Mehrere Zebrafische: Sie sind klein und haben dunkle Streifen, ihre Haut ist dabei aber transparent.© slowmotiongli/iStock/Getty Images Plus
Zebrafische zeigen, welche Rolle Vitamin B6 für die Blutzuckerregulation spielt. Ihr entscheidender Vorteil: Sie haben eine Bauchspeicheldrüse, die unserer ähnelt, außerdem können wir durch sie hindurchschauen.

Bauchspeicheldrüse

BLUTZUCKER, BETA-ZELLEN UND
VITAMIN B6: NEUER ANSATZ BEI DIABETES

Steigt der Blutzucker, schütten die Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse Insulin aus. Wissen wir schon. Jetzt zeigt sich aber, dass längst nicht alle Beta-Zellen gleich reagieren – und dass wir ein Vitamin dabei bislang unterschätzt haben. Die Entdecker hatten hierbei besondere Helfer: Zebrafische.

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Steigt der Blutzuckerspiegel an, reagieren die Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse und schütten Insulin aus. Das führt zur Aufnahme des Zuckers in die Zellen, der Blutspiegel sinkt wieder. Bereits frühere Studien zeigten, dass manche Beta-Zellen möglicherweise empfindlicher auf einen Blutzuckeranstieg reagieren als andere.

Dresdener Forscher des Zentrums für Regenerative Therapien fanden nun heraus, was dahintersteckt. Sie stellten fest, dass Beta-Zellen unterschiedlich schnell arbeiten. Mehr noch: Auch die Rolle von Vitamin B6 bei Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes erscheint in neuem Licht.

Blutzucker senken: First-Responder und Nachfolger

Ein internationales Team um Professor Nikolay Ninov untersuchte die Funktion der Beta-Zellen in Zebrafischen. Diese Tiere besitzen eine Bauchspeicheldrüse, die ähnlich wie eine menschliche funktioniert. Außerdem weisen die untersuchten Fische einen entscheidenden Vorteil auf: eine transparente Haut. So konnten die Forscher genau verfolgen, was im lebenden Tier passiert.

Das Team fand heraus, dass eine kleine Gruppe Beta-Zellen schneller auf Glucose reagiert als der Rest. Sie tauften sie „First-Responder“-Zellen. Schaltet man die First Responder aus, reagieren die Nachfolgerzellen vermindert. Eine selektive Aktivierung der First Responder dagegen verstärkt deren Reaktion.

Das Verfahren der Optogenetik, einer speziellen lichtbasierten Technologie, ermöglicht den Forschern das gezielte Ein- oder Ausschalten einzelner Zellen mit Hilfe eines Lichtstrahls durch die transparente Haut der Zebrafische. Die First-Responder-Zellen sitzen nicht alle an einer Stelle. Sie sind über die gesamte Bauchspeicheldrüse der Fische verteilt.

Vitamin mit Schlüsselrolle im Zuckerstoffwechsel

Die Forscher verglichen dann die Genexpression der First-Responder-Zellen mit der der Nachfolgerzellen und fanden Erstaunliches heraus: Die First Responder produzieren ein Schlüsselenzym für die Synthese von Vitamin B6. Nur mit diesem Enzym kann aus der Nahrung aufgenommenes B6 in seine aktivierte Form überführt werden. Und die braucht der Körper dringend: Vitamin B6 ist wichtig als Cofaktor von über 100 Enzymen, von der Synthese von Neurotransmittern bis zur Steuerung der Zellatmung.

In Zusammenarbeit mit dem Team um Professor Guy Rutter von der Universität in Montreal, Kanada, wurden weitere Versuche durchgeführt. In diesen schalteten die Wissenschaftler die B6-Produktion in Zebrafischen und in Mäusen gezielt ab. Das Resultat: Die Fähigkeit der Tiere, auf hohen Blutzucker zu reagieren, sank dramatisch bei beiden Arten.

Vitamin B6 bei Diabetes?

Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Vitamin B6 eine Rolle bei der Blutzucker-Regulation spielt. Möglicherweise produzieren die First Responder aktives B6 und stellen es den Nachfolgerzellen zur Verfügung, um ihre Aktivität zu regulieren.

Professor Ninov sieht die Überprüfung dieser These als den nächsten Schritt für die Forschung. Der Zusammenhang zwischen einem niedrigen B6-Spiegel und Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes soll zukünftig näher untersucht werden. Möglicherweise ergeben sich so neue Behandlungsmethoden für Diabetes.

Quellen:
https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.ado4513
https://idw-online.de/de/news836482

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