Ein lebensnotwendiges Schwergewicht
16 Minuten
01. Juni 2022
Nebenwirkungen ansprechen Ein häufiger Grund für einen Therapieabbruch sind die typischen Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Krämpfe, schwärzliche Verfärbung des Stuhls und Verstopfung. Es ist gut, die Kunden bei der Abgabe eines Eisen-Präparates auf diese möglichen Nebenwirkungen vorzubereiten, auch wenn die Compliance eventuell leidet. Die Schwarzfärbung des Stuhls ist auf nicht resorbiertes Eisen zurückzuführen und harmlos. Das sollten Kunden wissen, damit sie nicht verunsichert mit Verdacht auf eine gastrointestinale Blutung und Teerstuhl den Arzt aufsuchen.
Wenn eine niedrige Dosis gut vertragen wird, kann damit weiterbehandelt werden, um nicht bei hohen Dosen den gänzlichen Therapieabbruch zu riskieren. Eisen kann auch intravenös appliziert werden. Dies kommt dann infrage, wenn der Patient sehr niedrige Eisenspiegel (Hb < 10 g/dl) aufweist oder die orale Gabe wegen der Nebenwirkungen nicht akzeptiert.
Per Infusion ist die Zufuhr einer hohen Dosis mit schnellem Ansprechen möglich. Im Gegensatz zur oralen Einnahme von Eisenpräparaten wird die Darmpassage umgangen und das Eisen gelangt direkt ins Blut. Hier gilt allerdings: Der Arzt wird immer zuerst Tabletten verschreiben. Dies ist für den Körper verträglicher. Bei einer Infusion füllt man das gesamte Defizit nicht selten in ein bis zwei Sitzungen auf. Erst bei Unverträglichkeit oder mangelndem Ferritin-Anstieg sollte auf die Eiseninfusion zurückgegriffen werden.
Patienten sensibilisieren In der Apotheke sind Sie auch gefordert, spezielle Patientengruppen auf einen erhöhten Eisenbedarf hinzuweisen. Diejenigen, die starke Blutverluste erlitten haben, zum Beispiel nach Unfällen oder Operationen, aufgrund von inneren gastrointestinalen Blutungen oder Frauen mit starken Menstruationsblutungen, sollten mittels eines Blutbilds ihre Eisenwerte bestimmen lassen.
Besteht eine chronische Darmerkrankung oder andere dauerhafte Belastungen, dann ist eine regelmäßige Überwachung der Eisenwerte ebenfalls zu empfehlen. Eine wichtige Gruppe sind die Frauen im gebärfähigen Alter, etwa die Hälfte der Frauen hat zu niedrige Eisenwerte. Ein Grund ist die monatliche Menstruationsblutung, ein anderer die eisenarme Ernährung, da sich mehr und mehr Menschen, besonders auch junge Frauen, für eine vegetarische oder vegane Ernährung entscheiden. Die Verwertung von Eisen aus pflanzlichen Lebensmitteln ist deutlich schlechter als die des Häm-Eisens aus tierischen Produkten wie zum Beispiel dunklen Fleischarten.
Achtung Schwangerschaft Frauen, die schon mit einem verminderten Eisenspiegel in eine Schwangerschaft gehen, müssen rasch supplementieren, um die Versorgung des Ungeborenen zu gewährleisten, zumal der Eisenbedarf jetzt auch noch erhöht ist. Der gestiegene Bedarf leitet sich von der zunehmenden Blutmenge der Schwangeren und der Blutbildung des Fetus, ab.
Ein Eisenmangel in der Schwangerschaft bedeutet nicht nur ein Anämierisiko der Mutter, sondern auch eine Sauerstoffunterversorgung des Kindes, mit einem erhöhten Risiko für eine Frühgeburt. Besser ist es also, schon vor Beginn der Schwangerschaft die Eisenspeicher aufgefüllt zu haben. Zum Ende der Schwangerschaft steigt der tägliche Eisenbedarf auf etwa sieben Milligramm pro Tag an. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt deshalb schwangeren Frauen eine Zufuhr von 30 Milligramm Eisen pro Tag, damit Mutter und Kinder gut versorgt sind.
Nach der Schwangerschaft genügen etwa 20 Milligramm Eisen pro Tag, um die nach der Entbindung geleerten Eisenspeicher wieder aufzufüllen. Zu bedenken ist, dass auch in der Stillzeit der Bedarf weiterhin erhöht ist. Stillende sollten wegen des insgesamt erhöhten Nährstoffbedarfs auf eine vitamin- und mineralstoffreiche Ernährung achten. Hier können Sie zusammen mit der Frau ein geeignetes Vitamin- und Mineralstoffpräparat auswählen.
Kinder Eisen wird in der kindlichen Entwicklung zur Blutbildung und Sauerstoffversorgung der Organe benötigt. Nach der Geburt reicht der Eisenvorrat des Säuglings für die ersten sechs Monate aus. Das Eisen der Muttermilch wird deutlich besser resorbiert als Eisen aus Kuhmilch. Nach Beendigung des Stillens ist eine ausgewogene Beikost zu füttern. Hier können Sie junge Mütter beraten und darauf hinweisen, dass eine gesunde Mischkost wichtig ist, um die körperliche und geistige Entwicklung des Kindes optimal zu unterstützen. Kinder brauchen in ihren weiteren Wachstumsphasen abhängig vom Alter vier bis acht Milligramm Eisen als Tagesbedarf.
Sport und Diät Eine weitere Kundengruppe, die Sie auf ihre Nährstoffzufuhr ansprechen können, sind Sportler. Leistungssportler haben einen ungefähr doppelt so hohen Eisenbedarf wie andere Menschen. Der Eisenverlust über die Schweißausscheidung ist zum einen erhöht und zum anderen wird mehr Eisen für die Hämoglobinbildung benötigt. Beim Sportler ist der Energieumsatz und der Sauerstoffverbrauch der Muskeln deutlich erhöht, was zur vermehrten Hämoglobinbildung führt.
Vor allem Sportler und Sportlerinnen, die Sportarten betreiben, in denen ein niedriges Körpergewicht einen Leistungsvorteil darstellt oder aus ästhetischen Gründen bevorzugt wird, haben ein hohes Risiko für die Entwicklung eines Eisendefizits. Auch Hobby-Sportler, die sich intensiv fordern, sollten auf eine ausreichende Mineralstoffversorgung hingewiesen werden.
Vielfach versuchen die Freizeitsportler mit süßen Proteinriegeln rasch Energie zu bekommen, um zu trainieren. Eher zu empfehlen ist eine vitamin- und mineralstoffreiche Ernährung mit Vollkornprodukten, Gemüse, Milchprodukten sowie Fleisch und Fisch. Zusätzlich kann ein gutes Vitamin-Mineralstoffpräparat unterstützen. Wenn Kunden in der Apotheke nach Diäten zum Abnehmen fragen, sollten diese Menschen ebenfalls auf eine kalorienarme und ausgewogene Ernährung hingewiesen werden, damit keine Mangelsituation aufgrund einer einseitigen Diät entsteht.
Senioren Alte Menschen fallen nicht direkt in die Gruppe der Patienten, die besonders auf Eisenmangelerscheinungen sensibilisiert werden. Fehlender Appetit und einseitige Ernährungsgewohnheiten können im Alter aber dennoch eine Ursache für eine schlechte Eisenversorgung sein. Im Alter nimmt die normale Resorptionsrate an Eisen durch den Darm ab. Nach Erkrankungen oder Operationen erhöht sich der Eisenbedarf. Deswegen sollten Sie diese Problematik im Auge haben, denn auch im höheren Lebensalter treten Anämien und Eisenmangelanämien auf. Müdigkeit und Leistungsschwäche können im Alter natürlich sehr viele Ursachen haben.
Wenn Auffälligkeiten bezüglich der Eisenwerte im Blutbild zu sehen sind, wird der Arzt zunächst eine orale Eisengabe verordnen. Überprüfen Sie auf mögliche Interaktionen mit der sonstigen Medikation des Kunden und weisen Sie auf günstige Einnahmezeitpunkte hin. Da auch eine einseitige Ernährung von Senioren eine negative Eisenbilanz begünstigen kann, ist es sinnvoll auch Angehörige auf die richtige Ernährung aufmerksam zu machen.
Achtung Wechselwirkungen Wer viele Arzneimittel einnehmen muss, sollte auf mögliche Interaktionen mit Eisenpräparaten hingewiesen werden. Zum einen können die Interkationen die Resorption des Eisens vermindern, zum anderen können Eisenionen auch andere Arzneimittel in ihrer Wirksamkeit beeinträchtigen. Wird der pH-Wert des Magensaftes dauerhaft mittels Antazida oder Protonenpumpenhemmern erhöht, kann Eisen nicht gut resorbiert werden.
Auch Ionenaustauscher, zum Beispiel Colestyramin, hemmen über Chelatbindung des Eisens dessen Aufnahme aus dem Darm. Umgekehrt hemmt Eisen über Chelatbindung die Wirkung von Tetrazyklinen, Gyrasehemmern und Schilddrüsenhormonen. Geben Sie Kunden, die morgens ihre Schilddrüsentablette mit Levothyroxin einnehmen, die Empfehlung, die Einnahme des Eisenpräparates auf den Nachmittag oder Abend zu legen, um mögliche Wechselwirkungen zu vermeiden.
Parkinson-Patienten sollten Sie auf einen Einnahmeabstand von Levodopa zum Eisen von mindestens zwei Stunden hinweisen. Aber auch pharmakodynamische Wechselwirkungen können auftreten, wenn Eisen mit NSAR oder anderen magenschleimhautreizenden Wirkstoffen oder Metformin kombiniert wird. Dann können sich die gastrointestinalen Beschwerden wie Übelkeit und Magenkrämpfe verstärken.
Dr. Katja Renner, Apothekerin
Die Autorin versichert, dass keine Interessenkonflikte im Sinne von finanziellen oder persönlichen Beziehungen zu Dritten bestehen, die von den Inhalten dieser Fortbildung positiv oder negativ betroffen sein könnten.