40 Jahre Aids
AIDS UND HIV IN FILM UND FERNSEHEN
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Infektionskrankheiten sind wegen Corona und der Affenpocken derzeit wieder ein großes Medienthema – so wie es seit Aids (acquired immune deficiency syndrome; erworbenes Immunschwächesyndrom) wohl nicht mehr der Fall war. Vor 40 Jahren, am 27. Juli 1982, bekam die damals mysteriöse neue Krankheit Aids, über die die US-Gesundheitsbehörde CDC erstmals im Juni 1981 berichtet hatte, in Washington bei einer Konferenz ihren Namen. 1983 wurde das auslösende Virus entdeckt, das seit 1986 den Namen HIV trägt. Die Auswirkungen von alledem sind in diesem Zeitraum oft kulturell verarbeitet worden.
Besonders eindrucksvoll sind frühe Filme, die oft klug die Hysterie in der Gesellschaft, die Brüche in der besonders betroffenen Schwulencommunity sowie Ängste und Geschäftemacherei anprangerten.
Bewegende Geschichten
Darunter befinden sich etwa der amerikanische Fernsehfilm „Früher Frost“ (1985), der US-Spielfilm „Buddies“ (1985), Rosa von Praunheims Film „Ein Virus kennt keine Moral“ (1986) und das kanadische Musical „Zero Patience“ (1993) über den angeblichen Patienten Null, der als Flugbegleiter die Seuche in den USA eingeschleppt haben soll.
Der Film „Freundschaft fürs Leben“ (1989) von Norman René greift im Originaltitel „Longtime Companion“ die schamvolle Umschreibung auf, die in den 80ern oft in Todesanzeigen für die Lebensgefährten von Aids-Toten stand. Der Film „Test“ (2013) zeigt dagegen, wie ein schwuler Tänzer im San Francisco der 80er wochenlang auf ein HIV-Testergebnis warten muss – eine Zeit voller Ungewissheit.
Darüber hinaus erzählen manche Werke die Geschichte prominenter HIV-Opfer, etwa von Queen-Sänger Freddie Mercury („Bohemian Rhapsody“ mit Rami Malek) oder vom Musiker Liberace (Steven Soderberghs „Liberace - Zu viel des Guten ist wundervoll“ mit Michael Douglas). Die Netflix-Miniserie „Halston“ von 2021 (mit Ewan McGregor in der Hauptrolle) erzählt vom Untergang des Designers Roy Halston Frowick.
Das ZDF hatte vor zehn Jahren den TV-Film „Blutgeld“ mit Max Riemelt, Lavinia Wilson und Fabian Busch im Programm, der sich mit dem Skandal HIV-kontaminierter Blutprodukte in den 80er Jahren in Deutschland befasste. In den 90ern war im Berlin- und Episodenfilm „Das Leben ist eine Baustelle“ von Wolfgang Becker und Tom Tykwer mit Jürgen Vogel und Christiane Paul eine mögliche HIV-Infektion der Hauptfigur Thema.
Mehr Hintergründe zum HIV und Aids:
Eine Auswahl weiterer wichtiger Spielfilme und Serien zum Thema Aids und HIV
„Philadelphia“: Das Werk von Jonathan Demme aus dem Jahr 1993 war der erste große Hollywoodfilm über Aids. Tom Hanks gewann einen Oscar als bester Hauptdarsteller. Der Film bleibt vor allem bei der Darstellung der schwulen Liebesbeziehung recht vorsichtig. Hanks sagte kürzlich, im Sommer 2022, dem New York Times Magazine, dass er die Rolle heute nicht mehr annähme: „Könnte ein Heterosexueller das, was ich in „Philadelphia“ gemacht habe, heute tun? Nein, und das zu Recht.“ Es sei als Trend okay, „dass wir mehr von einem Film verlangen in der modernen Welt der Authentizität“.
„Dallas Buyers Club“: Der Film des 2021 gestorbenen Jean-Marc Vallée aus dem Jahr 2013 bescherte Matthew McConaughey und Jared Leto Oscars für Ihre Darstellung. Die Geschichte spielt in der Frühphase der Aids-Krise in den 80ern in Texas; der homophobe Rodeo-Macho und Draufgänger Ron Woodroof (McConaughey) erfährt, dass er HIV-positiv ist und nicht mehr lange zu leben hat. Er beginnt Medikamente, die sich noch in der Testphase befinden, zu schmuggeln.
„It's A Sin“: Die Miniserie von 2021 (5 Folgen à 45 Minuten) schildert das tragische Schicksal junger Schwuler im London der 80er, die einer nach dem anderen vom HI-Virus eingeholt werden. Der Titel bezieht sich auf ein Lied der Pet Shop Boys (zu deutsch: Es ist eine Sünde). Drehbuch und Idee stammen vom Autoren Russell T Davies („Queer as Folk“, „A Very English Scandal“).
„120 BPM“: Eindrucksvoller Spielfilm von Robin Campillo, der Anfang der 90er spielt. Es geht um den couragierten Kampf der Pariser Act-up-Aktivistinnen und -Aktivisten. Verknüpft werden eine Liebes- mit der Aktivismusgeschichte gegen Pharmalobby und Diskriminierung.
„Die Liebenden - Von der Last, glücklich zu sein“: In dem Melodram von 2011 spannt Christophe Honoré einen Bogen von den 60ern über Aids bis zur Jahrtausendwende. Besetzt ist der Film unter anderem mit Catherine Deneuve, Ludivine Sagnier, Chiara Mastroianni, Paul Schneider, Louis Garrel und Miloš Forman.
„Sorry Angel“: In diesem Film von 2018 zeigt Christophe Honoré, wie sich ein HIV-positiver Mann (Pierre Deladonchamps), der weiß, dass er bald stirbt, in einen jüngeren Mann verliebt (Vincent Lacoste).
„Wir waren Zeugen“: In diesem französischen Film von 2007 verknüpft André Téchiné verschiedene Reaktionen auf die Virusinfektion in den 80er Jahren in Marseille, darunter ein 20-Jähriger aus der Provinz, der mit einem verheirateten Mann eine Affäre hat, und ein schwuler Arzt, der sich Aidspatienten widmet.
„Precious - Das Leben ist kostbar“: Das Sozialdrama von Lee Daniels aus dem Jahr 2009 mit Gabourey Sidibe (und in einer Nebenrolle Mariah Carey) erzählt von der Selbstbefreiung einer HIV-positiven 16-jährigen New Yorkerin, die vom Vater vergewaltigt, von der Mutter misshandelt und in der Schule gehänselt wird.
„Kids“: Skandalfilm von Larry Clark aus dem Jahr 1995, der gelangweilte Minderjährige in Amerika bei Drogenkonsum und ungeschützem Sex zeigt und damit die sorglose Verbreitung von HIV.
„Same Same But Different“: Drama von Detlev Buck mit David Kross und Apinya Sakuljaroensuk. Der Film von 2009 orientiert sich an den Erinnerungen des Deutschen Benjamin Prüfer, der sich auf einer Asienreise in Kambodscha in eine HIV-infizierte junge Frau verliebte.
„The Normal Heart“: Ryan Murphy verfilmte 2014 ein Theaterstück des Aids-Aktivisten Larry Kramer mit Mark Ruffalo und Julia Roberts. Das Engagement eines schwulen Autoren stößt hier in den 80ern in der Homo-Szene auf Skepsis und die Angst, dass hart erkämpfte Freiheiten Homosexueller wieder beschnitten werden könnten.
„Théo & Hugo“: Der Film von Olivier Ducastel und Jacques Martineau aus dem Jahr 2016 ist gewagt. In einem Pariser Sexclub lernen sich zwei Männer kennen und merken später, dass sie ohne Kondom Sex hatten und einer von ihnen HIV-positiv ist. In Echtzeit werden die beiden Männer begleitet, etwa ins Krankenhaus, wo es die „Nachrisiko-Vorsorge“, die Postexpositionsprophylaxe (PEP), gibt.
Quelle: dpa