Harnwegsinfekte
PTA-Fortbildung

Harnwegsinfektionen

Brennen beim Wasserlassen und der stetige Drang zur Toilette zu gehen, das sind Symptome eines Blaseninfektes. Warum sind besonders Frauen betroffen und warum gilt eine Blasenentzündung beim Mann nie als unkompliziert? Hier lernen Sie, wie man vorbeugt und was hilft, wenn die Beschwerden da sind.

18 Minuten

Anatomie der Harnwege

Unter den ableitenden Harnwegen versteht man alle Organe, die den Harn sammeln und ableiten,

  • also die unteren Harnwege mit Harnröhre und -blase
  • sowie die oberen Harnwege mit den Harnleitern und dem Nierenbecken.

Die Blasenwand ist von einer Schleimhautschicht ausgekleidet. Die Wand selbst besteht aus drei Muskelschichten, die zusammen als Detrusormuskel bezeichnet werden. An- und Entspannung der Muskeln werden durch Sympathikus und Parasympathikus gesteuert. Diese Funktionen regulieren die Entleerung.

Als Speicherorgan ist die Blase stark dehnbar und kann je nach Größe bis zu 700 Milliliter Urin fassen. Männer haben ein höheres Fassungsvermögen ihrer Blase als Frauen.

Auf das steigende Füllungsvolumen reagieren Dehnungsrezeptoren. Sie schicken neuronale Signale an das Gehirn, das dann den Harndrang wahrnimmt. Ab einer Füllung von etwa 200 bis 500 Milliliter verspüren wir in der Regel den Wunsch, die Blase zu entleeren. Diesen Wunsch können wir normalerweise eine Zeitlang willentlich unterdrücken. Das Vermögen, dem Drang nicht sofort nachgeben zu müssen, kann trainiert werden.

Bei der Entleerung kontrahiert die Blasenmuskulatur, gleichzeitig erschlaffen der innere Schließmuskel und die Beckenbodenmuskulatur. Nach dem Toilettengang bleiben maximal fünf bis zehn Milliliter Restharn in der Blase zurück. Üblicherweise wird die Blase sechs- bis achtmal täglich entleert. Leiden Menschen unter einer Dranginkontinenz, ist die Blase überaktiv und die Frequenz der Entleerung deutlich erhöht. Aber auch Infektionen reizen die Blase und begünstigen einen häufigen Harndrang.

Verschiedene Arten von Harnwegsentzündungen

Entzündungen der Harnwege unterscheiden wir nach

  • der Lokalisation,
  • den Begleitumständen
  • und der Verlaufsform unterschieden.

Lokalisation

Unter einer Pyelonephritis verstehen wir eine Entzündung des Nierenbeckens und/oder des Nierengewebes. Sind nur die Blase und die Harnröhre betroffen, spricht man von einer Zystitis.

Harnwegsentzündungen: Beschwerden

Typische Symptome, die auf Infektionen der unteren Harnwege hindeuten, sind

  • Schmerzen beim Wasserlassen
  • sowie starker und ständiger Harndrang.

Ist das Nierenbecken betroffen, kommen außerdem

  • Flankenschmerz,
  • klopfende Schmerzen in der Nierenregion
  • und manchmal auch Fieber vor.

Begleitumstände

Liegen keine funktionellen oder anatomischen Besonderheiten vor und auch keine Risikofaktoren wie eine bekannte Nierenfunktionsstörung, eine Urinabflussstörung, Katheter oder eine angeborene Störung der Harnwege, dann zählt die akute Blasenentzündung zu den unkomplizierten Harnwegsentzündungen.

Verlaufsform

Zusätzlich ist zwischen akuten und rezidivierenden Harnwegsinfektionen zu unterscheiden. Von einer rezidivierenden Erkrankung wird gesprochen, wenn bei Betroffenen zwei oder mehrere symptomatische Episoden pro Halbjahr oder drei oder mehr symptomatische Episoden pro Jahr auftreten. Andauernde Entzündungsprozesse in der Blasenwand fördern Nekrosen im Blasengewebe und begünstigen die Verkleinerung der Blase. Durch eine frühzeitige Behandlung von Infektionen sind solche schwerwiegenden Verläufe zu verhindern. Betroffene mit wiederkehrenden Blasenentzündungen sollten Sie an den Facharzt oder die Fachärztin verweisen, die eine intensive Diagnostik durchführen können.

Klagen die Betroffenen bereits innerhalb von zwei Wochen nach der Behandlung erneut über Beschwerden, so ist von einer wiederkehrenden Infektion aufgrund einer unvollständigen Beseitigung der Erreger auszugehen. Wird eine erneute Infektion nach mehr als zwei Wochen diagnostiziert, handelt es sich vermutlich um eine Neuinfektion.

Therapie-Empfehlungen in Abhängigkeit der Harnwegsinfektion

  • Unkomplizierte Zystitis: Hier besteht ein geringes Risiko für schwerwiegende Komplikationen und eine hohe Selbstheilungsrate. Eine Selbstmedikation bei Frauen ist ohne weitere Risikofaktoren möglich.
  • Pyelonephritis: Zur Vermeidung von Komplikationen sollte ein schneller Beginn einer wirksamen Antibiose erfolgen.
  • Asymptomatische Bakteriurie: Eine Therapie soll nur risikobezogen vorgenommen werden, wenn operative Eingriffe an den Harnwegen oder der Prostata bevorstehen, außerdem bei einer Risiko-Schwangerschaft und bei Kindern

Infektion ohne Beschwerden?

Wird ein Zufallsbefund bei einer routinemäßigen Urinprobe festgestellt, kann es sich um eine asymptomatische Bakteriurie handeln. Dabei ist die Blase mit Bakterien besiedelt, ohne dass die Betroffenen Beschwerden haben.

Die Unterscheidung zwischen einer klinisch symptomatischen Harnwegsinfektion und einer asymptomatischen Bakteriurie ist für das weitere therapeutische Vorgehen wichtig: Abhängig von den sonstigen Risikofaktoren, zum Beispiel einer Schwangerschaft, kann auch ohne Symptome eine antibiotische Behandlung notwendig sein. Steht ein Eingriff an der Blase, zum Beispiel eine Spiegelung oder ein Eingriff an der Prostata bevor, dann erhöhen asymptomatische Bakteriurien das Infektionsrisiko und sollten deshalb behandelt werden.

Bei einer unkomplizierten Blasenentzündung ist unter Behandlung mit einem raschen Heilungsverlauf zu rechnen. Die Selbstheilungsrate ohne antibiotische Therapie liegt bei etwa 30 bis 50 Prozent innerhalb einer Woche. Allein dieses Faktum unterstreicht die Empfehlungen der Leitlinie, die nicht mehr automatisch und regelhaft eine Behandlung mit einem Antibiotikum ausspricht.

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