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Mangelerscheinungen durch Dauermedikation

MIKRONÄHRSTOFF-RÄUBER

Viele Arzneistoffe nehmen Einfluss auf den Mikronährstoffstatus. In der Daueranwendung können sie zu Dieben werden. Andererseits können Mikronährstoffe die Substanzen auch in ihrer Wirkung unterstützen.

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Die Gefahr, dass ein Kunde mit bestimmten Mikronährstoffen unterversorgt ist, steigt, wenn die vorhandene Dauermedikation mit zusätzlichen Risikofaktoren verknüpft ist. Dazu gehören höheres Alter (über 65 Jahre), Multimorbidität, Polypharmakotherapie, eine einseitige Ernährungsweise, chronische Erkrankungen des Gastrointestinal-Traktes (z.B. Colitis ulcerosa, atrophische Gastritis) oder Alkoholismus. Beurteilt man den Mikronähstoffstatus, sollte daher immer die konkrete Situation des Einzelnen betrachtet werden. Eine routinemäßige wirkstoffspezifische Supplementierung macht in der Regel keinen Sinn.

B-Vitamin-Status im Fokus Zu den am häufigsten anzutreffenden Wirkstoffen in der Apothekenpraxis gehören die Protonenpumpenhemmer. Diese vermindern in den Belegzellen des Magens sowohl die Produktion von Magensäure als auch die Synthese von Proteasen und des Intrinsic Factors (IF). Vitamin B12 wird durch Proteasen aus seiner (Nahrungs-) Eiweißbindung freigesetzt und gebunden an den IF aus dem Dünndarm in den Körper aufgenommen. Durch die verminderte Säureproduktion kommt es zudem zu einer stärkeren Alkalisierung des Dünndarms und einer damit einhergehenden veränderten bakteriellen Besiedlung.

Diese Bakterien bewirken zum einen den Abbau von B12 zu unwirksamen Derivaten (Cobalamide) und synthetisieren zum anderen bestimmte Substanzen, die mit dem Vitamin um den Rezeptor konkurrieren. Letztlich kommt es zu einer verminderten Vitamin-B12-Aufnahme und langfristig besteht die Gefahr einer entsprechenden Mangelsymptomatik. Auch Metformin kann die Vitamin B12-Versorgung beeinträchtigen, indem es dessen Calcium-abhängige Aufnahme aus dem Darm hemmt. Manche Antikonvulsiva (z.B. Valproat, Carbamazepin) und die trizyklischen Antidepressiva beeinträchtigen ebenfalls die Versorgung mit verschiedenen B-Vitaminen (B2, Biotin, Folsäure), genauso wie der zur Behandlung entzündlicher Darmerkrankungen verwendete Wirkstoff Sulfasalazin.

Er vermindert die Resorption von Folsäure, was bei dieser Patientengruppe aufgrund der ohnehin bestehenden Malabsorption als besonders kritisch zu bewerten ist. Bei oralen Kontrazeptiva wird ein Zusammenhang zwischen der langfristigen Einnahme und einem erhöhten Bedarf an verschiedenen B-Vitaminen (B2, B6, B12, Folsäure), Magnesium und Vitamin C kontrovers diskutiert. Empfehlungen, generell zu supplementieren, gibt es aber nicht. Alle Arzneistoffe, die den Pregnan-X-Rezeptors stimulieren und so den Vitamin-D-Abbau und damit ein Sinken des Vitamin-D-Spiegels begünstigen, können nachteilige Wirkungen auf den Knochen- und Muskelstoffwechsel haben. Hierzu zählen beispielsweise bestimmte Antikonvulsiva, Glucocorticoide und Antiestrogene. Mit Beginn einer langfristig geplanten oralen Glucocorticoid-Therapie sollte die Einnahme von Vitamin D (1000 I.E./d) und eine ausreichende Calciumzufuhr (500-1000 mg/d, über die Nahrung oder als Supplement) empfohlen werden.

Elektrolythaushalt ausgeglichen? Schleifendiuretika und Thiazide bewirken eine erhöhte Ausscheidung von Kalium und Magnesium, wodurch es zu Störungen in der Erregbarkeit des Herz- und Skelettmuskels kommen kann (nächtliche Wadenkrämpfe, Arrhythmien). Indem sie die Reabsorption steigern, können Thiazide eine Hypercalcämie begünstigen, kaliumsparende Diuretika eine Hyperkaliämie. Auch Antihypertonika, die über das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System wirken (ACE-Hemmer, Sartane), können mit dem Elektrolythaushalt interagieren: Sinkt der Aldosteronspiegel, sinkt auch die Kalium-Ausscheidung in der Niere, die Natrium-Ausscheidung hingegen steigt.

Die Kombination solcher Antihypertonika mit Arzneistoffen, die den Kaliumspiegel ebenfalls erhöhen, kann zu klinisch relevanten Symptomatiken führen. Eine Selbstmedikation mit kaliumhaltigen Elektrolyt- oder Vitaminpräparaten ist bei diesen Wirkstoffkombinationen kritisch zu überdenken. Der oft beschriebene Kaliumverlust bei Laxanzienabusus spielt bei bestimmungsgemäßem Gebrauch der Präparate keine Rolle. Die Leitlinie empfiehlt Bisacodyl, Natriumpicosulfat und die Anthrachinone auch für die Daueranwendung.

Mikronährstoffe als Unterstützer einer Arzneimitteltherapie Studien deuten darauf hin, dass ein optimaler Vitamin-D-Status über den hemmenden Einfluss auf das Renin-Angiotensin-System den Bedarf an Antihypertonika verringern kann. Auch Magnesium scheint die Wirkung von Antihypertensiva unterstützen zu können und Eisen kann einen positiven Einfluss auf einen ACE-Hemmer-Husten haben (bei vorliegendem Eisenmangel). Vitamin D verbessert möglicherweise die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Statinen und wirkt, besonders bei einem vorliegenden Vitamin-D-Mangel, gemeinsam mit Q10 den gefürchteten Muskelsymptomen infolge unerwünschter Wirkungen entgegen.

Bei den zur Behandlung der Osteoporose eingesetzten Bisphosphonaten sollte unter der Therapie eine ausreichende Calciumzufuhr gewährleistet sein. Die Leitlinie empfiehlt als Basistherapie eine Zufuhr von Calcium (1000 mg/d) und Vitamin D (800-1000 I.E./d). Da die Bisphosphonate mit Calcium einen Komplex bilden, ist unbedingt ein Einnahmeabstand von mindestens zwei Stunden einzuhalten. Die begleitende Einnahme von Magnesium ist sinnvoll, da es an vielen enzymatischen Prozessen des Vitamin-D-Stoffwechsels beteiligt ist (300 mg/d).

Das Spurenelement Selen hat eine essenzielle Bedeutung in der Synthese der Schilddrüsenhormone T3 und T4. Studien deuten darauf hin, dass sich eine ausreichende Selen- und Vitamin-D-Zufuhr besonders beim Vorliegen der entzündlichen Hashimoto-Thyreoiditis oder des Morbus Basedow positiv auf die klinischen Symptome und die Lebensqualität der Patienten auswirken können. Da die Bildung der Schilddrüsenhormone auch von Eisen abhängig ist, sollte bei einer Schilddrüsenerkrankung immer ein Eisenmangel ausgeschlossen werden. Wird ein vorhandener Eisenmangel kompensiert, kann das auch das Ansprechen auf eine Therapie mit L-Thyroxin verbessern.

Was also empfehlen? Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es nur sehr wenige generelle, wissenschaftlich fundierte Supplementations-Empfehlungen im Rahmen einer Langzeitanwendung von Arzneistoffen gibt. Keinesfalls sollte hinter jeder Dauermedikation ein Mikronährstoffmangel vermutet werden. Doch wenn Sie sich mit möglichen Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln und Mikronährstoffen gut auskennen, kann das dazu beitragen, bestimmte Symptome und Laborwerte richtig zu interpretieren und ein eventuell vorhandenes Mikronährstoffdefizit zu erkennen. Manche Autoren plädieren dafür, den Vitamin-D-Status prinzipiell bei jeder Langzeitmedikation zu kontrollieren. Gerade, wenn Sie ältere, multimorbide Patienten mit Polymedikation beraten, sollten Sie an einen ausgeglichenen Elektrolythaushalt und eine ausreichende Versorgung mit den Vitaminen D, Vitamin B12 und Folsäure denken.

Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe Senioren von DIE PTA IN DER APOTHEKE ab Seite 52.

Christa Schuchmann, Apothekerin

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