© DIE PTA IN DER APOTHEKE

Repetitorium

WUNDVERSORGUNG

Schwerpunkt des dritten Teils sind hydroaktive Wundauflagen, die vornehmlich Bestandteil der professionellen Versorgung sind, aber zunehmend bei Alltagswunden zum Einsatz kommen.

Seite 1/1 9 Minuten

Seite 1/1 9 Minuten

Eine moderne Wundversorgung mit hydroaktiven Wundauflagen berücksichtigt, dass die Existenz von Sekret eine Grundvoraussetzung für den Heilungsprozess ist. Ein ideal-feuchtes Wundklima schafft in jeder Phase der Wundheilung für die ablaufenden Zellaktivitäten ein günstiges Mikroklima. Im feuchten Wundmilieu ist durch die fehlende Schorfbildung eine schnelle Verteilung von Zellen, Nährstoffen und weiteren Substanzen wie Enzymen oder Wachstumsfaktoren aus dem Zellstoffwechsel möglich.

Die nötige Feuchtigkeit zur Kommunikation der Zellen wird bereitgestellt, die Impulsübertragung zur Neubildung, Vermehrung und Migration der Zellen wird optimiert und die Zellen der Immunabwehr können bestmöglich arbeiten. Zudem reduziert ein feuchtes Milieu das Schmerzempfinden über eine Einkapselung freiliegender Nervenenden. Damit funktionieren letztendlich Wundreinigung sowie die Bildung von Granulations- und Epithelisierungsgewebe mit modernen feuchten Wundauflagen besser. Kleine Defekte heilen um bis zu 50 Prozent schneller und mit weniger Narbenbildung ab. Vor allem aber profitieren chronische Wunden, die unter feuchten Bedingungen bessere Chancen für einen Wundverschluss erhalten.

Optimale Wundheilung In der Entzündungsphase unterstützt und fördert ein hydroaktiver Wundverband die physiologische Wundreinigung und sorgt so für saubere Wundverhältnisse als wichtige Voraussetzung für einen bestmöglichen Heilungsprozess. Eventuell vorhandene Beläge und Nekrosen lassen sich schonend auflösen und vom Verband aufnehmen. Exsudat, Gewebetrümmer und Keime werden ebenso gebunden und beim Verbandwechsel aus der Wunde entfernt. Eine starke Saugkapazität des hydroaktiven Verbandes ist in dieser Phase wünschenswert. Dadurch kann die Mazeration vom Wundrand und Wundumgebung verhindert werden, ohne dass die Wunde trockengelegt wird.

In der Granulationsphase verschafft der hydroaktive Verband der Wunde die nötige Ruhe für die Wundheilung, indem ein feuchtes Wundklima das Austrocknen der Wunde verhindert und überschüssiges Sekret absorbiert. In der Epithelisierungsphase erhält der Verband die optimale Feuchtigkeit und fördert die Bildung von neuem Epithelgewebe. Die fehlende Schorfbildung erleichtert die Passage des nachwachsenden Epithels über dem neugebildeten Granulationsgewebe und verhindert ein Verkleben mit der Wundauflage. Somit wird auch ein schmerzloses Abziehen des Verbandes ohne Zerstörung von neu gebildetem Gewebe ermöglicht. Zudem schirmt die Wundabdeckung das noch zarte Gewebe vor äußeren Einflüssen ab und bietet Schutz vor Neuinfektionen.

Hydroaktive Wundauflagen Wundauflagen, die in den verschiedenen Wundheilungsphasen ein feuchtes Wundmilieu gewährleisten, werden als hydroaktive (wasserregulierende) Wundauflagen bezeichnet. Es existiert inzwischen ein umfangreiches Sortiment aus verschiedenen Systemen. Prinzipiell bestehen Wundverbände für die feuchte Wundheilung aus einem wasserabweisenden und atmungsaktiven Trägermaterial (z. B. Polyurethan), auf dem sich eine Wundauflage aus hydroaktiven Substanzen befindet. Hauptsächlich sind Alginate, Hydrofiber, Hydrokolloide, Hydrogele, Polyurethanschäume oder Polyacrylat-Superabsorber aufgebracht. Ausnahme sind Folienverbände aus Polyurethan, die keine Wundauflage und damit auch keine Saugfähigkeit besitzen.

Die Auswahl des geeigneten Produktes hängt von der Art der Wunde, ihrem Heilungsstadium und der sezernierten Menge an Wundsekret ab. Während ursprünglich hydroaktive Verbände zur Versorgung chronischer Wunden konzipiert waren, stehen heute auch Produkte für den Handverkauf zur Anwendung bei kleinen Bagatellwunden zur Verfügung. Hierfür werden vorrangig Hydrokolloide und Hydrogele verwendet. Hydroaktive Wundauflagen können häufig mehrere Tage auf der Wunde verweilen. Maßgeblich für einen notwendigen Verbandwechsel sind der Exsudationsgrad der Wunde und die Anwendungshinweise des jeweiligen Herstellers.

Ein zu frühes Wechseln stört die Wundruhe, was den Heilungsprozess negativ beeinflusst. Gibt es allerdings Anzeichen für eine Infektion (veränderte Farbe und Geruch der Wundflüssigkeit, vermehrte Absonderung von Wundsekret, Schwellung, Rötung, Schmerzen, Fieber), muss der Verband erneuert werden. Zu beachten ist zudem, dass hydroaktive Systeme (mit wenigen Ausnahmen) weder auf blutende noch infizierte Wunden aufgebracht werden dürfen.

Chronische Wunden
Chronische Wunden stellen einen Problemfall dar, da die Gewebedefekte selbst nach acht oder spätestens zwölf Wochen nicht verheilt sind. Klassische Beispiele für chronischen Wunden sind das diabetische Fußsyndrom, der Ulcus cruris („offenes Bein“) bei arteriellen Durchblutungsstörungen sowie der Dekubitus (Druckgeschwür) bei Immobilisation („Durchliegen“). Theoretisch kann sich in jeder Wundheilungsphase aus einer akuten Verletzung eine chronische Wunde entwickeln. Meistens entstehen chronische Wunden aus fortschreitenden Gewebezerstörungen infolge einer Mangelversorgung des betroffenen Gewebes.

Neben einer langanhaltenden Druckeinwirkung durch Immobilisation führen vor allem Gefäßerkrankungen zu einer gestörten Mikro- und Makrozirkulation und damit zu schlecht abheilenden Wunden. Beispielsweise entwickeln sich chronische Wunden besonders häufig bei Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit, chronisch-venöser Insuffizienz oder Diabetes mellitus.

Weitere Ursachen können Mangelernährung, Medikamente (z. B. Cortison, Zytostatika, Immunsuppressiva), Immundefekte, Infektionen und fortschreitendes Alter sein. Besonders bei älteren Menschen kann es länger dauern bis Wunden vollständig abheilen, da im Alter die Durchblutung und damit die Versorgung der Haut mit Sauerstoff und Nährstoffen zurückgehen. Die Haut wird verletzbarer und neigt stärker zu Infektionen, wodurch sich Wunden langsamer und verzögert schließen.

Für die professionelle Versorgung Alginate bestehen aus Alginsäure, einem celluloseähnliches Polysaccharid, das vor allem aus Rot- und Braunalgen gewonnen wird. Für die Herstellung von Alginat-Wundauflagen werden hauptsächlich Calciumalginatfasern verwendet. Sie saugen Natriumionen aus dem Wundsekret auf und geben Calciumionen ab, woraus sich ein Gel bildet, das wie feuchte Watte aussieht. Es bindet Exsudat und schließt Bakterien sowie Gewebetrümmer ein und unterstützt damit die Wundreinigung. Aufgrund der starken Saugkraft sind Alginate bei mäßig bis stark nässenden Wunden indiziert. Da die frei werdenden Calciumionen zudem die Blutstillung fördern, sind sie sogar zur Behandlung blutender Wunden geeignet. Das weiche Material ermöglicht ein gutes Drapieren und Eintamponieren in tiefe Wunden.

Eine Applikation über die Wundränder hinaus darf nicht erfolgen, um eine Mazeration der Wundumgebung zu vermeiden. Aufgrund der wundreinigenden Eigenschaften sind Alginate ideal in der Reinigungsphase. Auch erlauben sie den Einsatz bei infizierten Defekten, was allerdings nur unter ärztlicher Kontrolle erfolgen sollte. Bei trockenen, nekrotischen Wunden und Verbrennungen dritten Grades dürfen sie nicht eingesetzt werden. Zusätze aus Natriumcarboxymethylcellulose erhöhen zusätzlich die Saugkapazität Reine Natriumcarboxymethylcellulose-Verbände werden als Hydrofiber-Verbände bezeichnet. Sie funktionieren ähnlich wie Calciumalginate und werden daher auch zur Versorgung nässender Wunden eingesetzt. Sie können sogar noch mehr Wundsekret aufnehmen. Bei Kontakt mit dem Wundsekret wird ein Gel gebildet.

Dieses ist im Gegensatz zu dem der Alginate transparent und entsteht nur im Bereich der feuchten Wunde. Wundrand und Wundumgebung bleiben damit trocken. Für infizierte Wunden eignet sich ein silberhaltiger Hydrofiber-Verband. Sowohl die Alginate als auch die Hydrofiber-Verbände müssen mit einem Sekundärverband fixiert werden. Hydrokolloide haften hingegen gut auf trockener Haut und benötigen daher kein Fixiermittel. Sie bestehen aus einer wasserabweisenden Polymermatrix, auf der eine Klebemasse aufgebracht ist, in der hydrophile, quellfähige Partikel (z. B. Pektin, Cellulosederivate, Gelatine) integriert sind. Bei Wundkontakt bilden sie mit dem Sekret ein visköses, gelbliches Gel, das vom Aussehen und Geruch an Eiter erinnert, aber nicht damit verwechselt werden darf. Es umschließt Keime und nekrotisches Gewebe.

Eine blasenförmige Ausformung des Verbands zeigt die Sättigung der Hydrokolloide und damit den Zeitpunkt für den Verbandwechsel an. In der Regel können sie bis zu sieben Tage auf der Wunde belassen werden (Herstellerangaben beachten). Da Hydrokolloide in der Lage sind, sowohl Flüssigkeit zu adsorbieren als auch zu spenden, werden sie für leicht bis stark nässende Wunden in allen Wundheilungsphasen verwendet. Entsprechend ihrer Schichtdicke verfügen sie über ein unterschiedliches Exsudat-Aufsaugevermögen. Durch die hydroaktiven Eigenschaften können auch oberflächliche, schmierige Belege aufgeweicht und abgelöst werden. Da durch die okklusive Außenfolie auf der Wundoberfläche ein Sauerstoffmangel herrscht, dürfen Hydrokolloid-Verbände nicht auf infizierte Wunden aufgebracht werden. Anaerobe Keime fänden sonst gute Lebensbedingungen.

Hydrogele liegen schon in Gelform vor. Durch den hohen Flüssigkeitsgehalt eignen sie sich besonders zum Aufweichen von Nekrosen, Schorf und Belegen und zur Versorgung trockener Wunden vor allem in der Granulations- und Epithelisierungsphase. Zu einem gewissen Grad können Hydrogele auch Sekret aufnehmen. Sie werden als halbfeste Zubereitungen in der Tube oder in Form von Gelkompressen angeboten. Einige Produkte sind mit einem Fixierrand versehen, sodass ein Sekundärverband nicht nötig ist. Da die meisten Hydrogele in Kompressenform transparent sind, ist ein Wundmonitoring ohne Verbandwechsel möglich. Für die Gele aus der Tube werden zumeist Carboxymethylcellulose, Pektin oder Guargum verwendet. Sie sind vor allem für tiefe Wunden gedacht, erfordern aber immer eine zusätzliche Fixierung.

Der leicht kühlende Effekt der Hydrogele wird bei Brandwunden als angenehm schmerzlindernd geschätzt. Patienten mit Beingeschwüren arterieller Genese beklagen hingegen ein vermehrtes Schmerzempfinden. Hydrogele sind nicht für infizierte Wunden geeignet. Schaumstoffkompressen bestehen aus feinporigen Polyurethanschäumen. Sie können viel Wundsekret aufnehmen, ohne dabei ihre Größe oder Form zu verändern. Schäume, die sich unter Flüssigkeitsaufnahme ausdehnen und sich der Wunde anpassen, werden als Hydropolymere bezeichnet. Teilweise enthalten diese noch Superabsorber, die besonders viel Flüssigkeit aufsaugen können. Polyurethanschäume sind mit und ohne Kleberand beziehungsweise Klebefläche erhältlich und werden als auch spezielle „Cavity“-Formen zum Einlegen in tiefe Wunden angeboten. Die feine Porenstruktur und eine thermische Glättung auf der wundzugewandten Seite verhindern ein Verkleben mit dem frischen Granulationsgewebe, wodurch ein atraumatischer Verbandwechsel möglich ist. Außen sind sie meist mit einer Polyurethanfolie abgedeckt.

Sie kommen hauptsächlich bei mäßig bis stark sezernierenden Wunden zum Einsatz. Geschätzt werden zudem die guten polsternden Eigenschaften. Offenporige Schaumstoffkompressen werden zur Wundkonditionierung gebraucht. Durch Einsprossung von Kapillaren in die Poren des Schaums haften diese Verbände am Wundgrund, sodass beim Verbandwechsel frisches Granulationsgewebe mit abgerissen wird und die Wunde wieder zu bluten anfängt. Dies hat wiederum eine gewünschte Stimulation der Granulation zur Folge. Diesen starken Granulationsreiz macht man sich bei Wunden mit schlechter Heilungstendenz oder zur Vorbereitung von Hautflächen für eine Transplantation zunutze. Zur Fixierung werden Fixiervlies oder elastische Binden empfohlen. Wundauflagen mit Polyacrylat-Superabsorbern sind sehr saugstarke Produkte, die nach dem „Pampers-Prinzip“ funktionieren. Fein verteilte Polyacrylatpartikel nehmen in kürzester Zeit große Mengen an Flüssigkeit aus der Wunde auf und binden diese unter Bildung eines Gels. Sie werden bei stark nässenden akuten und chronischen Wunden aufgebracht und müssen mit einem Sekundärverband gehalten werden.

Für den häuslichen Bedarf Bei Alltagswunden kommen vor allem Hydrokolloide zum Einsatz. Sie eignen sie sich für leicht bis stark nässende Wunden (wie Schürf-, kleinere Schnitt- und Risswunden) in allen Wundheilungsphasen. Hydrokolloidpflaster sind zumeist mit einem speziell geformten Rand versehen, der einen besonders guten Halt des Pflasters auf der Haut bewirkt. Um ihn nicht zu zerstören, dürfen die Pflaster im Allgemeinen nicht zerschnitten werden. Einige Produkte sind speziell für Schürfwunden oder Fingerrisse ausgelobt. Auch existieren transparente Varianten, die für sichtbare Körperstellen gedacht sind. Für einen optimalen Behandlungserfolg werden hydrokolloide Pflaster in der Regel so lange auf der Haut belassen, bis sie sich von selbst ablösen. Die ersten Hydrokolloide für den Handverkauf wurden als Blasenpflaster entwickelt.

Sie wirken druck- und schmerzlindernd und polstern die Blase ab. Eine verstärkte Polsterung entsteht bei Aufnahme von Blasenflüssigkeit, wenn sich die Blase öffnet. Weitere klassische Indikationen sind Hühneraugen und Hornhaut, die sich durch das feuchte Wundmilieu bis in die Tiefe befeuchten und aufweichen lassen, sodass eine leichtere Entfernung möglich wird. Außerdem sorgt das Gelpolster für Schmerzlinderung, da es den Druck vom Hühnerauge auf die umliegende Haut ableitet. Daneben existieren Lippen-Herpespflaster auf Hydrokolloid-Basis. Sie unterstützen das Abheilen der Herpesbläschen und helfen, Schmerzen, Spannungsgefühle und Juckreiz der Haut zu minimieren sowie die Wundregion vor äußeren Einflüssen zu schützen. Zugleich beugen sie einer Schorf- und damit einer Narbenbildung vor. Zudem finden Wundauflagen mit eingearbeiteten Hydrogelen bei kleinen Schnitt- und Schürfwunden oder Blasen Verwendung.

Da Hydrogele über einen ausgeprägten Kühleffekt verfügen, werden sie besonders häufig bei oberflächlichen Verbrennungen eingesetzt. Einige Präparate werden sogar speziell als Brandwundenpflaster angeboten. Hydrogel-Verbände können bis zu sieben Tagen auf der Wunde verbleiben. Neben fertigen Wundauflagen schaffen auch feuchtigkeitsspendende Wundgele auf Hydrogel-Basis ein feuchtes Wundklima und damit optimale Bedingungen für die Wundheilung. Sie unterstützen den Heilungsprozess in jeder Wundheilungsphase und können zu jedem Zeitpunkt bei allen Wundarten angewendet werden. Eine Schorfbildung und ein Verkleben mit der Wundauflage wird verhindert, sodass ein atraumatischer Verbandwechsel möglich ist. Auch Pflaster mit Polyurethan eignen sich für alle Arten von kleineren Wunden.

Da sie darüber hinaus das Narbenrisiko reduzieren, existieren auch spezielle Narbenpflaster mit Polyurethanen. Das Material aktiviert Regenerationsprozesse im Narbengewebe, indem Blutzirkulation und Temperatur im betroffenen Bindegewebe angeregt und damit die Stoffwechselprozesse gesteigert werden. Narbenpflaster können hypertrophe und keloide Narben zwar nicht vollständig eliminieren, sie tragen aber dazu bei, das kosmetische Erscheinungsbild zu verbessern, indem sie die Narben heller, flacher und weicher machen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 09/2021 ab Seite 88.

Gode Chlond, Apothekerin

×