Eine Frau sitzt am Tisch. An ihrem Arm sieht man einen Blutzuckersensor. Sie hat außerdem das Bedienelement ihrer Insulinpumpe sowie ihr Smartphone in der Hand.© dzika_mrowka/ iStock / Getty Images Plus
Neue Diabetes-Hilfsmittel sammeln Daten und übertragen sie auf andere Geräte - das erforderte eine neue Produktgruppe im Hilfsmittelverzeichnis.

Diabetesmanagement

NEUE PRODUKTGRUPPE FÜR HILFSMITTEL

Im Juni wurde es bereits angekündigt, nun ist es Realität: Einige Hilfsmittel wurden aus der Produktgruppe 03 herausgelöst und eine neue Produktgruppe 30 namens „Hilfsmittel zum Glucosemanagement“ geschaffen. Aber was heißt das jetzt genau?

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Das neue Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) verspricht, die Präqualifizierung für Apotheken zukünftig abzuschaffen. Wie genau das vonstattengehen soll, welche Produkte gemeint sind weitere Details lässt das Gesetz jedoch offen.

Zum 1. September wurden nun einige Hilfsmittel aus der Produktgruppe 03 gelöst und in eine neue Produktgruppe überführt. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) nach „befindet sich in Klärung“, wie sich Apotheken bei der Abgabe dieser Hilfsmittel zukünftig verhalten sollen.

Unsichere Lage

Für einige Apotheken drängt die Zeit: Ihre Präqualifizierungen laufen bald aus oder sind schon abgelaufen. Für sie ist unklar, wie sie sich bei der Belieferung von Hilfsmittelrezepten nun verhalten sollen. Die alleinige Schaffung einer neuen Produktgruppe (PG) hat aber hier zunächst praktisch keinen Einfluss, denn die neue Produktgruppe ist noch nicht in Kraft.

Laut des GKV-SV muss für die Verkündigung im Bundesanzeiger, die für das Inkrafttreten zwingend notwendig ist, noch ein „entsprechendes Verfahren mit erforderlichen Gremienabstimmungen“ erfolgen. Das bedeutet im Klartext: Seit 1.9. gibt es die Produktgruppe zwar, aber sie ist noch nicht wirksam.

Ob für die PG 30, zu der Insulinpumpen, aber auch Pens, Nadeln, Lanzetten und weitere gehören, in Zukunft eine Präqualifizierung nötig ist, ist offen. Laut der Agentur für Präqualifizierung besteht die „Notwendigkeit oder Möglichkeit einer Präqualifizierung“ für die neue PG allerdings auch erst, wenn die sogenannte Fortschreibung der Produktgruppen in Kraft tritt, wenn die Schaffung der neuen PG 30 also wirklich gültig wird. Das Verfahren kann durchaus noch dauern.

Gilt die Präqualifizierung für die alte Produktgruppe weiter?

Einer Sprecherin der GKV äußerte sich zum Thema Präqualifizierung gegenüber apotheke adhoc: Ihren Angaben nach war es in der Vergangenheit möglich, Präqualifizierungsbestätigungen nach Fortschreibungen der PGs zu übernehmen, wenn sie für die entsprechenden Hilfsmittel in ihren vorherigen PGs vorhanden waren. Das könnte zukünftig auch für die Hilfsmittel in der neuen PG 30 gelten. Gleichzeitig schränkt die Sprecherin aber ein, dass zu dem Thema noch Abstimmung mit den Krankenkassen notwendig sei, genauso wie zur Friedenspflicht, wenn für die PG 30 eine Präqualifizierung erforderlich ist.

Um die Präqualifizierung wie versprochen für Apotheken generell abzuschaffen, müssen sich der GKV-SV und der Deutsche Apothekerverband DAV einigen, welche Hilfsmittel als „apothekenüblich“ eingestuft und damit zukünftig von der lästigen Präqualifizierung ausgenommen werden können. Gespräche dazu haben aber noch nicht einmal begonnen.

In der Praxis ändert sich also (noch?) nichts. Die GKV sieht trotz der Ungewissheit in den Apotheken die Versorgung ihrer Versicherten nicht in Gefahr. Für betroffene Apotheken bleibt die Lage weiter unklar.

Warum das alles?

Die Schaffung der PG 30 war notwendig geworden, weil gerade im Bereich Diabetesmanagement viele Innovationen berücksichtigt werden mussten. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen berät den GKV-SV zu allen Fragen des Hilfsmittelverzeichnisses. Er nennt den Grund für den bürokratisch aufwendigen Schritt: Durch die vielen Innovationen wie Insulinpumpen und Zubehör mussten „völlig neue Qualitätsanforderungen an die Produkte“ formuliert werden. Diese werden dann im Hilfsmittelverzeichnis festgelegt. Dieses ist Teil des Sozialgesetzbuches und Änderungen müssen daher komplexe Verfahren durchlaufen.

Denkt man genauer darüber nach, wie die neuen Systeme funktionieren, kann man nachvollziehen, warum neue Kriterien festgelegt werden mussten. Die Sensoren und die Pumpen kommunizieren miteinander über Funk oder Bluetooth, sowie mit einem auf dem Smartphone gespeicherten Algorithmus. Auch wenn die einzelnen Komponenten von verschiedenen Herstellern stammen, muss nicht nur die Sicherheit und Funktionsfähigkeit aller Einzelteile gewährleistet sein. Auch der Datenschutz muss berücksichtigt werden, da es sich um sensible Daten handelt, die auf das Smartphone übertragen werden. Diese dürfen nicht abgegriffen oder gestört werden können, denn das könnte schwere Folgen haben.

Fraglich bleibt nun, wann die neue PG in Kraft tritt und ob dafür eine Präqualifizierung nötig ist. Es bleibt zu hoffen, dass GKV und DAV ihre Gespräche bald aufnehmen, um den Apotheken möglicherweise bald die Präqualifizierung ganz zu ersparen.

Quellen:
https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/apothekenpraxis/pg-30-was-gilt-ab-heute/
https://md-bund.de/fileadmin/dokumente/forum_das_Magazin_des_Medizinischen_Dienstes/Leseproben/Ausgabe_2_2023/forum_2-2023_-_Hilfsmittel_mit_Hightech.pdf
https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/apothekenpraxis/afp-verlangt-nachweis-fuer-verkaufsraum/

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