Was wäre die Welt ohne ...
... COFFEIN?
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Wissen Sie, welches die meistkonsumierte psychoaktive Substanz auf der Welt ist? Coffein. Völlig legal tunen sich damit viele, viele Menschen auf Leistung, vorzugsweise morgens, denn dann besetzt das beliebte Purinalkaloid die Adenosin-Rezeptoren, woraufhin der Botenstoff seine müde machende Wirkung nicht mehr entfalten kann. Coffein ist also eigentlich ein Verhinderer, aber auch ein Förderer, putscht ein bisschen auf und man wird fit wie’s Schmidtchen. Was dann daraus wurde, hätte sich selbst Konfuzius nicht in seinen kühnsten Träumen ausmalen können.
Die Chinesen hatten natürlich Camellia sinensis zuerst entdeckt, die Teepflanze, und es dauerte lange, lange, lange, bis sie ihr Wissen mit dem Rest der Welt teilten. Tee und Kaffee kamen so ungefähr zu selben Zeit nach Europa. Um 1660 wurde das erste Kaffeehaus in Bremen eröffnet und die neue Frau des britischen Königs, Katharina von Braganza, brachte ihren Landsleuten das Teeschlürfen um Five o’clock bei. Doch heimlich, still und leise ist jetzt was im Gange.
Deutschland war stets das Land der Kaffeetrinker, außer die Ostfriesen, die tranken immer Tee. Im weltweiten Ranking der teeimportierenden Staaten sind wir (noch) unter ferner liefen, aber das ändert sich gerade. Ich stolperte jüngst über einen Werbespruch eines sehr schicken Geschäftes in Berlin-Mitte, das sich ausschließlich mit Tee beschäftigt: „Wir möchten das Geschenk des guten Tees mit so vielen Menschen wie möglich teilen und sie dafür begeistern, Tee als Medium für einen gesunden, kreativen und erfüllten Lebensstil zu nutzen.“ Das nenne ich Mehrwert!
Gesund, kreativ und erfüllt wollte ich auch gern sein, und so kaufte ich hundert Gramm der fermentierten Blätter des Kamelienstrauches für 13 Euro. Christoph Peters, der Autor des Buches „Diese wunderbare Bitterkeit“ meint sogar, Tee sei das Getränk der Stunde – „sozusagen die Fortsetzung von Downtown Abbey im heimischen Wohnzimmer.“ Er stehe für den westlichen Trend zur Entschleunigung und Wertigkeit, Recht hat er wohl. Coffein ist ja in den schwarzgrünbraunen Schnipseln auch vorhanden, sogar mehr als in einer vergleichbaren Menge gemahlener Kaffeebohnen, nur dass mehr Wasser dazu kommt, also ist dann doch weniger in der Tasse.
Nachdem ich mich ein wenig mit dem Thema beschäftigt hatte, stieß ich auf folgende Formulierungen: „fordernd fruchtig“, „rasant animierend“, „Geschmacksnoten von Bergamotte, Holz und Leder“, von „harzig-holzigem Charakter“, von „blumiger Süße, Heu und einem kräftigen Schuss Coffein“ – ha, da ist es wieder. Geht also doch wieder darum, erzählt mir doch nix, ihr Tee-Connaisseure!
Wachen Auges bewegte ich mich also durch die Innenstadtlage, fand mehrmals Läden, die „Coffee to go“ anboten. Es machte mich stutzig, dass es eine Entsprechung für Tee einfach nicht gab. Ich begann zu grübeln. Was war das Geheimnis, der große Separator, was unterschied Kaffee und Tee so grundlegend voneinander? Doch nicht das Coffein und seine unterschiedliche Art der Freisetzung? Und dann hab‘ ich es herausbekommen, es ist ganz einfach: Kaffee kann man während des Gehens trinken. Für Tee muss man sich hinsetzen.
Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 03/2022 auf Seite 146.
Alexandra Regner, PTA und Medizinjournalistin