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Repetitorium

WUNDEN – TEIL 2 –

Im zweiten Teil liegt der Fokus auf der Versorgung akuter Bagatellwunden. Neben Reinigung und Desinfektion wird die Abdeckung von Wunden mit konventionellen Wundauflagen vorgestellt.

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Optimale Wundheilbedingungen erleichtern einen ungestörten Wundverschluss. Daher stehen Reinigung und Desinfektion der Wunde an erster Stelle, gefolgt von einem adäquaten Wundverband.

Wunden reinigen Nur eine saubere und nicht infizierte Wunde kann komplikationslos heilen. Doch selbst winzigste Blessuren können keimbelastet oder mit Schmutzpartikeln verunreinigt sein. Vor allem Schürfwunden müssen häufig von Sandkrümeln und Steinchen befreit werden, bevor sie abgedeckt werden können. Kleine Läsionen lassen sich meist bereits am Unfallort ohne ärztliche Hilfe selbst adäquat reinigen. Oft reicht es aus, unter fließendem Leitungswasser winzige Fremdkörper aus der Wunde herauszuspülen.

Ist kein Wasserhahn in der Nähe, leistet Mineralwasser (am besten ohne Kohlensäure) gute Dienste. Zur Entfernung festsitzender Partikel sind abgeschrägte Pinzetten empfehlenswert. Alternativ stehen Wundreinigungstücher oder Kompressen (am besten steril) zur Verfügung. Mit ihnen kann die Wunde vorsichtig abgetupft werden, um Teilchen zu lösen. Da die Tücher meist mit einem antimikrobiellen Wirkstoff (z. B. Alkohol) getränkt sind, erfolgt zugleich eine Desinfektion.

Zur Wundreinigung eignen sich auch desinfizierende Sprays, die durch ihren Sprühdruck die Wunde über ein reines Desinfizieren hinaus gleichzeitig auswaschen. Sie sind auch bei Schnittwunden ideal, um tief sitzende Partikel auszuschwemmen. Fertige Wundspüllösungen wie physiologische Kochsalz- oder Ringerlösungen sind bei Bagatellwunden selten erforderlich. Sie kommen vorrangig in der ärztlichen Praxis bei großflächigen, tiefen oder chronischen Wunden zum Einsatz.

Wunden desinfizieren Stark verschmutzte oder infektionsgefährdete Wunden werden mit Antiseptika desinfiziert, um potenzielle Infektionen zur vermeiden. Prinzipiell erfolgt eine Wunddesinfektion nur kurzfristig (maximal sechs Tage), da zu häufige Anwendungen den Wundheilungsprozess stören können. Bei kleinen unkomplizierten Wunden reicht häufig ein einmaliges Desinfizieren aus. Wirkstoffe der ersten Wahl sind Octenidin und Polyhexanid. Die farblosen Verbindungen besitzen ein breites mikrobielles Wirkspektrum und eine gute Schleimhaut- und Hautverträglichkeit. Durch Kombination von Octenidin mit Phenoxyethanol wird zudem eine synergistische Wirkung erreicht. Ebenso besitzen Präparate auf Povidon-Jod-(PVP- oder Polyvinylpyrrolidon-Jod)-Basis ein umfassendes Wirkungsspektrum gegen Pilze, Bakterien, Mykobakterien und Viren sowie hohe Abtötungsraten nach kurzer Einwirkzeit.

Durch Einbau des Jods in das Polyvinylpyrrolidon-Molekül ist PVP gut verträglich für Haut und Schleimhäute ohne zu brennen. Allerdings wird die Substanz durch Blut und Eiter inaktiviert, sodass sie sich nicht für blutende Wunden eignet. Ebenso darf sie nicht bei Jodüberempfindlichkeit, Schilddrüsenerkrankungen und Schwangeren zur Anwendung kommen. Da PVP-Präparate durch den Jodgehalt eine rötlich-braune Farbe haben, sollte die Wunde mit einer Wundauflage abgedeckt werden. So sind (reversible) Verfärbungen von Textilien zu vermeiden. Die Kombination mit silberhaltigen Verbänden eignet sich nicht, da es zu einer gegenseitigen Wirkungsabschwächung durch Bildung von Silberjodid kommt. Ansonsten sind antimikrobielle Wundauflagen mit Silber eine wirkungsvolle Option zur Wunddesinfektion.

Chlorhexidin wird aufgrund seiner antibakteriellen Wirkung vor allem in der Zahnmedizin geschätzt, aber auch zum Desinfizieren der Haut verwendet. Allerdings wird eine wundheilungshemmende Wirkung für die Substanz diskutiert. Der früher häufig verwendete Farbstoff Gentianaviolett gilt heute als obsolet, da er stark wundheilhemmende Eigenschaften aufweist. Ebenso kann Wasserstoffperoxid die Wundheilung negativ beeinflussen. Zudem hat es nur eine geringe antiseptische Wirkung, da der Wirkstoff in Gegenwart von Blut durch Peroxidasen und Katalasen zersetzt wird. Andere Substanzen wie Kaliumpermanganat oder Quecksilberpräparate werden wegen ihres allergisierenden Potenzials heute nicht mehr eingesetzt. Letztere sind darüber hinaus auch aus toxischer Sicht bedenklich. Zudem wird Ethacridinlactat nicht mehr empfohlen, da es zu Hautirritationen führen kann. Antiseptika auf alkoholischer Basis sind für offene Wunden wiederum nicht so gut geeignet, da sie stark brennen und damit die Wunde zusätzlich reizen. Immer wieder kursierende Hausmittel wie Puder, Mehl oder Öl gehören nicht auf offene Wunden, da sie die Wunde verkleben und die Heilung stören.

Wunden abdeckenWundverbände können zur schnellen und ungestörten Heilung beitragen. Zum einen dienen sie der Infektionsprophylaxe, indem sie die Wunde keimfrei abdecken und so Schutz vor dem Eindringen von Mikroorganismen, Fremdkörpern oder Schmutz bieten. Darüber hinaus bewahrt ein Verband vor mechanischen Einflüssen wie Druck oder Stoß, sodass die Haut in Ruhe heilen kann und das neu gebildete, empfindliche Ersatzgewebe nicht gleich wieder zerstört wird. Wundauflagen besitzen zudem eine hohe Saug- und Aufnahmekapazität für Sickerblutungen und überschüssiges Wundsekret, womit sie ein Aufweichen des Gewebes in der Wunde und Wundumgebung verhindern.

Zugleich ermöglichen sie ein Ableiten von Exsudat, Gewebetrümmern und Keimen. Schließlich können Wundverbände als Trägermaterial für lokal anzuwendende Arzneimittel (z. B. Antiseptika) dienen. Zur Wundabdeckung stehen verschiedene Verbandmaterialien zur Verfügung. Grundsätzlich muss in konventionelle und moderne hydroaktive Wundauflagen unterschieden werden. Erstere sind Bestandteil der trockenen, herkömmlichen Wundversorgung, bei der die Wunde Schorf bildet, der sich als schützende Kruste über den offenen Defekt legt. Unter hydroaktiven Wundauflagen wird hingegen eine Schorfbildung unterbunden, womit vor allem für den Heilungsprozess chronischer Wunden optimale Voraussetzungen geschaffen werden.

Konventionelle Wundauflagen Die Schorfbildung bei der trockenen Wundversorgung ist mit mehreren Nachteilen verbunden. Zum einen trocknen wundheilfördernde Substanzen aus der Wundflüssigkeit wie Enzyme, Hormone oder Wachstumsfaktoren im Schorf aus und stehen damit nicht mehr für den Heilungsprozess zur Verfügung. Zudem wirkt die Kruste wie eine mechanische Barriere. Sie verhindert die Einwanderung neu gebildeter Zellen, sodass die Heilung verlangsamt wird. Nachteilig ist auch, dass herkömmliche Wundauflagen häufig mit den Wundgrund verkleben und daher beim täglich notwendigen Verbandwechsel das empfindliche, neu gebildete Gewebe mit abreißen.

Dennoch hat die althergebrachte Versorgungsmethode ihre Berechtigung und findet immer noch breite Verwendung. Konventionelle Wundauflagen dienen zur Erstversorgung von Wunden als sterile Abdeckung und sind daher unverzichtbarer Bestandteil eines Verbandskastens. Sie eignen sich zudem besonders für unkomplizierte Wunden mit schmalem Wundspalt (z. B. Schnittverletzungen, OP-Nähte), da aufgrund der kleinen Wundfläche das Risiko des „Trockenlaufens“ der Wunde geringer ist als bei großflächigen Defekten. Außerdem eignen sie sich zur Akutversorgung kleiner unkomplizierter Bagatellverletzungen.

Infizierte Wunden
Der Einsatz von Lokalantibiotika sollte zurückhaltend erfolgen. Da generell die Gefahr der Resistenzbildung besteht sowie einige Vertreter ein allergenes Potenzial aufweisen oder die Wundheilung hemmen, sind sie keine geeignete Option zur Infektionsprophylaxe. Sind die Wunden hingegen bereits infiziert, verordnen Dermatologen häufig Salben und Cremes mit Fusidinsäure, einer bakteriostatisch wirksamen Substanz, die aus dem Pilz Fusidium coccinium gewonnen wird. Für den rezeptfreien Einsatz stehen zur Behandlung kleiner oberflächlicher Wunden mit bakterieller Superinfektion ein Gel sowie ein Wundpuder mit Tyrothricin zur Verfügung.

Der Wirkstoff wird aus dem Bakterium Bacillus brevis isoliert und setzt sich zu circa 70 bis 80 Prozent aus Tyrocidinen und zu circa 20 bis 30 Prozent aus Gramicidinen zusammen. Mit diesen beiden Bestandteilen wirkt Tyrothricin bakterizid gegen die wichtigsten Erreger von Wundinfektionen (u. a. grampositive Bakterien inklusive MRSA, einige gramnegative Erreger, verschiedene Pilze inklusive Candida albicans). Trotz jahrzehntelanger Verwendung von Tyrothricin konnten dabei bislang keine Resistenzbildungen beobachtet werden.

Wundschnellverbände Am häufigsten kommen Wundschnellverbände, die umgangssprachlich als Pflaster bezeichnet werden, zum Einsatz. Sie bestehen aus verschiedenen Trägermaterialien (z. B. Vlies, Polyester-Vlies, Vliesstoff, Baumwoll-Vlies, Polyurethan-Folie), auf deren Klebeseite eine saugende, möglichst nicht mit der Wunde verklebende Wundauflage (z. B. aus Baumwolle, Viskose, Polyester, Vliesstoff) befestigt ist. Bei den Pflastern steht eine umfangreiche Produktpalette zur Verfügung: Unsterile Meterware oder fertig geschnittene Pflasterstrips (steril oder unsteril) in unterschiedlichen Größen, Farben (weiß, hautfarben, bunt) und Klebeeigenschaften.

Während stark klebende Varianten meist mit einem Kleber aus Zinkoxid und synthetischem Kautschuk versehen sind, findet sich bei den hautfreundlichen Pflastern Polyacrylat-Kleber. Pflasterstrips gibt es auch als wasserdichte Variante (meist transparente Polyurethanfolie) sowie aus flexiblem, elastischem Material und besonders geformt (z. B. für Finger, Fingerkuppen, Fingergelenke sowie Knie- oder Ellenbogen). Für bewegliche und schwer zugängliche Stellen sind auch Sprühpflaster geeignet. Dabei handelt es sich nicht im eigentlichen Sinne um Wundschnellverbände, sondern um einen flexiblen, wasserfesten und atmungsaktiven Polymerfilm. Dieser passt sich optimal den Körperbewegungen an und kann bei nicht blutenden, kleinen oberflächlichen Wunden verwendet werden. Für infektionsgefährdete Bagatellwunden sind spezielle Pflaster mit silberhaltigen Wundauflagen erhältlich.

Die antiseptisch wirkenden Silberionen werden freigesetzt, wenn die Wundauflage mit dem Wundexsudat oder Blut in Kontakt kommt. Bei trockenen Wunden lässt sich somit kein Infektionsschutz erzielen, ebenso nicht bei der gleichzeitigen Verwendung von Antiseptika auf Jod-Basis wegen der bereits genannten Silberjodid-Bildung. Aber auch andere Cremes und Salben sollten nicht auf die Wunde aufgebracht werden, da sie eine Barriere für die Freispülung der Silberionen darstellen.

Wundnahtstreifen beziehungsweise Klammerpflaster bestehen aus verschiedenartigen, nicht dehnbaren, verstärkten Gewebestoffen (z. B. Vliesstoff, Viskose) und sind mit einem Polyacrylat-Kleber beschichtet. Sie stehen in verschiedenen Breiten (3 bis 25 mm) zur Auswahl, um für unkomplizierte kleine Platzwunden, Riss- oder Schnittverletzungen eine sichere, gleichbleibende Adaption der Wundränder zu ermöglichen. Zudem können sie für eine Verstärkung und Entlastung genähter Wunden sorgen. Wundnahtstreifen erfordern sowohl ein sehr sorgfältiges Aufbringen als auch Entfernen. Beim Lösen der Streifen müssen Hautläsionen, die leicht durch die starke Klebkraft entstehen, vermieden werden.

Kompressen und Wundgaze Zur Primärversorgung größerer akuter Wunden in der Entzündungsphase bedient man sich Kompressen. Sie kommen auch zur Wundreinigung entweder trocken oder getränkt mit Spüllösungen (z. B. Kochsalz-, Ringerlösung) sowie als Arzneiträger (z. B. Antiseptika) zum Einsatz. Kompressen sind in steriler oder unsteriler Ausführung und in verschiedenen Materialien (z. B. Mull, Vliesstoff) erhältlich. Zudem unterscheiden sie sich in Faden- und Lagenzahl, wobei ihre Saugkapazität mit Anzahl an Lagen und Fäden pro Quadratmeter steigt, ihre Luftdurchlässigkeit aber sinkt.

Unter einer Saugkompresse versteht man eine Kompresse, die sich durch einen mehrschichtigen Aufbau verschiedener Materialien (z. B. Zellstoff, Cellulose, Viskose, Baumwolle, Polyester) und einer antiadhäsiven Umhüllung (z. B. perforierte Polyethylenfolie) auszeichnet. Aufgrund des hochsaugfähigen Kerns besitzt sie eine besonders große Saugkapazität und zugleich gute Polstereigenschaften. Mit der äußeren Hüllschicht soll ein geringes Verkleben mit der Wunde erreicht werden. Einige Produkte sind zudem auf der Rückseite mit einer feuchtigkeitsabweisenden Schicht als Wäscheschutz ausgestattet, damit kein Exsudat durchschlägt.

Ebenso lässt sich mit Wundgazen ein Anhaften der Wundauflage mit der Wunde vermeiden. Sie bestehen aus einem leichten gitterartigen Gewebe aus Baumwolle, Cellulose oder Kunstfasern, das mit hydrophoben Fettsalben getränkt wurde. Man spricht auch von Salbenkompressen. Durch die großen Lücken im Gitter kann Wundsekret in das aufgelegte Saugmaterial abfließen. Hydroaktiv imprägnierte Wundgazen sind mit gelbildenden Partikeln versehen, die sich in Verbindung mit dem Wundsekret in ein Gel umwandeln, das die Wunde feucht hält und somit ihr Austrocknen verhindert. Sie zählen zwar noch zu den konventionellen Wundauflagen, sorgen aber für ein feuchtes Wundmilieu, was sich stimulierend auf die Wundheilung auswirkt. Wundgazen mit einem Silberüberzug sind für infizierte oder keimbelastete Wunden zur Infektionsprophylaxe gedacht.

FixiermittelKompressen und Wundgaze lassen sich auf der Haut auf unterschiedliche Art und Weise befestigen. Häufig reichen Heftpflaster, also Pflaster von der Rolle, die in verschiedenen Varianten zur Auswahl stehen. Mit ihnen werden Wundauflagen an den Rändern fixiert. Wie bei den Wundschnellverbänden existieren auch bei den Heftpflastern verschiedene Größen beziehungsweise Breiten. Zudem bestehen sie aus verschiedenen Materialien und verfügen je nach Kleber über unterschiedliche Klebeeigenschaften. Mit breitflächigen Fixierpflastern kann die Wundauflage vollflächig befestigt werden, mit Polyurethanfolien kann sie wasserdicht fixiert werden.

Alternativ lassen sich Wundauflagen mit einer Mullbinde umwickeln. Diese Methode wird hauptsächlich zum Anlegen von Verbänden an Extremitäten verwandt. Ist die Wundauflage schon mit der Mullbinde fest verbunden, handelt es sich um ein Verbandpäckchen. Mullbinden sind nicht steril und dürfen daher nicht direkt auf Wunden aufgebracht werden. Sie stellen lediglich einen Sekundärverband zur Befestigung von Verbänden dar. Als Fixiermittel dienen zudem elastische Fixierbinden, Dreieckstücher oder Netz- und Schlauchverbände. Bei Letzteren handelt es sich um eine nahtlose Strickware, mit denen sich selbst an schwierigen Stellen (z. B. Kopf, Rumpf) Wundauflagen fixieren lassen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/2021 ab Seite 88.

Gode Chlond, Apothekerin

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