Ein Mann schlägt sich mit der Faust selbst ins Gesicht.© Image Source / iStock / Getty Images Plus
Bei einer Autoimmunerkrankung richtet der Körper Antikörper gegen körpereigene Strukturen, greift sich also selbst an.

Analyse

AUTOIMMUNERKRANKUNGEN ALS COVID-FOLGE

Die Langzeitfolgen einer COVID-19-Infektion sind noch nicht genau bekannt. Forscher*innen in Deutschland werteten nun einen riesigen Datensatz von Krankenversicherten aus. Ihre Analyse zeigt einen Zusammenhang, über den bisher wenig bekannt war: mit Autoimmunkrankheiten.

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Nach Erkenntnissen deutscher Forscher*innen haben Menschen nach überstandener COVID-19-Infektion deutlich häufiger eine Autoimmunerkrankung als andere. Grundlage ist eine umfangreiche Analyse von Krankenversicherungsdaten. „In allen Alters- und Geschlechtsgruppen traten Autoimmunkrankheiten in der Zeit nach der Infektion signifikant häufiger auf“, sagte Jochen Schmitt vom Universitätsklinikum Dresden.

„In allen Alters- und Geschlechtsgruppen traten Autoimmunkrankheiten in der Zeit nach der Infektion signifikant häufiger auf.“

Die Ergebnisse beziehen sich den Forschenden zufolge jedoch nur auf ungeimpfte Betroffene, die eine nachgewiesene Corona-Infektion mit dem Wildtyp des Virus hatten. Entsprechende Erkenntnisse über andere Varianten des Virus gebe es derzeit nicht.

Fast anderthalb mal so viele Autoimmun-Diagnosen

Der Analyse zufolge kamen bei Menschen mit Corona-Infektion 15,05 Diagnosen einer Autoimmunerkrankung auf 1000 Versichertenjahre, bei Menschen ohne einer solchen Infektion waren es nur 10,55 Diagnosen.

Patient*innen mit einem schwereren Corona-Verlauf hatten ein besonders hohes Risiko. Bestimmte Entzündungen der Blutgefäße wiesen die größten Assoziationen mit COVID-19 auf. Die Ergebnisse sind noch nicht in einem Fachjournal veröffentlicht worden.

Ausgewertet wurden Abrechnungsdaten der Jahre 2019 bis Juni 2021 von 38,9 Millionen gesetzlich Versicherten der AOK Plus, Barmer, DAK-Gesundheit, IKK classic, der Techniker Krankenkasse und von Betriebskassen. In die Analyse gingen Daten von 640 000 Personen mit labormedizinisch nachgewiesener COVID-19-Erkrankung im Jahr 2020 ein, darunter 76 000 mit vorher bestehender Autoimmunerkrankung.

Von den COVID-Patienten, die zuvor keine Autoimmunerkrankung hatten, entwickelten 6489 erstmals eine solche Krankheit. COVID-Infizierte und je drei Nicht-Infizierte mit ähnlichen Eigenschaften wurden anhand von 41 vorab festgelegten Erkrankungen verglichen.

Corona-Langzeitfolgen besser verstehen

Die Studie ist Teil eines vom Robert Koch-Institut und vom Bund geförderten Projekts zu Langzeitfolgen von COVID. Bislang habe es erst wenige Anhaltspunkte auf Autoimmunerkrankungen durch Corona-Infektionen gegeben, schreibt das Team. Um die Zusammenhänge zwischen COVID-19 und diesen Erkrankungen zu verstehen, sei weitere Forschung nötig, sagte Schmitt von der Uniklinik Dresden.

„Künftige Analysen sollten einen Fokus auf chronische Erkrankungen legen, die in der Pandemie entstanden sind.“ Andere Forschende diskutieren derzeit etwa über einen Zusammenhang zwischen COVID-19 und einer länger andauernden Abschwächung des Immunsystems.

Quelle: dpa

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