Mann kneift Augen zusammen© SbytovaMN / iStock / Getty Images

Alterssichtigkeit

WENN DIE ARME ZU KURZ WERDEN

Die Jahre fordern ihren Tribut – auch von den Augen. Die Augenlinsen verlieren mit fortschreitendem Alter an Elastizität: Sie können sich nicht mehr so leicht krümmen und die Sehschärfe nicht mehr an unterschiedliche Entfernungen anpassen.

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Einst meinte Johann Wolfgang von Goethe, die „einzige Methode, der Alterssichtigkeit zu entgehen, ist jung sterben“. Zu Zeiten des großen Dichters mag diese drastische Sichtweise ihre Berechtigung gehabt haben. Inzwischen lässt sich eine altersbedingte Fehlsichtigkeit jedoch erfolgreich korrigieren. Die im Übrigen gar keine Krankheit ist. Vielmehr handelt es sich bei der Presbyopsie, wie sie der Augenarzt nennt, um eine normale Erscheinung im Rahmen des Alterungsprozesses. Bei jedem, auch wenn er früher gut sehen konnte, verschlechtert sich im Laufe der Jahre das Nahesehen. Typisch dafür ist, dass Zeitungen und Bücher immer weiter von den Augen entfernt gehalten werden müssen. Doch irgendwie scheinen die Arme täglich ein Stück kürzer zu werden ... Der Augenoptiker sorgt dafür, dass sie wieder die richtige Länge bekommen.

Auch die Augen kommen in die Jahre Mit dem Alter nimmt die Elastizität der Linsenkapsel im Auge ab: Ab dem 45. Lebensjahr, bei manchen schon ab dem vierzigsten, beginnt sich der Linsenkern zu verhärten. Grund dafür sind Kalk und unlösliche Eiweißpartikel, die sich nach und nach einlagern. Dadurch wird die Linse stetig zäher und kann sich nicht mehr so leicht wölben wie in jungen Jahren. Was sie jedoch muss, um vom Nah- auf Weitsehen und umgekehrt umzuschalten. Diese permanente Anpassung, Akkommodation genannt, ist Voraussetzung dafür, dass wir Gegenstände scharf sehen können – besonders jene in der Nähe. Da die Linse mit den Jahren ihre Fähigkeit zur Krümmung und Anpassung verliert, lässt sich in der Nähe schlechter scharf sehen.

Der Nahepunkt – der am nächsten vor dem Auge liegende Punkt, an dem ein Gegenstand noch scharf erkennbar ist – rückt immer weiter weg. Das ist das typische Problem bei der Alterssichtigkeit, das vor allem beim Lesen stört. Auch Weitsichtige kennen das: Um die Buchstaben noch klar erkennen zu können, muss die Lektüre weit weg von den Augen gehalten werden. Liegt der Abstand unter dreißig Zentimetern, beginnen die Buchstaben zu verschwimmen. Weiteres typisches Symptom der Alterssichtigkeit ist, dass die Augen beim Nahesehen rasch ermüden. Dazu gesellen sich häufig dumpfe Kopfschmerzen. In der Ferne dagegen kann weiterhin scharf und beschwerdefrei gesehen werden, sofern der Betreffende zuvor normalsichtig war.

Weitsichtige früher betroffen Das ehemalige Sehvermögen bestimmt darüber, wann und wie sich das unscharfe Nahesehen später auswirkt. Bei Weitsichtigen stellt sich dieses Phänomen eher ein, als bei Menschen ohne diese Sehstörung. Die Linsenalterung beeinträchtigt die ohnehin schwache Sehschärfe in der Nähe noch mehr. Viele benötigen deshalb bereits mit Mitte Dreißig eine Korrektur ihrer Alterssichtigkeit. Bei Normalsichtigen ist dies meist erst zwischen dem 45. und 50. Lebensjahr erforderlich. Kurzsichtige Menschen bemerken die Folgen der Alterssichtigkeit noch später. Einige von ihnen profitieren sogar davon: Ihre Sehstörung ergänzt sich mit der altersbedingten Weitsichtigkeit und wird ausgeglichen. Nur scheinbar zwar, dennoch kann so mancher Kurzsichtige im Alter vollkommen auf eine Sehhilfe verzichten – Glück im Unglück.

Praxistipp
Vollkommen ungeeignet zur Brillenpflege sind Papiertaschentücher. Denn die darin enthaltenen mineralischen Füllstoffe wirken wie Schleifpapier auf den Gläsern – deutlich sichtbar an feinsten Kratzern, die den Blick irreparabel trüben. Auch von Textilien wie Pullis oder T-Shirts sind die Finger zu lassen, denn auch sie bergen ein hohes Kratzerrisiko. Bieten Sie Ihren Kunden lieber Brillenputztücher an.

Gleitsicht: ideal für nah und fern Einerlei, ob man bislang gesunde Augen hatte, kurz- oder weitsichtig war: Früher oder später bedarf die Alterssichtigkeit der Korrektur. Da hilft alles nichts, Medikamente oder Augentraining ebenso wenig wie Operationen oder Laserbehandlungen. Nur geeignete Sehhilfen gleichen das unscharfe Nahesehen aus. Viele greifen hierfür zur Lesebrille. Deren Stärke richtet sich nach dem Alter und der gewünschten Leseentfernung: je kürzer diese ist, desto stärker muss die Brille sein. Wer bisher normalsichtig war, mag mit einer solchen reinen Lesebrille ganz gut zurechtkommen. Der Nachteil ist jedoch, dass sich diese nur zum Nahesehen eignet.

Um die Umgebung scharf zu sehen, muss die Lesebrille abgesetzt und möglicherweise eine andere aufgesetzt werden. Also ein ständiges Hin und Her. Die beste Möglichkeit zur Korrektur der Alterssichtigkeit bieten deshalb sogenannte Gleitsichtbrillen. Hier sind die Übergänge zwischen den einzelnen Zonen unsichtbar ins Glas eingeschliffen. Damit lässt sich ohne Bildsprünge in jeder Entfernung scharf sehen. Bis die Augen die für die jeweilige Entfernung passende Stelle im Glas finden, dauert es zwar ein wenig. Nach dieser Eingewöhnungszeit ist die Gleitsichtbrille dann aber die ideale Begleitung für den ganzen Tag. Ob nah oder fern verschafft sie stets einen klaren Durchblick.

Bi- oder Trifokal Zur Auswahl stehen Zweistärkengläser, auch Bifokalgläser genannt. Sie haben im unteren Abschnitt eine Sammellinse zur Nahkorrektur. Im oberen Teil ist die Korrekturstärke für die Fernsicht eingeschliffen. Die andere Variante sind Dreistärkengläser. Bei diesen Trifokalgläsern ist zwischen dem Abschnitt zum Nah- und Fernsehen noch eine dritte Linse eingeschliffen. Damit lässt sich auch bei mittleren Entfernungen scharf sehen. Trifokalbrillen empfehlen sich bei stark ausgeprägter Alterssichtigkeit, wenn die Linse ihre Anpassungsfähigkeit weitgehend verloren hat.

Brillenpflege: immer den Durchblick behalten Schon wieder trüben Schlieren und fettige Fingerabdrücke die Optik? Das muss nicht sein und soll auch nicht sein. Denn mangelnde Pflege nehmen Brillen mit dauerhaften Schäden übel. Diese drei Maßnahmen helfen dagegen:

  • Tägliche Dusche Einmal täglich sollte die Brille mit fließend lauwarmem Wasser und einem Tropfen Spülmittel gespült werden. Damit verschmutzt sie weniger und sieht stets gepflegt aus. Nach dem Duschen wird die Brille mit einem Brillenputztuch abgetrocknet. Alternativ eignet sich ein Geschirrhandtuch, aber bitte nur ein weiches und ganz sauberes.
  • Mikrofaser für unterwegs Für tagsüber und unterwegs sind weiche Putztücher aus Mikrofasern die beste Wahl zur Reinigung. Denn die hauchdünnen Fasern – ein Tausendstel von einem menschlichen Haar – wirken auf den Gläsern wie Staubsauger. Damit bleiben Schmutzfilm, Staub und Fettpartikel fest an ihnen haften. Darüber hinaus sind Mikrofasern so dicht, dass sie in alle Ecken der Brille kommen, selbst zwischen die feinen Schrauben am Gestell.
  • Ab in die Wanne Zusätzlich zur täglichen Pflege sollte man seiner Brille alle drei bis vier Monate ein Ultraschallbad beim Augenoptiker gönnen. Dabei entfernen Ultraschallwellen in wenigen Minuten gründlich und schonend sämtliche Verunreinigungen von der kompletten Brille – innerhalb von wenigen Minuten.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 09/2021 ab Seite 110.

Birgit Frohn, Diplombiologin und Medizinjournalistin

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