COVID-19
MEHR MÜLL, BESSERE LUFT
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Große Haufen Altreifen liegen im Wald. Müll wird achtlos weggeworfen, und Pflanzen in Naturschutzgebieten werden zertrampelt. Papierkörbe an Uferbereichen und in Parks quellen über. In der Corona-Pandemie hat das Abfallaufkommen in Hessen mancherorts zugenommen und belastet Ökosysteme. Doch die bereits mehr als ein Jahr dauernde Pandemie hat nicht nur Schattenseiten für die Umwelt, ergab eine dpa-Umfrage. Die Luftqualität ist wegen des Abreißens der alltäglichen Pendlerströme und des drastischen Einbruchs des Flugverkehrs besser geworden.
"Der geringere Flugbetrieb wirkt sich deutlich auf die Konzentration der ultrafeinen Partikel in der Umgebung des Flughafens aus", teilte das hessische Umweltministerium mit. Diese Teilchen stellen nach Angaben des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie ein potenziell höheres Gesundheitsrisiko dar als gewöhnlicher Feinstaub. Sie können tief in die Lunge eindringen und von dort auf den menschlichen Organismus wirken.
Auch die Stickstoffdioxid-Belastung in den Städten ist dem Umweltministerium zufolge wegen des geringeren Autoverkehrs zurückgegangen. Schon im ersten Lockdown 2020 habe die Belastung in den Städten um rund 30 Prozent abgenommen. Stickoxide können Atemnot, Husten und Bronchitis auslösen und unter Umständen in chronische Atemwegs- und Lungenerkrankungen münden. Das ätzende Reizgas entsteht bei Verbrennungen, etwa in Dieselmotoren oder auch in Öfen für Kohle, Öl, Gas und Holz. Wegen zu hoher Werte wurde in Darmstadt auf zwei Hauptverkehrsadern vor mehr als zwei Jahren ein Fahrverbot für Dieselautos und alte Benziner eingeführt. Danach und insbesondere seit Beginn der Pandemie haben die Werte sich deutlich verbessert.
Deutlicher Trend sichtbar
Eine Bilanz über die Müllmengen im ersten Corona-Jahr 2020 gibt es nach Aussagen des Umweltministeriums voraussichtlich erst im November. Auch wenn nicht immer Zahlen vorliegen, so sehen die Kommunen doch bei manchen Müllsorten einen deutlichen Trend. Die nur begrenzten Freizeitmöglichkeiten seit Beginn der Pandemie führten nach Angaben der Stadt Gießen zu deutlich mehr Abfall an Flusswiesen und in Parks.
Eine Entwicklung, die auch die Landeshauptstadt Wiesbaden feststellte. Während des Lockdowns und nach den ersten Lockerungen habe es vor allem auf Spiel- oder Grillplätzen, die gerne von Jugendlichen als Treffpunkte genutzt werden, mehr Müll gegeben. Ein Phänomen, dass sich aber auch am Rheinufer oder in der Fußgängerzone gezeigt habe. In Darmstadt steigerte sich die illegale Müllentsorgung von Januar 2019 bis Mai 2021 um mehr als 50 Prozent.
Mehr Zahlen, Daten und Fakten in Bezug auf das Müllaufkommen in der Pandemie haben Frankfurt und Kassel zusammengetragen. "Die Menschen haben mehr zu Hause gekocht und mehr To-Go gegessen als gewöhnlich", teilte eine Sprecherin der Stadt Kassel zur Abfallbilanz 2020 im Vergleich zum Vorjahr mit. Beim Restabfall seien 3,8 Prozent und bei Leichtverpackungen 5,8 Prozent mehr Müll angefallen.
Auch beim Altglas gab es wegen eines höheren Konsums in den eigenen vier Wänden eine Steigerung von 4,5 Prozent. Offensichtlich hätten auch viele Menschen den Lockdown genutzt, um zu Hause zu renovieren. Dies zeige sich an der Zunahme des Sperrmülls und der Nutzung der Recyclinghöfe. Die illegale Entsorgung von Abfällen habe ebenso zugenommen. Dabei sei auffallend viel Sperrmüll und Elektroschrott, der eigentlich auch umsonst im Recyclinghof abgegeben werden kann.
Ähnliche Tendenzen hat auch der Müllentsorger FES in Frankfurt festgestellt. Von April 2020 bis März 2021 habe es bei der Gelben Tonne ein Plus von fünf Prozent beim Abfallgewicht gegeben. Im ersten Lockdown sei das Plus zeitweise auch zweistellig gewesen, teilte FES mit. «Beim Sondermüll haben wir den allgemeinen Entrümplungs- und Renovierungstrend gespürt.» Farben, Lacke und Sprays hätten um elf Prozent, Sperrmüll um 15 Prozent zugelegt. Bei Sperrmüll hätten teils zwei Fahrzeuge zusätzlich eingesetzt werden müssen.
Beim Müll an Ausflugszielen oder Treffpunkten habe mancherorts das Plus beim To-Go-Abfall bei 100 Prozent gelegen und die illegale Entsorgung habe um 30 Prozent zugenommen.
Quelle: dpa