Eine Frau im Kasack und mit umgehängtem Stethoskop sitzt am Computer. Der Bildschirm zeigt Tabellen mit Kalkulationen. Außerdem hält sie Papiere in der Hand.© AndreyPopov / iStock / Getty Images Plus
Laut Gutachten haben wir in Deutschland überdurchschnittlich viele Fachkräfte im Gesundheitswesen – wir nutzen sie aber unstrukturiert.

Gutachten Fachkräftemangel

VIEL PERSONAL IM GESUNDHEITSWESEN – ABER KEIN EFFIZIENTER EINSATZ

Der Sachverständigenrat Gesundheit & Pflege hat ein Gutachten zu Fachkräften vorgelegt. Sein Titel ist Programm: „Nachhaltiger Einsatz einer knappen Ressource“. Der Ratsvorsitzende Professor Hallek sagt: Wir geben zu viel Geld aus dafür, dass Patienten nicht optimal versorgt sind.

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Der Fachkräftemangel im bundesdeutschen Gesundheitswesen ist in aller Munde. „Wir brauchen mehr Personal“ – so lautet eine Forderung nahezu jeder Berufsgruppe. Mit dem Gutachten zur Situation der Fachkräfte im Gesundheitswesen schließt sich der Sachverständigenrat Gesundheit & Pflege (SVR) dieser verbreiteten Ansicht allerdings nicht an, im Gegenteil:
Vergleiche man Deutschlands Zahl an Ärzten und Pflegekräften mit der anderer Länder, liege man „durchaus in der Spitzenposition“.

Darauf verwies der Ratsvorsitzende Professor Michael Hallek am 25. April in Berlin. In der Pflege kommen 12 Arbeitskräfte auf 1000 Einwohner, bei den Ärzten 4,5 Arbeitskräfte:
„Das sind hohe Werte.“ Er findet außerdem: Wir geben zu viel Geld aus dafür, dass Patienten nicht optimal versorgt sind, denn: „Wir sind brutal umständlich organisiert in Deutschland.“

Viele Fachkräfte vorhanden?

Die Anzahl der Beschäftigten im Gesundheitswesen ist in den vergangenen zehn Jahren um knapp 20 Prozent gestiegen. Mittlerweile arbeiten 1,2 Millionen Menschen in der Krankenpflege, 700.000 in der Altenpflege.
Außerdem sorgen 500.000 Ärztinnen und Ärzte sowie 700.000 Medizinische Fachangestellte (MFA) für die Gesundheit der Bevölkerung.

Auf diese drei Gruppen hat sich der Rat konzentriert, aber: Für eine qualitativ hochwertige Versorgung seien „viele andere Berufsgruppen ebenso unverzichtbar“. Und seine Empfehlungen ließen sich übertragen.

Besser strukturieren statt mehr Fachkräfte

Hallek machte klar, dass es an vielen Stellen im System strukturelle Mängel gibt: „Immer mehr Einstellungen werden keines der Probleme lösen.“ Aufgrund des Wettbewerbs um Fachkräfte und zu wenig junge Menschen am Arbeitsmarkt sei das auch gar nicht machbar:
„Wir müssen beginnen, mit der Verschwendung der Ressource Fachkräfte aufzuhören.“ Es brauche an vielen Stellen

  • eine neu strukturierte Aufgaben- und Verantwortungsverteilung innerhalb und zwischen den Gesundheitsberufen,
  • eigenverantwortliches, wertgeschätztes Arbeiten,
  • familienfreundliche, verlässliche Arbeitsbedingungen
  • und eine effiziente Nutzung digitaler Möglichkeiten.

Be- und Überlastung im Gesundheitswesen

Personalengpässe und damit einhergehenden Zeitdruck der Fachkräfte bis zur Überlastung leugnen die Sachverständigen nicht. Sie verweisen auf eine häufig „belastende Arbeitszeit- und Arbeitsorganisation“.
Die Versorgung im Krankenhaus mit vergleichsweise vielen Fällen und langen Aufenthalten binde zu viel Personal. „Wir brauchen diese Arbeitskräfte in anderen Bereichen dringend“, betonte Ratsmitglied Professor Jonas Schreyögg. Allein weniger Patienten in den Notaufnahmen der Kliniken könnten für enorme Entlastung sorgen.

Und PTA?

Apothekenberufe kommen im Gutachten nur an wenigen Stellen vor. So wird angemerkt, dass MFA eine wichtige Schnittstelle zu anderen Akteuren darstellten, „wie Pflegediensten und Apotheken“. Die werden auch genannt, wenn es um Verbesserungen im Bereich Multimorbidität und Multimedikation geht.

Ein weiterer Hinweis von Professor Hallek bei der Vorstellung des Gutachtens dürfte auch PTA gefallen. Er hatte unterstrichen, wie wichtig bei MFA Attraktivitätssteigerungen durch Weiterbildung seien: „Jeder Kopf, der helfen kann, sollte auch in die Möglichkeit versetzt werden, sich weiterzubilden.“

Sachverständigenrat Gesundheit & Pflege
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen und in der Pflege (SVR) ist ein seit 1985 gesetzlich verankertes Gremium wissenschaftlicher Politikberatung im deutschen Gesundheitswesen.
Er erstellt Gutachten mit Analysen und Reformvorschlägen. Der SVR ist interdisziplinär besetzt und umfasst sieben Mitglieder, die für die Dauer von vier Jahren vom Bundesminister für Gesundheit berufen werden.


Quellen:
Gutachten „Fachkräfte im Gesundheitswesen. Nachhaltiger Einsatz einer knappen Ressource“

https://www.svr-gesundheit.de/fileadmin/Gutachten/Gutachten_2024/Gutachten_2024_barrierefrei.pdf
Pressekonferenz des SVR am 25.4.2024

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