Kleidung im Sand.© FTiare / iStock / Getty Images

NUDISTEN – BLANK ZIEHEN AUSSERHALB DER EIGENEN VIER WÄNDE

Wer sich auch gerne draußen nackt aufhält, ist nicht zwangsläufig Exhibitionist oder macht das gar aus einer sexuellen Motivation heraus. Anhänger der Freikörperkultur sehen sich mit vielen Vorurteilen konfrontiert – wir klären die Begrifflichkeiten.

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Für viele ist es befremdlich, dass es Menschen gibt, die sich außerhalb ihrer vier Wände nackt bewegen möchten, insbesondere wenn es um Aktivitäten wie Sport oder Wandern geht. Daher kommt es Anhängern der Freikörperkultur gegenüber nicht selten zu Vorurteilen und Missverständnissen, die auf dem Mangel an Wissen beruhen. 

Das Wort Nudismus leitet sich von dem lateinischen Wort „nudus“ ab, was übersetzt „nackt“ bedeutet. Nudisten betrachten die Nacktheit als Teil ihrer persönlichen Lebenseinstellung und sehen keinen Grund für eine schamhafte Bedeckung ihres Körpers. Sie verbringen ihre Zeit, privat und wo es möglich ist öffentlich, am liebsten nackt. Die Nacktheit in der Sauna oder unter der Dusche sind nicht dem Nudismus zuzuordnen.

Rechtslage in Deutschland

Nacktheit ist mittlerweile in Deutschland größtenteils akzeptiert und in vielen Situationen erlaubt, solange vor Ort keine Regeln dagegensprechen, sich niemand belästigt fühlt und man kein sogenanntes öffentliches Ärgernis erregt. Dann stellt Nacktheit eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld geahndet wird. Im Einzelfall entscheidet ein Richter darüber, ob es erlaubt ist, nackt zu sein. Vor Gericht landen Fälle jedoch selten, häufig drücken die Behörden beide Augen zu.

Nackt sein als Befreiung für den Körper

Auch bei der Freikörperkultur (FKK) gehört das Nacktsein zur Lebenseinstellung der Menschen. Nacktsein gilt als natürlicher Zustand, es gibt demnach keinen Grund für Schamgefühle, wenn man nicht mit Kleidung bedeckt ist. Die Nacktheit wird gemeinschaftlich praktiziert und von FKKlern als befreiend erlebt. Sowohl in der Öffentlichkeit (bei Hobbies wie Radfahren, Kanufahren, Wandern) als auch im privaten Umfeld (im Haus oder Garten) halten sie sich nackt auf.

Sie verbringen ihre Zeit auch gerne in natürlichen Umgebungen, wie etwa zum Baden am Strand, und distanzieren sich mitunter von Neuerungen der Zivilisation. Immer häufiger finden sich hierfür abgetrennte Bereiche wie FKK-Strände oder Campingplätze. Das Nacktsein der Freikörperkultur hat dabei keinen sexuellen Bezug. Der Unterschied zwischen Nudisten und FKKlern besteht darin, dass sich letztere über einen Verein organisieren.

Naturisten
Anhänger des Naturismus möchten im Einklang mit der Natur leben. Sie empfinden Kleidung als etwas Störendes in ihrer natürlichen Umgebung. Im Vordergrund ihrer Einstellung steht allerdings der Respekt vor der Natur sowie ein bewusster und gesunder Umgang mit dem eigenen Körper.

Nackt am Strand – Schamgefühl bleibt zuhause

Wer zum ersten Mal einen FKK-Strand besucht, sollte sich vorher darüber klar sein, warum die Menschen nackt sind. Es geht nicht darum, sich zu präsentieren, sondern gesellschaftliche Zwänge loszulassen. Schamgefühle sind demnach nicht angebracht. An einem FKK-Strand fühlt sich jedermann unabhängig von Alter und Figur auch ohne Kleidung wohl.

Es gibt allerdings auch einige Tabus: Anstarren anderer Personen ist ebenso verpönt wie Worte über ihre Figur. Das heißt natürlich nicht, dass die anderen Badegäste ignoriert werden müssen. Es gilt, sich ganz normal zu verhalten, wie man es an jedem anderen Strand auch tun würde. In Zeiten, in denen das Smartphone fast überall dabei ist, gilt es ebenfalls zu beachten, dass man auf keinen Fall Fotos machen sollte, auf denen andere Badegäste nackt zu sehen sind. Dies würde rasch dazu führen, des Strandes verwiesen zu werden.

FKK mit Auflagen

Unabhängig davon, ob sie einer FKK-Bewegung angeschlossen sind, schwimmen einige Menschen im Sommer gerne nackt und fühlen sich im Wasser frei von allen Zwängen – schwerelos im Wasser, ohne einengende Kleidung. Man sollte sich jedoch vorher stets erkundigen, wo Nacktbaden gestattet ist. Vor allem in arabischen Ländern gilt Nacktsein als unmoralisch und ist sogar strafbar, sodass hier besondere Vorsicht geboten ist. Es kann sinnvoll sein, sich einer Gruppe von Menschen, die nackt baden gehen, anzuschließen, denn hier wird das Nacktsein nicht als Provokation erlebt.

Sonnenschutz ist bei FKK besonders wichtig, denn es fehlt die schützende Textilschicht.

Wer nackt baden gehen möchte, sollte sich vorher informieren, an welchen Stränden es FKK-Bereiche gibt. Viele Städte bieten auch FKK-Tage an, an denen man im Schwimmbad auf Kleidung verzichten darf.

Nacktsein mit anderer Motivation

Innerhalb der Freikörperkultur verliert die Nacktheit ihre sexuelle Bedeutung: Durch den gewohnheitsmäßigen Anblick nackter Körper beider Geschlechter löst sich dieser Zusammenhang, auch wenn eine gewisse Neugierde am Körper anderer Menschen bestehen bleibt – so viel ist durch wissenschaftliche Studien und Erfahrungsberichte nachgewiesen. Exhibitionismus und Voyeurismus verlieren in diesem Zusammenhang somit ihre Motive. 

Beim Voyeurismus handelt es sich um eine sexuelle Störung, die in den meisten Fällen Männer betrifft. Ein Voyeur erlangt durch das heimliche Beobachten von nackten oder sich entkleidenden Personen oder von Paaren sexuelle Erregung und Befriedigung.

Beim Exhibitionismus hingegen empfinden Betroffene Lust, wenn sie sich vor anderen Personen nackt zeigen und/oder in der Öffentlichkeit masturbieren. Die Befriedigung entsteht auch durch das bewusste Erschrecken anderer Personen durch die exhibitionistische Handlung. Exhibitionismus und Voyeurismus sind Gegenstücke, beide sind den paraphilen Störungen zuzuordnen und stehen in keinem Zusammenhang zur Freikörperkultur.

Martina Görz

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