Eisen
PTA-Fortbildung

Ein lebensnotwendiges Schwergewicht

Der Mineralstoff Eisen ist für den Menschen lebensnotwendig. Müdigkeit, Schlappheit und vermindertes Konzentrations­ vermögen können Anzeichen für einen Mangel sein, aber bei der Supplementation gibt es einiges zu beachten.

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Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. Juni 2022

Eisenmangel Niedrige Eisenspiegel sind das Ergebnis einer negativen Eisenbilanz, bei der Eisenzufuhr und -bedarf nicht ausgeglichen sind. Die Leitlinie „Eisenmangel und Eisenmangelanämie“ der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie teilt den Eisenmangel in drei unterschiedliche Stadien ein.

  • Stadium I bezeichnet einen Mangel an gespeichertem Eisen infolge einer negativen Eisenbilanz. Hier sind die Speicher zwar geleert, aber die Blutbildung ist noch nicht beeinträchtigt.
  • Stadium II wird als eisendefizitäre Erythropoese definiert. Hier liegt der Hämoglobinwert bereits unter dem Normwert und die Blutbildung ist unzureichend.
  • Das Stadium III bezeichnet eine Eisenmangelanämie mit einem niedrigen Hämoglobinwert.

Ziel der Diagnose muss also sein, die wichtigen Blutwerte zu kennen und das Stadium des Eisenmangels festzustellen. Die Ursachen können vielfältig sein. Die üblichen Eisenverluste durch Urin, Schweiß und bei der monatlichen Blutung der Frau liegen bei etwa 1,2 bis 1,7 Milligramm pro Tag und werden normalerweise durch die Aufnahme mit der Nahrung ausgeglichen. Mangelzustände können zum Beispiel bei Menschen, die sich überwiegend vegetarisch oder vegan ernähren, auftreten.

Ein Blick auf den Mahlzeitenplan ist bei Verdacht eines Eisenmangels sehr wichtig. Es liegt dabei nicht nur an der schlechteren Bioverfügbarkeit des dreiwertigen Eisens aus pflanzlichen Nahrungsmitteln. In zahlreichen pflanzlichen Lebensmitteln sind Stoffe enthalten, die die Eisenaufnahme behindern, zum Beispiel durch die Bildung von Chelatkomplexen oder durch Adsorption. So hemmen Oxalsäure, die in Spinat oder Rhabarber enthalten sind, aber auch Ballaststoffe, Gerbstoffe aus dem Tee oder Kaffee oder die Phytinsäure in Hülsenfrüchten und Getreide die Aufnahme von Eisen.

Bei Kleinkindern kann eine Mangelsituation auftreten, wenn kein Fleisch, sondern überwiegend Milchprodukte und Kohlenhydrate auf dem Speiseplan stehen. Auch im Wachstum bei Kindern und Jugendlichen sowie in Schwangerschaft und Stillzeit ist der Gesamtbedarf erhöht. Eisenresorptionsstörungen treten auch gehäuft bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen auf, zum Beispiel bei Morbus-Crohn-Patienten oder bei Menschen, die unter Colitis ulcerosa leiden.

Wer von Mangelernährung betroffen ist, hat ebenfalls häufig eine negative Eisenbilanz. Erhöhte Eisenverluste sind möglich, wenn Frauen unter starken Menstruationsblutungen leiden oder bei Geschwüren im Gastrointestinaltrakt, die zu schleichenden Blutverlusten führen.

Wer gerinnungshemmende Medikamente einnehmen muss, hat aufgrund von inneren Mikroblutungen ebenfalls ein höheres Risiko für Eisenverluste. Zu erkennen ist ein Eisenmangel an den eher unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit, Leistungsabfall, einem geschwächten Immunsystem, Appetitlosigkeit und äußerlichen Zeichen wie Mundwinkelrhagaden, Entzündungen im Mundraum und spröder Haut. Spezielle Erkrankungen betreffen Störungen des Einbaus von Eisen bei der Häm-Biosynthese. Hier wird eine Anämie, also ein Mangel, festgestellt, obwohl die Gesamtkonzentration an Eisen im Körper normal ist.

Schwangere Frau in Wartezimmer.
Bis zur 20. Schwangerschaftswoche ist der Eisenbedarf noch kaum erhöht, danach steigt er deutlich an. Die Überprüfung der Eisenwerte gehört zum Standardprogramm beim Gynäkologen. © MilanMarkovic / iStock / Getty Images

Eisenüberladung Nicht nur Eisenmangel, auch ein Zuviel an Eisen ist ungesund. Bei der Hämochromatose, einer genetischen Erkrankung, wird geringfügig mehr Eisen gespeichert als bei Nichtträgern dieser Mutation. Auch durch häufige Bluttransfusionen, wie sie bei einigen Blutbilderkrankungen nötig sind, besteht die Gefahr, dass das normale Gleichgewicht des Eisenhaushaltes durcheinandergerät.

Ab einer Zahl von 15 bis 20 aufeinanderfolgenden Transfusionen kann eine Eisenüberladung eintreten, die ihrerseits behandlungsbedürftig ist. Liegt zu viel Eisen im Blut vor, können die natürlichen Speicher im Körper das Eisen nicht mehr binden. In freier, also ungebundener Form, ist Eisen sehr aggressiv und schädigt die Zellen der Organe. Außerdem lagert sich das überschüssige Eisen unkontrolliert in Organen ab. Betroffen sind vor allem die Leber, Herz, Bauchspeichel- und Schilddrüse sowie die Gelenke.

Die Symptome einer Eisenüberladung sind zunächst sehr ähnlich denen eines Mangels. Es kommt zu Müdigkeit, allgemeiner Schwäche und Gelenkschmerzen. Gleichzeitig können die Leberwerte ansteigen und die Leber kann sich vergrößern. Ohne Behandlung kann sich eine Leberzirrhose entwickeln. Auch die Bauchspeicheldrüse, die Schilddrüse oder das Herz können betroffen sein.

Überschüssiges Eisen kann durch eisenbindende Medikamente wieder aus dem Körper entfernt werden. Stoffe, wie Deferoxamin, binden freies Eisen in Form eines Chelatkomplexes, sodass das Eisen vom Körper ausgeschieden werden kann. Die Therapie mit Chelatbildnern wird vom Arzt oder in der Klinik durchgeführt und ist dann angezeigt, wenn die Serumferritin-Spiegel über 1000 Nanogramm pro Milliliter liegen oder bereits Organschäden entstanden sind. Unter der Therapie mit Chelatbildnern können Magen-Darm-Beschwerden, Hautreaktionen, Kopf- und Gelenkschmerzen auftreten, auch Blutbildveränderungen sind möglich.

Eine andere, wenn auch nur noch selten genutzte Möglichkeit Eisen aus dem Körper zu entfernen, ist der Aderlass. Dabei wird pro Sitzung etwa ein halber Liter Blut entnommen und damit auch ein Teil des in den roten Blutkörperchen gebundenen Eisens. Die Behandlung wird in regelmäßigen Abständen wiederholt, bis der Eisenspiegel wieder im Normbereich liegt. Zu bedenken ist hierbei, dass die Prozedur für Herz und Kreislauf belastend ist.

Eisenintoxikation Werden versehentlich große Mengen Eisen aufgenommen, zum Beispiel von Kindern, dann können akute Vergiftungserscheinungen wie starke Magenschmerzen, Durchfall und Erbrechen auftreten. Eine Erste-Hilfe-Maßnahme ist es, Milch zu trinken. Die Proteine in der Milch bilden Komplexe mit dem Eisen. Zusätzlich sollte vom Arzt das Antidot Deferoxamin parenteral oder oral gegeben werden. Der Arzneistoff verhindert so einerseits eine weitere Resorption oder bindet bei parenteraler Gabe auch das bereits resorbierte Eisen.

Eisenstatus und Immunsystem Es scheint einen Zusammenhang zwischen dem Eisen-Haushalt und der Aktivität des Immunsystems zu geben. Die europäische Fachgesellschaft für Hämatologie hat im Februar 2021 die Empfehlung herausgegeben, bei Patienten mit hämatologischen Erkrankungen vor einer COVID-Impfung einen bestehenden Eisenmangel auszugleichen, damit die Immunisierung erfolgreich verläuft. Die Studienlage zur Effektivität anderer Impfungen, zum Beispiel Keuchhusten, Tetanus oder Haemophilus Influenza Typ b, ist kontrovers.

Klar ist aber, dass Eisen im angeborenen Immunsystem mitverantwortlich ist für die Aktivität von Transkriptionsfaktoren und Enzymen, die für die Immunantwort benötigt werden. Im adaptiven Immunsystem ist Eisen bei der Proliferation von B- und Z-Zellen nötig. Eine präventive Eisengabe soll die Immunabwehr stärken. Weitere Studien sind abzuwarten, bevor konkrete Empfehlungen gemacht werden können.

Diagnosestellung Meistens kommen Patienten mit unspezifischen Beschwerden wie Müdigkeit und Leistungsminderung in die Praxis. Üblicherweise findet beim Arzt ein Anamnesegespräch statt, in dem die Dauer der Beschwerden, besondere Belastungen, Ernährungsstatus und Vorerkrankungen abgefragt werden. Dann folgt ein Blutbild, das Aufschluss über den Eisenstatus gibt. Vier Werte sind notwendig, um einen Eisenmangel festzustellen:

  • Der Hämoglobinwert gibt die Menge an rotem Blutfarbstoff im Blut an und liegt normalerweise bei 12 bis 13 Gramm pro Deziliter (g/dl). Wenn er unter dem Normwert liegt, sind die Eisenspeicher schon leer und es werden bereits weniger rote Blutkörperchen produziert als benötigt werden.
  • Der Serum-Ferritin-Wert zeigt an, inwieweit die Eisenspeicher noch gefüllt sind.
  • Die Transferrin-Sättigung lässt einen Rückschluss darauf zu, wie viel Eisen die Eisentransporter besetzt hat. Denn bei einem Eisenmangel ist die Transferrin-Sättigung abgesenkt, weil zu wenig Eisen vorhanden ist, um die Eisentransporter zu beladen. Eine Sättigung von 20 bis 50 Prozent ist anzustreben.
  • Als letztes sollte auch das C-reaktive Protein bestimmt werden. Es ist ein Marker für Entzündungen im Körper. Liegt der CRP-Wert über drei Milligramm pro Liter, dann deutet dieser auf eine Entzündungsreaktion hin. Auch Entzündungen beeinflussen die Freisetzung von Eisen aus den Speichern.
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