Giftpflanzen
PKA-Fortbildung

Gefahr aus dem Garten

So schön die warme Jahreszeit meistens ist: Der Aufenthalt in der Natur hat auch seine Tücken. Dabei denken Sie und Ihre Kunden bestimmt zuerst an lästige Insekten, die den Menschen zu schaffen machen. Aber auch die Flora (Pflanzenwelt) kann es in sich haben.

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Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. November 2024

Alles so schön bunt hier

Am häufigsten kommt es vor, dass Kinder bunte, farbige „Beeren“ essen, wobei es sich botanisch gesehen nicht immer um Beeren handelt. Besser ist daher die allgemeinere Bezeichnung Früchte oder Samen. Bei den Vorfällen handelt es sich glücklicherweise meistens nur um sogenannte Ingestionen, also um eine Aufnahme von nicht zum Essen geeigneten Pflanzenteilen ohne schwere Vergiftungssymptome, allenfalls mit Unwohlsein oder einmaligem Erbrechen. Trotzdem ist der Schrecken für alle Beteiligten oft groß.

Bei echten Intoxikationen kann es hingegen zum Einsetzen von Vergiftungssymptomen wie Rausch- oder Erregungszuständen, Schocksymptomen, Atemproblemen, Bewusststeinsstörungen oder sogar Atem-, Kreislauf- und Herzstillständen kommen. Welche „Beeren“-Pflanzen sind giftig oder werden für giftig gehalten? Die folgende Aufzählung kann keinesfalls vollständig sein und richtet sich nach der Häufigkeit der ungewollten Vorkommnisse.

Giftige Samen – die Eibe

Dieser in vielen Gärten vorkommende immergrüne Nadelbaum besitzt verlockend rote Früchte, die oft von Kleinkindern verzehrt werden. Glücklicherweise kommt es dennoch nur selten zu Intoxikationen, da sich im roten, schleimigen Samenmantel keine Giftstoffe befinden, sondern nur in der harten, dunklen Samenschale.
Zur Freisetzung der Giftstoffe müsste die harte Samenschale zerkaut werden, was aber durch den stark bitteren Geschmack fast immer verhindert wird. Trotzdem kommt es durch Eiben manchmal zu Vergiftungen, auch durch die Giftstoffe der Nadeln. Dies betrifft aber häufiger Jugendliche oder Erwachsene, die mit den Nadeln gefährliche Experimente wagen.

Nur roh giftig – die Vogelbeere (Eberesche)

Da der Baum oder Strauch anspruchslos ist, ist er weitverbreitet. Deshalb kommt es bei Kindern auch zahlenmäßig oft zum unbeabsichtigten Verzehr der kleinen, kugeligen Früchte. Diese enthalten unter anderem Parasorbinsäure, die eine lokale Reizwirkung auf die Schleimhäute des Magen-Darm-Traktes ausüben kann.
Dadurch kann es durch die frischen Früchte zu leichten gastrointestinalen Beschwerden kommen, die symptomatisch behandelt werden können.

Beim Kochen der Früchte der Eberesche wird die bereits bei Raumtemperatur flüchtige Parasorbinsäure größtenteils zerstört und ist dann nur noch in ungefährlichen Konzentrationen vorhanden. Dadurch können Marmeladen, Gelees oder Fruchtsäfte auf diese Weise gefahrlos hergestellt werden. Sie sind ein beliebter Vitamin-C-Lieferant.

Bei den meisten Pflanzen treten Ingestionen auf, also Unwohlsein und einmaliges Erbrechen, aber keine schweren Vergiftungssymptome.

Stachlig – der Feuerdorn

Die zahlreichen roten Früchte des stacheligen Busches führen glücklicherweise nur in sehr großen Mengen zu leichten gastrointestinalen Beschwerden. Außerdem tragen die spitzen Stacheln dazu bei, dass kleine Kinder sich eher einen Kratzer einfangen, bevor sie unbemerkt weiternaschen können.

Sehr giftig – der Seidelbast (Daphne)

Kinder können sowohl durch die roten Beeren als auch durch die angenehm riechenden Blüten angezogen werden, wobei alle Pflanzenteile toxische Inhaltsstoffe besitzen. Es reicht schon eine Beere oder Blüte, um bei einem Kind schwere Vergiftungssymptome mit neurologischen Symptomen auszulösen.
Andere Pflanzenteile wie die Rinde können schwere Hautirritationen verursachen, weshalb immer Vorsicht bei Gartenarbeiten angesagt ist.

Verlockend – die Tollkirsche (Atropa belladonna)

Die ansprechend aussehenden dunklen Beeren reizen immer wieder sowohl Kinder als auch Erwachsene zum Verzehr, obwohl eine Verwechslung mit echten Kirschen leicht zu vermeiden wäre: Tollkirschen-Beeren besitzen im Gegensatz zu echten Kirschen keine Stängel und sie wachsen auch nicht auf Bäumen. Da die Beeren nicht bitter schmecken, wird von ihnen leicht auch eine größere Menge verzehrt.

Von den in allen Pflanzenteilen hochwirksamen Alkaloiden ist Atropin am bekanntesten. Bereits aus dem Altertum gibt es zahlreiche eindrückliche Berichte der Wirkung von Atropin: vom beschleunigten Herzschlag, trockenen Schleimhäuten über Halluzinationen bis hin zum Tod durch Koma und Atemlähmung. Sichtbares Anzeichen der Wirkung ist dabei die Erweiterung der Pupillen (Mydriasis).
Da eine große Pupille für Frauen als attraktiv galt, kam es zum Artnamen Belladonna, was so viel heißt wie „schöne Frau“. Bei einer Intoxikation mit klinischen Symptomen muss sofort ärztliche Hilfe aufgesucht werden, eventuell kommt dabei das spezielle Antidot Physostigmin zum Einsatz.

Herzwirksam – der Oleander

Auch vom beliebten Oleander mit seinen reizvollen Blüten, aber auch den Blättern, geht Gefahr aus. Davon hat im Altertum der berühmte griechische Arzt Galen, den Sie als Namensgeber der Galenik kennen, bereits berichtet. Die im Oleander enthaltenen herzwirksamen Glykoside können zu einer für sie typischen Bradykardie (Reduzierung der Herzfrequenz) führen.
Zum Glück kommt es beim versehentlichen Verschlucken kleiner Mengen aber meist nicht zu schweren Vergiftungsfällen. Zudem schmecken alle herzwirksamen Glykoside bitter.
Anders sieht es aus, wenn die Konzentration der Giftstoffe bewusst erhöht wird, zum Beispiel durch Kochen eines starken Tees mit krimineller oder suizidaler Absicht. Hierdurch kam es in der Vergangenheit durchaus schon zu tödlichen Ereignissen.

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