Medizingeschichten
VATER DER MIKROBIOLOGIE
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Robert kommt als eines der dreizehn Kinder des Geheimen Bergrates Hermann Koch auf die Welt, bringt sich mit vier Jahren selbst Lesen und Schreiben bei, kommt mit sieben bereits aufs Gymnasium und hat bald einen festen Berufswunsch: Er möchte Lehrer werden. Gut, dass er es nicht getan hat.
Ein Familienmitglied zeigt ihm den Umgang mit dem Mikroskop. Robert Koch ist fasziniert von der damals neuartigen Welt der Fotografie. Nach der Schule folgt 1862 das Studium in Göttingen. Ein Semester nur, dann wechselt Koch von Philologie zur Medizin. Er wird noch vor dem Examen promoviert. Koch wird Assistenzarzt, unterhält eine eigene Praxis, heiratet 1867 die Tochter des Generalsuperintendenten, Emmy Fraatz. Ein Jahr später wird sein einziges Kind Gertrud geboren. Die Auflösung dieser Ehe nach 16 Jahren wird zu einem privaten Skandal: Der alternde Mann heiratet die 21-jährige Hedwig Freiberg, und das ist ihm nur möglich, da wenige Jahre zuvor Scheidungen im Deutschen Reich legal geworden waren. Zuvor kauft er sein Elternhaus in Clausthal zurück und lässt seine erste Frau wohlversorgt darin wohnen.
Entstehung von Milzbranderregern entdeckt
1870 meldet sich Koch freiwillig als Militärarzt, legt nach seiner Rückkehr zusätzlich das Physikatsexamen ab, wird Kreisphysikus in Posen. Hier endlich findet er Zeit für die erste seiner bahnbrechenden Entdeckungen. Ihm gelingt die Ursache der Entstehung (Ätiologie) von Milzbranderregern nachzuweisen. Man ging vor Pasteur und Koch noch davon aus, dass Bakterien durch „Urzeugung“, noch dazu von giftigen Dämpfen aus dem Erdreich („Miasmen“) verursacht würden und sich je nach Umweltbedingungen veränderten, also im Grunde alle aus einer einzigen Art stammten. Koch kann den Lebenszyklus des stäbchenförmigen Bacillus anthracis lückenlos darlegen. Mit der „Technik des hängenden Tropfens“ kultiviert er die Bakterien in Nährflüssigkeit, beobachtet die Bildung von Sporen, die er in einer besonderen Färbemethode mit Methylenblau darstellt. Er züchtet das Bakterium außerhalb des lebenden Körpers; und es gelingt ihm, Meerschweinchen damit zu infizieren.
Vier Postulate
Koch stellt seine berühmten vier Postulate für Infektionskrankheiten auf. Die besagen: Erstens muss ein Keim regelmäßig im erkrankten Organismus nachweisbar sein. Zweitens muss er in Reinkultur nachgezüchtet werden können. Die Krankheit muss danach drittens experimentell auf ein Versuchstier übertragen werden können und sich viertens erneut isolieren lassen. Koch weist in Tierversuchen nach, dass jede Erkrankung durch ihre eigene spezifische Bakterienform verursacht wird. Übrigens ist ihm dabei die von Julius Petri 1887 entwickelte Schale zur Anzüchtung von Bakterien eine große Hilfe; die Nährlösung Agar-Agar erfindet ein Mitarbeiter.
Leiter der bakteriologischen Abteilung
Kochs Mikroorganismen und ihr Nachweis erregen Begeisterung in der Fachwelt. Der Mann mit dem weißen Spitzbart wird Leiter der bakteriologischen Abteilung am Kaiserlichen Gesundheitsamt in Berlin. Koch entdeckt das Mycobacterium tubercolosis. Der Kaiser ernennt ihn daraufhin zum Geheimen Regierungsrat. Der Tuberkuloseerreger soll Koch seine einzige Niederlage bescheren; das von ihm entwickelte Gegenmittel „Tuberkulin“ hält der Wirklichkeit nicht stand; erst als es Todesfälle gibt, zieht Koch das Mittel zurück. Koch hat schlicht schlampig gearbeitet und den Extrakt aus Tuberkelbazillen in Glycerin nicht genügend im Tierversuch getestet, sodass das „Tuberkulin“ der Krankheit Vorschub leistete anstatt den Körper immun zu machen.
Doch er ist schon zu berühmt, als dass ihm dieser Stolperstein in seinem Leben schaden könnte. Koch, der inzwischen Leiter des Instituts für Hygiene der Berliner Universität ist, wird Chef einer weiteren Behörde: Man ernennt ihn 1885 zum Direktor des neu gegründeten Instituts für Infektionskrankheiten, das später seinen Namen tragen soll. Es wird das Pendant zum ebenfalls frisch eröffneten Institut Pasteur in Paris. Mit Louis Pasteur verbindet ihn inzwischen eine herzliche Abneigung. Beide forschen ja am selben Objekt (Milzbrand- und Tollwuterreger), der letzte gemeinsame Vortrag der beiden mündet durch einen Übersetzungsfehler des Dolmetschers unbeabsichtigt in eine Flut von persönlichen Beleidigungen; dabei sind im Nachhinein betrachtet ihre Schlussfolgerungen in Bezug auf Impfungen sehr ähnlich.
Richtige Maßnahmen
1892 bricht in Hamburg die letzte große Cholera-Epidemie in Deutschland aus. Koch reist in die Hansestadt und ist entsetzt über die hygienischen Zustände im „Arme-Leute-Viertel“; er setzt Seuchenbekämpfungsmaßnahmen wie den Anschluss der Toiletten an die Kanalisation durch, fordert die Bevölkerung auf, das Trinkwasser abzukochen. Koch tut damit das einzig Richtige: Er geht davon aus, dass die Erkrankung durch ein Bakterium verursacht wird. Nach Abklingen der Epidemie wird ein „Reichsseuchengesetz“ erlassen, in dem erstmals bakteriologische Reihenuntersuchungen, die Meldepflicht erkrankter und die Überwachung ansteckungsverdächtiger Personen sowie bestimmte Desinfektionsmaßnahmen festgeschrieben sind.
Nobelpreis für Medizin
Gegen Ende seines Lebens wendet sich Koch der Tropenmedizin zu und begibt sich auf die Spur der Schlafkrankheit. 1905 erhält der weltberühmte Forscher für seine Erforschung der Tuberkulose den Nobelpreis für Medizin. 1907 – er ist bereits im Ruhestand - reist er noch nach Italien, Indien, Afrika und in die Südsee, um der Wissenschaft willen. Doch Robert Koch ist schon lange nicht mehr gesund; er hat sich unter anderem mit Malaria infiziert und sein Herz ist schwach. Im Mai 1910 stirbt er, 65-jährig, während eines Sanatoriums-Aufenthaltes.
Als das Robert-Koch-Institut wenig später seinen Namen erhält, soll zu seinen Kernaufgaben die „Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von übertragbaren und nicht übertragbaren Krankheiten“ gehören. Auch die Ständige Impfkommission (STIKO) hat hier ihren Sitz. Die Urne mit der Asche Robert Kochs steht übrigens an „seinem“ Institut für Infektionskrankheiten in einem eigens geschaffenen Mausoleum.
Quellen:
https://www.aerzteblatt.de/archiv/80150/Biografie-Ungewoehnliche-Lebenswege
https://www.dhm.de/lemo/biografie/robert-koch
https://www.rki.de/DE/Content/Institut/Geschichte/Robert_Koch.html