Ein lebensnotwendiges Schwergewicht
16 Minuten
01. Juni 2022
Eisenmangel ist die häufigste Mangelerkrankung in Europa. Zwischen fünf und zehn Prozent der Gesamtbevölkerung leiden unter zu niedrigen Eisenspiegeln. Viele Menschen wissen nicht, in welchen Lebensmitteln, wie viel Eisen enthalten ist und kennen nicht einmal die Anzeichen einer Mangelversorgung. So wird eine Unterversorgung häufig erst anhand von Symptomen und einer ärztlichen Untersuchung inklusive eines Blutbildes diagnostiziert.
Zur Information von Risikopatienten ist die Apotheke die richtige Anlaufstelle. PTA und Apotheker informieren im persönlichen Gespräch schließlich nicht nur rund um Arzneimittel, sondern auch zu Gesundheitsprävention und Einnahme von Vitaminen und Mineralstoffen. Mit ihrer Kompetenz und gut zusammengesetzten Präparaten aus der Apotheke können sie ihren Kunden eine hervorragende Unterstützung zur Sicherstellung des Mineralstoffhaushalts sein.
Eisen zählt zu den essenziellen Mineralstoffen, die maßgeblich an zahlreichen Stoffwechselvorgängen beteiligt ist. Doch wie viel wird benötigt? Was ist die richtige Zufuhr? Bei welchen Patientengruppen ist es sinnvoll, sie ganz konkret auf ihren Eisenhaushalt anzusprechen?
Chemisch und biologisch Werden Menschen nach dem Vorkommen von Eisen gefragt, wird nicht als erstes an den menschlichen Körper gedacht. Mit Eisen wird spontan ein Schwermetall zur Herstellung von Bau- und Werkstoffen in Verbindung gebracht. Es ist ein silberweißes, relativ weiches Metall, das aus Erzen gewonnen wird. Aufgrund der Reaktionsfreudigkeit des Eisenelements werden Eisenoxide zu Gusseisen reduziert, das der Stahlproduktion dient.
Bekannt ist, dass Eisen an der Luft unter Feuchtigkeit Korrosionserscheinungen in Form von braunem Rost zeigt. Schon die Ägypter kannten Eisen als Metall und nutzten es. Erst bei weiterem Nachdenken kommt den meisten Eisen als ein wichtiges Spurenelement des menschlichen Körpers in den Sinn. Die Körper von Frauen enthalten etwa 2,5 und die von Männern bis zu 4 Gramm Eisen. Der Hauptteil des körpereigenen Eisens ist mit 70 Prozent im roten Blutfarbstoff Hämoglobin gebunden.
Ein weiterer Teil liegt im Muskelfarbstoff Myoglobin vor. Nicht-Häm-Eisenproteine wie Transferrin und Ferritin, die für den Transport und die Speicherung des Spurenelements verantwortlich sind, enthalten etwa 20 Prozent des Körpereisens. Eisen wird für den Sauerstofftransport im Körper benötigt und ist an zahlreichen enzymatischen Reaktionen beteiligt. Hier unterstützt es mit seinen chemischen Eigenschaften als Elektronenüberträger die Redoxreaktionen von Substraten.
LERNZIELE
Lernen Sie in dieser von der Bundesapothekerkammer akkreditierten Fortbildung unter anderem:
+ wieso Eisen wichtig ist und wo es im Körper zu finden ist,
+ welche Nahrungsmittel viel Eisen enthalten und wie es sich mit der Bioverfügbarkeit verhält,
+ wie Eisen im Körper resorbiert, transportiert und gespeichert wird,
+ ab wann man von einem Eisenmangel spricht,
+ welche Personengruppen einen erhöhten Eisenbedarf haben und
+ wie Sie bei einer Eisen-Supplementierung beraten können.
Eisenstoffwechsel Die Aufnahme von Eisen aus der Nahrung erfolgt überwiegend im ersten Abschnitt des Dünndarms. Die übliche gemischte Nahrung der europäischen Bevölkerung enthält etwa sechs Milligramm Eisen auf 1000 Kilokalorien. Für die Versorgung ist jedoch nicht nur die verzehrte Eisenmenge entscheidend, sondern auch, wie viel davon tatsächlich vom Körper aufgenommen wird. Dabei spielt es eine Rolle, in welcher Form das Eisen in der Nahrung verfügbar ist.
Das hämoglobingebundene „Häm-Eisen“ liegt als zweiwertiges Eisen vor. Es ist in tierischen Nahrungsmitteln wie Fleisch und Fisch enthalten und wird etwa drei- bis viermal besser aufgenommen als Eisen aus pflanzlichen Quellen. Das dreiwertige „Nicht-Häm-Eisen“ aus pflanzlichen Lebensmitteln ist zudem fester gebunden und muss erst zum zweiwertigen Eisen reduziert werden, um für den Köper gut verfügbar zu werden. Dies gelingt mithilfe der Ferrireduktase, einem Enzym der Darmmembranzellen.
Anschließend wird das Eisen durch einen speziellen gradientenabhängigen Kotransporter in die Darmzellen aufgenommen und innerhalb der Darmzellen im Ferritin gebunden. Tatsächlich landen nur etwa zehn bis 15 Prozent des gesamten Eisens, das über die Nahrung zugeführt wird, im Körper. Um das Eisen aus den Darmzellen ins Blut zu bringen und dort zu transportieren, wird es anschließend an das Transportprotein Ferroportin gebunden. Diese Verbindung wird als Transporteisen Transferrin bezeichnet.
Ferroportin wird in der Leber gebildet. Seine Aufgabe ist die Verteilung des Eisens im Körper zwischen den Blutspeicherorganen. Es transportiert Eisen zum Knochenmark, wo es für die Bildung der Erythrozyten, also der roten Blutkörperchen, benötigt wird, aber auch in die Muskeln, um dort die Sauerstoffversorgung sicherzustellen, ebenso zur Leber und zu den Zellen des Immunsystems. Der größte Teil des aufgenommenen Eisens wird im Knochenmark zur Hämoglobinsynthese benötigt.
Ein kleiner Teil gelangt in Eisendepots, zum Beispiel gebunden an Myoglobin oder an Enzyme. Ferritin dient auch als Speicherprotein. Es kann bis zu 23 Prozent Eisen binden. Ferritin ist besonders in Milz, Leber und Darmschleimhaut zu finden. Die Erythrozyten, die Hämoglobin enthalten, haben nur eine Lebensdauer von etwa 100 Tagen. Beim Untergang der Erythrozyten wird eine gewisse Eisenmenge freigesetzt, die dann bei der Bildung von neuen Erythrozyten wiederverwendet wird. Insgesamt beträgt der Tagesbedarf von Eisen aus der Nahrung etwa 10 bis 15 Milligramm.