Teufelskralle© Michel VIARD / iStock / Getty Images

Botanicals

WURZELN GEGEN DIE ARTHROSE

Vor etwa 100 Jahren holte man die Teufelskralle nach Europa. Denn die Wüstenpflanze lindert Schmerzen und Entzündungen bei degenerativen Erkrankungen des Bewegungsapparats wie Arthrose.

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Rheuma, Rückenschmerzen und Arthrose sind ein häufiges Problem bei Senioren. Bei den über 65-Jährigen ist bereits jeder zweite davon betroffen. Vor allem klagen sie über einen altersbedingten Gelenkverschleiß. Gängige Standardmedikation gegen Arthrose und andere entzündliche und degenerative Erkrankungen des Bewegungsapparates sind nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR, z. B. Ibuprofen, Diclofenac, Naproxen) oder Coxibe (z. B. Etoricoxib).

Betroffene suchen typischerweise nach alternativen Behandlungsmöglichkeiten, um weniger NSAR und Coxibe einzunehmen und damit verbundene Nebenwirkungen auf den Gastrointestinaltrakt zu reduzieren. Unterstützend können Sie pflanzliche Präparate empfehlen. Neben Weidenrinde, Hagebuttenpulver, Gelbwurzel oder Weihrauch hat sich vor allem die Afrikanische Teufelskralle bewährt. Bereits in den fünziger Jahren konnten schmerzstillende und entzündungshemmende Effekte der Pflanze bei Rücken- und Gelenkbeschwerden wissenschaftlich belegt werden.

Früchte mit Widerhaken Die Teufelskralle (Harpagophytum procumbens DC.) ist eine krautartige, mehrjährige Pflanze aus der Familie der Sesamgewächse (Pedaliaceae), die im roten Wüstensand der Kalahari beheimatet ist. Während der Regenzeit entwickeln sich aus großen knolligen Wurzeln bis zu zwei Meter lange Triebe. Diese kriechen flach am Boden entlang, was auch im Artnamen (von griech. procumbens = niederliegend) zum Ausdruck kommt.

In ihren Blattachseln stehen auffallend große hellrosa bis lila Blüten, aus denen sich mehrere Zentimeter große holzige, korallenähnliche Gebilde mit zahlreichen armartigen Auswüchsen entwickeln. Sie sind mit langen, spitzen Widerhaken versehen, mit denen sie sich an vorbeiziehenden Tieren verhaken. Diese haben der Pflanze ihren Gattungsnamen gegeben (von griech. harpagos = Enterhaken) und dienen dazu, die Früchte zu verbreiten. Gleichzeitig geht damit eine potenzielle Verletzungsgefahr einher, auf die der deutsche Name Teufelskralle anspielen soll.

Wirksame Wurzeln Arzneilich werden die bis zu zwei Meter tief in der Erde verankerten Wurzeln (Harpagophyti radix) verwendet. Damit die Pflanze überlebt, werden nach der Blütezeit nur die bis zu sechs Zentimeter (cm) dicken und bis zu 20 cm langen verzweigten Speicherwurzeln (Sekundärwurzeln) ausgegraben. Die Primärwurzel verbleibt in der Erde, damit die Pflanze sich erholen und nach einer Ruhezeit von vier Jahren wieder geerntet werden kann. Während früher die Droge vorwiegend aus der Wildsammlung stammte, wird die Pflanze heute zunehmend im südlichen Afrika kultiviert. Der kontrollierte Anbau soll eine Übernutzung und Dezimierung der Bestände vermeiden.

Analgetische und antiphlogistische Effekte Die Teufelskrallenwurzel wird von der einheimischen Bevölkerung seit langem sehr geschätzt, was in ihrer volkstümlichen Bezeichnung Gold Namibias zum Ausdruck kommt. Die Ethnomedizin setzte sie vor allem bei Schmerzen und Fieber ein, aber auch um Verdauungsbeschwerden zu lindern und offene Wunden zu behandeln. Heute kommt die Teufelskralle zum einen als Bitterstoffdroge bei dyspeptischen Beschwerden zum Einsatz. Vor allem wird sie aber als entzündungshemmendes und schmerzlinderndes Mittel unterstützend bei degenerativen Erkrankungen des Bewegungsapparates, insbesondere bei Arthrose, angewendet.

Zahlreiche präklinische und klinische Studien konnten inzwischen ihre Wirksamkeit in diesem Indikationsgebiet bestätigen. Die Wirkung der Wurzeln geht auf enthaltene Iridoidglykoside (Harpagosid, Harpagid und Procumbid), Phenolglykoside und Saccharide zurück. Man geht davon aus, dass das Zusammenspiel aller Inhaltsstoffe für die Wirksamkeit verantwortlich ist, wobei dosisabhängige Effekte zu beobachten sind. Die analgetischen und antiphlogistischen Eigenschaften können durch eine Blockade der Cyclooxygenase- (COX-) 2 und der 5-Lipoxygenase erklärt werden. Dadurch wird die Produktion von Prostaglandinen und Leukotrienen gehemmt. Darüber hinaus wurde beobachtet, dass die Teufelskralle die Aktivität der kollagenzerstörende Kollagenase im Gelenkknorpel hemmt und gewebezerstörende Matrix-Metallo-Proteinasen reduziert, was ihren Einsatz bei Arthrose zusätzlich begründet.

Ausreichend hoch dosieren Zur unterstützenden Therapie bei degenerativen Erkrankungen des Bewegungsapparates wird eine Tagesdosis von 4,5 Gramm Droge gefordert. Das entspricht – je nach Art der Herstellung – bei den alkoholischen Extrakten 950 bis 1500 Milligramm Extrakt, bei den wässrigen Extrakten 2200 Milligramm. Die meisten als Arzneimittel zugelassenen Präparate sind mit Ethanol 60 Prozent hergestellt und weisen ein DEV von 4,4-5,0:1 auf. Bei diesen Präparaten reichen zwei Tabletten am Tag aus. Präparate mit Auszugsmittel Ethanol 30 Prozent oder Wasser sind durch ein geringeres DEV gekennzeichnet (z. B. DEV 2,6-3,1:1 oder 1,5-2,5:1) und erfordern eine drei bis viermal tägliche Einnahme von bis zu zwei Tabletten, um die notwendige Tagesdosis zu erzielen.

Da sie erst nach einer etwa zweiwöchigen Einnahme beginnen zu wirken, eignet sich das Phytotherapeutikum vornehmlich zur unterstützenden Behandlung chronischer Verlaufsformen und nicht für die Akuttherapie. Die Monographie der ESCOP empfiehlt, die Behandlung mindestens drei Monate durchzuführen. Auch wenn es bisher nicht zu schwerwiegenden Nebenwirkungen unter einer Behandlung mit Teufelskrallenwurzel-Extrakt gekommen ist, können sich gastrointestinale Nebenwirkungen bei empfindlichen Patienten aufgrund des Bitterstoffgehalts vor allem bei Einnahme höherer Dosen einstellen.

Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe Senioren von DIE PTA IN DER APOTHEKE ab Seite 68.

Gode Chlond, Apothekerin

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