Bekleidungsindustrie
NACHHALTIG KLEIDEN, ABER WIE?
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Mal Hand aufs Herz: Wie viele Kleidungsstücke haben Sie in den vergangenen Monaten gekauft? Mit 60 Kleidungsstücken pro Jahr liegen Sie im bundesdeutschen Schnitt – Tendenz steigend. Getragen werden die Fashion-Stücke heute jedoch nur halb so lange wie vor 15 Jahren – 40 Prozent der Ware wandert sogar nie oder kaum getragen in den Müll oder die Altkleidersammlung, so das Bundesumweltministerium (BMU).
Präsentierten die Modeunternehmen früher vier Kollektionen pro Jahr, sind es heute zwölf bis 24 und mehr; Social Media Trends werden quasi über Nacht umgesetzt und auf den Markt geworfen. Der aktuelle Ultra-Fast-Fashion-Markt à la Shein hat Fast-Fashion-Brands wie Zara und H&M längst überrollt. Mode ist zum Wegwerfprodukt geworden.
Wer billig kauft...
Der Preis der Billigware für die Umwelt ist hoch. Ein Blick auf von Greenpeace und Femnet veröffentlichte Daten aus der Bekleidungsindustrie schockiert: Rund zehn Prozent der globalen CO2-Emission stammen aus der Textilindustrie; 35 Prozent des Mikroplastiks in Ozeanen stammt aus Textilien und wird unter anderem beim Waschvorgang von Synthetikfasern frei. 2700 Liter Frischwasser werden für die Produktion von einem T-Shirt benötigt – zum Vergleich: Diese Menge trinken wir in 2,5 Jahren. Weltweit landet jede Sekunde eine LKW-Ladung Textilien auf einer Müllhalde (z.B. in der Atacama-Wüste in Chile) oder wird verbrannt.
...zahlt dreifach!
Den Preis zahlen aber auch die überwiegend weiblichen Arbeitenden in der Textilindustrie – durch Ausbeutung in Anbau und Produktion. Und nicht zuletzt zahlt ihn die Trägerin selbst: durch über die Haut aufgenommenes Mikroplastik und Chemikalien wie Schwermetalle, Formaldehyd und Weichmacher. 96 Prozent der Shein-Produkte weisen nach Greenpeace-Angabe Spuren gefährlicher Chemikalien auf, in sieben von 47 getesteten Produkten, so das Bremer Umwelt Institut, wurden die in der EU geltenden Grenzwerte für gefährliche Chemikalien überschritten.
Bewusst sind diese Folgen den Verbrauchern und Verbraucherinnen offenbar nicht. Denn laut Sustainability Report der Gesellschaft für integrierte Kommunikationsforschung (GIK) gaben 34 Prozent der Personen aus der DACH-Region eigentlich an, dass ihnen Nachhaltigkeit beim Kauf von Kleidung und Schuhen wichtig sei.
Wie also können wir uns nachhaltig, aber trotzdem stilvoll kleiden und das, ohne unser Budget zu sprengen? Es gibt eine Lösung! Da ist sich Julia von Almsick sicher. Die ausgebildete Herrenschneiderin studierte Textil- und Bekleidungstechnik und war jahrelang in der internationalen Modewelt tätig. Seit zehn Jahren berät sie nun Start-Ups und Gründer in der nachhaltigen Bekleidungsbranche. Auf einem Event der Firma Salus gab van AlmsickSlow-Fashion-Tipps: „Kaufen Sie saisonunabhängige Kollektionen mit dem Fokus auf Klassiker und Basics, die eine trendunabhängige Designsprache sprechen. Achten Sie dabei auf umweltfreundliche Materialien, wie organic cotton, gute Qualität der Stoffe, hochwertige Verarbeitungsmethoden und auf faire Bezahlung der Arbeiter (z.B. aus EU-Ländern, Türkei).“
Ganz besonders liegt der Nachhaltigkeitsstylistin Sustainable Styling am Herzen: „Die meisten von uns haben schon alles, um sich toll zu kleiden.“ Das weiß die Münchnerin, denn sie kennt sich im Kleiderschrank der Verbraucherinnen aus, berät sie zu Hause und auf Instagram (#themunichstylist), wie sie ihren Stil im eigenen Kleiderschrank finden, wie man alte Stücke geschickt neu kombiniert oder wie – mit ein paar kleinen Handgriffen – der Fehlkauf zum Lieblingsstück wird.
Ihre Tipps: Verschaffen Sie sich erst einmal einen Überblick. Was habe ich und was trage ich wirklich? Wofür benötige ich die passende Kleidung? Suchen Sie sich Vorbilder oder Hilfe. Probieren Sie sich aus und seien Sie dabei auch mal bereit, die Komfortzone zu verlassen.