflegeintensiv, will ich das im Alter auf mich nehmen?
+ Ist es mir gemäß Mietvertrag und Hausordnung erlaubt, einen Hund zu halten?
+ Habe ich jeden Tag genügend Zeit, mich um meinen Hund zu kümmern, damit er nicht zu viel alleine ist?
+ Kann ich mir dauerhaft finanziell einen Hund leisten? Futter, Versicherungen, Arztbesuche, Medikamente, Hundefrisör können teuer werden.
+ Da ich als älterer Mensch damit rechnen muss, vor ihm zu sterben, was passiert dann mit meinem Hund?
+ Wer kümmert sich um den Hund, falls ich krank werde?
+ Welcher Hund ist für mich geeignet?

Ein Hund ist kein Selbstläufer Hatte man früher schon mal einen Hund, dann weiß man in etwa, worauf man sich einlässt. Aber es ist wichtig, sich ein paar Gedanken zu machen, was mit diesem neuen Mitbewohner an Verantwortung, Herausforderung, Rechten und Pflichten ins Haus kommt. Das Tolle: Ein Hund bringt auch ganz viele neue Möglichkeiten, Perspektiven und Lebensfreude mit. Er kann aber nicht einfach mal so angeschafft werden. Vom ersten Moment an muss klar sein, wer der Herr im Haus ist.

Hunde sind von ihrer Herkunft her Rudeltiere und brauchen ganz klare hierarchische Strukturen. Der Mensch muss stets die Alpharolle spielen, und der Hund muss ihm untergeordnet sein. Allzu „menschliche“ Gesichtspunkte bei der Sozialisierung erschweren ein Zusammenleben, denn der Hund muss gewissermaßen „in seiner Sprache“ unterrichtet werden, darauf kann er instinktiv reagieren. Anderenfalls haben gerade ältere Menschen ein Problem, ihre Hunde unter Kontrolle zu halten, da sie körperlich schwächer und häufig weniger konsequent sind.

Das Leben bekommt neuen Schwung Wissenschaftliche Studien belegen, dass sich die Anwesenheit eines Hundes auf Psyche, Gesundheit und Wohlbefinden seines Halters positiv auswirkt. Ausgeglichenheit und Optimismus des Menschen steigen. Ein Hund sorgt für mehr Bewegung, Kontakte – allein schon beim Gassigehen –, verringert das Risiko eines Herzinfarktes und senkt hohen Blutdruck, da Frauchen oder Herrchen schneller von Ärger abgelenkt werden und dafür lieber mit dem Hund kuscheln. Tieferes, durch Glücksgefühl ausgelöstes Durchatmen versorgt Herz und Kreislauf mit mehr Sauerstoff.

Befindlichkeiten und die Belastung körperlicher Einschränkungen werden nicht mehr so intensiv ausgeprägt oder wahrgenommen, da ein Hund keine Wahl lässt. Er muss bei jedem Wetter raus, will täglich in den Park, in den Wald, durch Felder und Wiesen streunen. Nicht zuletzt schafft ein Hund für seine Seniorin oder seinen Senior ganz neue Möglichkeiten, auch geistig agil zu bleiben. Schließlich soll nicht nur der Wuffi Kommandos lernen und beschäftigt sein. Sie müssen ihm beigebracht und immer wieder geübt werden. In einer Studie wurde festgestellt, dass der Umgang mit einem Hund für ältere Personen in etwa zu vergleichen ist mit dem Erlernen eines Musikinstrumentes im Alter oder damit, dass man als Senior ein Studium aufnimmt.

Ein Hund als Therapie? Es ist anerkannt, dass Tiere in der physischen wie psychischen Therapie wahre Wunder vollbringen können. So werden immer häufiger Hunde in regelmäßigen Abständen in Seniorenheime gebracht, um die Einwohner abzulenken, aufzuheitern und glücklich zu machen. Viele hatten früher einen oder mehrere Hunde und erinnern sich an ihren besten Freund. Selbst geistig eingeschränkte Personen oder solche, die unter Alzheimer-Demenz leiden, werden aus ihren zum Teil sehr stillen mentalen „Einzelzellen“ herausgeholt und fangen an zu lachen und sich zu freuen.

Es spricht sehr vieles dafür, Senioren – unabhängig von ihren geistigen Fähigkeiten – mit Hunden zusammenzubringen. Auch mit 70 oder 80 Jahren kann man sich für einen Hund entscheiden, allerdings sollten dann Hundealter und Rasse entsprechend angepasst sein. So können kleine bis mittelgroße Hunde bis 15 Jahre oder älter werden, und ein junger Hund stellt sich schnell als Überforderung dar, weil die gesamte Erziehung erst noch erfolgen muss. Ein Hund aus dem Tierheim, der bereits ein paar Jahre alt ist, seine Sturm-und-Drang-Phase hinter sich und seinen Charakter ausgebildet hat, macht mehr Sinn als ein Welpe.

Man kann sich im Internet schlaumachen, welche Hunde für Senioren am besten geeignet sind. Oder man wird Hundepate oder ehrenamtlicher Gassigeher im Tierheim. Letzteres kostet nichts, bringt aber viel Freude. Ich kann nur sagen, dass bei mir mit Tanja eine Liebe zu Hunden begann, die bis heute anhält. Ich hatte in der Zwischenzeit mehrere Hunde und werde, wenn alles passt, auch im Seniorenalter versuchen, einen Hund zu haben. Denn mich macht ein „Wau“ glücklich.

Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe Senioren von DIE PTA IN DER APOTHEKE ab Seite 40.

Wolfram Glatzel, freier Journalist

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