Süßstoffe
ZUCKERERSATZ FÜR DIABETIKER
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Die Dosis macht das Gift. Dies trifft auch auf die Verwendung von Süßstoffen zu. Wurden sie bis vor wenigen Jahren uneingeschränkt als Ersatz zu Zucker empfohlen, ist die Lage heute anders: Ernährungsexperten empfehlen sie moderat einzusetzen. Ähnlich wie bei Salz kann sich dank Konsum großer Mengen der energiefreien Süßstoffe die Reizschwelle für süßen Geschmack erhöhen.
Dies birgt die Gefahr, dass das Verlangen nach Süßem steigt und sich der Gaumen sukzessive an einen hohen Süßgeschmack gewöhnt. Dennoch sind sie, insbesondere für Menschen mit Diabetes, nach wie vor eine wichtige Unterstützung Zucker und damit blutzuckerwirksame Kohlenhydrate und Kalorien einzusparen.
Nicht alles in einen Topf werfen
Denkt man an Süßstoffe, heißt es oft: „Ach, davon kriegt man Durchfall und Blähungen, die sind unverträglich.“ Physikalisch betrachtet ist das so nicht richtig. Denn künstliche Süßstoffe wie beispielsweise Saccharin, Cyclamat, Aspartam, Stevia (Steviolglykoside) oder Sucralose haben keine Auswirkungen auf den Darm und somit verursachen sie keinerlei gastrointestinale Beschwerden.
Anders verhält es sich hier bei verschiedenen Zuckeraustauschstoffen, auch Zuckerersatz- oder Zuckeralkohole, obwohl sie völlig alkoholfrei sind. Beim Konsum von Sorbit, Maltit, Isomalt oder Fruchtzucker können Blähungen, Durchfall oder Völlegefühl auftreten. Wie stark diese ausgeprägt sind, ist individuell verschieden. Lediglich der Zuckeraustauschstoff Erythrit/Erythritol verursacht diese Beschwerden in der Regel nicht. Welche Süßstoffe bieten sich für den Konsum an und werden im Handel angeboten?
Die Klassiker: Saccharin und Cyclamat
Süßstoffe sind keine Erfindung der Neuzeit. So ist Saccharin der älteste bekannte Süßstoff. Entdeckt wurde er 1879 und wird auch heute noch in der Lebensmittelindustrie und als Kombiprodukt mit beispielsweise Cyclamat angeboten. Klassische Süßstofftabletten, flüssiger Süßstoff oder Streusüße besteht oft aus einer Kombination von Saccharin und Cyclamat. Da Süßstofftabletten teils Laktose enthalten, sind sie nicht zwangsläufig vegan. Hier lohnt sich der Blick auf die Zutatenliste des jeweiligen Produktes.
Gerne wird Saccharin mit Saccharose, dem Fachbegriff für konventionellen weißen Haushaltszucker, verwechselt. Doch Saccharin ist 300- bis 500-mal süßer als Haushaltszucker. In der Zutatenliste wird er auch mit seiner E-Nummer E954 angegeben. Die von der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) empfohlene, täglich gesundheitlich unbedenkliche Höchstmenge (ADI-Wert) liegt bei fünf Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Sein Geschmack und die hohe Süßkraft bleiben bei heißen und kalten Temperaturen stabil.
In Verruf geriet Saccharin, da es möglicherweise den Blutzuckerspiegel beeinflussen kann.
Hier wurden eine tierexperimentelle Studie sowie eine Studie mit sieben Testpersonen durchgeführt. Allerdings lassen sich von dieser kleinen Studie keine Rückschlüsse auf größere Personengruppen schließen.
Im Vergleich zu Saccharin ist die Süßkraft von Cyclamat (E952) lediglich 30- bis 50-mal höher als Zucker. Sein ADI-Wert liegt bei null bis sieben Milligramm pro Kilo Körpergewicht. Cyclamat ist ein bewährter Süßstoff, der gerne mit Saccharin kombiniert wird. Ähnlich wie Saccharin eignet es sich auch zum Backen und Einfrieren. Hinzu kommt, dass er sehr lange lagerfähig ist. Normalerweise wird das energiefreie Cyclamat im Körper nicht verstoffwechselt und mit dem Urin wieder ausgeschieden. Lediglich eine kleine Gruppe von Menschen verfügt über bestimmte Darmbakterien, die Cyclamat zu einem geringen Anteil kalorisch verwerten können. Dennoch ist dieser Gehalt verschwindend gering, sodass er in wohldosierter Menge als Süßungsmittel möglich ist.
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Jüngere Süßstoffe im süßen Portfolio
Die Forschung im Hinblick auf neue Süßstoffe steht nicht still. So gehört Sucralose (E955), seit 2004 europaweit zu den energiefreien Süßstoffen. Im Angebot ist er zum Streuen, als Tablette oder flüssig. Dank seiner guten Löslichkeit in Wasser setzt die Industrie diesen kalorienfreien Süßstoff häufig in Soft-Getränken ein. Entweder als Ersatz für Zucker oder in Kombination mit anderen Süßstoffen.
Auch hier sind die benötigten Mengen minimal, denn Sucralose ist 600-mal süßer als Zucker. Die im Handel angebotenen Sucralose-Produkte eigenen sich zum Kochen, Backen und bleiben auch beim Einfrieren stabil in ihrer Süßkraft. Sein ADI-Wert liegt bei 15 Milligramm pro Kilo Körpergewicht.
Der neuste Süßstoff, Zulassung in Europa 2011 ist Stevia, genauer genommen Steviolglykoside (E960). Gerne als besonders „natürlich“ angepriesen, ist der Gewinnungsprozess der zugelassenen Steviolglykoside ein chemisches Verfahren. Der Name Stevia wird umgangssprachlich verwendet. In Zutatenlisten sind Hersteller verpflichtet, die genannten Bezeichnungen zu verwenden. Denn unter den Begriff Stevia fällt die komplette Pflanze. Als Lebensmittelzusatz sind in Europa nur die Glykoside (als Extrakt aus Steviablättern) zugelassen. Seine Süßkraft ist 200- bis 400-mal süßer als Haushaltszucker.
Der junge Süßstoff hat einen metallisch-lakritzartigen Nachgeschmack. In Tees mit Süßholzwurzel oder in zuckerreduziertem Lakritz bietet er sich geschmacklich an. In Kombination mit anderen Süßstoffen, Erythrit oder Xylit verschwindet sein dominanter Nachgeschmack.
Stevia hat einen ADI-Wert von vier Milligramm je Kilo Körpergewicht. Beachten Sie, dass Menschen mit niedrigem Körpergewicht, zum Beispiel Kinder, den ADI-Wert beim Genuss von Getränken mit Stevia schnell und leicht überschreiten können. Steviolglykoside sind für zahlreiche Lebensmittelgruppen zugelassen. Außerdem gibt es in jedem Supermarkt, Discounter oder Drogeriemarkt Stevia als Flüssig- oder Streusüße und teils als Tablette zu kaufen. Mit Stevia lässt sich Kochen, Backen und auch Einfrieren.
Aspartam – Süßstoff mit Diskussionsbedarf
Angeboten wird er als Streusüße, in Tabletten- oder Pulverform. Der Süßstoff schmeckt etwa 200-mal süßer als herkömmlicher Zucker. So erklärt sich auch, dass von Aspartam (E951) nur sehr wenig nötig ist, um Gerichte und Getränke zu süßen. Der Süßstoff besteht aus Eiweißbausteinen und ist deshalb nicht völlig kalorienfrei. Aspartam verliert bei hohen Temperaturen oder längerer Lagerung an Süßkraft. Deshalb bietet sich dieser Süßstoff lediglich für Backwaren an, die kurz und nicht zu heiß gebacken werden. Zum Beispiel Kekse oder Biskuitteig.
Aspartam enthält die Aminosäure Phenylalanin und ist deshalb für Menschen mit der seltenen Erbkrankheit „Phenylketonurie“ ungeeignet. Im Rahmen der akzeptablen täglichen Höchstmenge (ADI-Wert) liegt Aspartam bei 40 Milligramm pro Kilo Körpergewicht. Aktuell gibt es vermehrt Meldungen, dass Aspartam das Risiko für Krebs erhöhen soll. So stuft die Internationale Agentur für Krebsforschung, kurz IARC, Aspartam als „möglicherweise krebserregend für den Menschen“ ein. Was so viel bedeutet, dass es Hinweise dafür gibt, aber die Datenlage nicht eindeutig ist.
Nach aktuellem Kenntnisstand sind die üblichen Verzehrmengen unbedenklich. Für Aspartam bedeutet das, es gibt begrenzte Hinweise für eine krebsfördernde Wirkung in Tierversuchen und beim Menschen, insbesondere für Leberzellkrebs. Möglicherweise führt die Aufnahme des Süßstoffs zu oxidativem Stress und chronischen Entzündungen, was eine Tumorentwicklung fördert. Allerdings sehen die Experten der IARC keine überzeugenden Belege für ein konkretes Krebsrisiko durch die Aufnahme von Aspartam. Sie empfehlen sich am entsprechenden ADI-Wert zu orientieren.
Praxistipps
● Künstliche Süßstoffe wie Sacharin, Cyclamat, Sucralose, Stevia und Aspartam sind (fast) kalorienfrei und haben keine Auswirkungen auf Gewicht und Blutzucker.
● Sie verursachen weder Blähungen, Völlegefühl noch Durchfall.
● Empfohlen werden sie in kleinen Mengen, damit sich der Gaumen nicht zu stark an die süße Geschmacksrichtung gewöhnt.
● Bis auf Aspartam sind alle genannten Süßstoffe zum Kochen und Backen geeignet.
● Für jeden Süßstoff gibt es Mengenempfehlungen für die tägliche, gesundheitlich unbedenkliche Aufnahmemenge, genannt ADI-Wert.