Frau mit schmerzverzerrtem Gesicht greift sich im Flugzeug an die Ohren© PRImageFactory / iStock / Getty Images Plus
Woher kommt Ohrendruck im Flugzeug und wie verschwindet er wieder? Ein HNO-Arzt klärt auf.

Landeanflug

OHRENDRUCK IM FLUGZEUG: WAS DAHINTER STECKT UND WAS HILFT

Es ziept und man möchte nur, dass es endlich „knackt“ im Ohr. Das unangenehme Gefühl im Flieger kennen viele – manche Menschen sind besonders betroffen. Ein HNO-Arzt sagt, was gegen Ohrendruck hilft.

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Wenn der Sinkflug beginnt, kommt bei vielen Passagieren irgendwann dieses unangenehme Druckgefühl im Ohr.

Oft helfen schon kleine Kniffe, damit sich alles wieder frei anfühlt. Manche Menschen aber haben mehr damit zu kämpfen – etwa, wenn sie mit Allergien oder Schnupfen fliegen. Was hinter dem Ohrendruck steckt und was man dagegen tun kann.

Woher kommt das Druckgefühl und warum gerade beim Landen?

Das Druckgefühl im Ohr tritt auf, wenn der Luftdruck im Mittelohr und der Luftdruck in der Umgebung nicht gleich sind – und die Ohrtrompete (auch Eustachische Röhre genannt), die das Mittelohr mit dem Rachenraum verbindet und den Luftdruck im Ohr steuert, nicht rasch genug den Druckwechsel ausgleichen kann.

Beim Steigflug nach dem Start wird der Luftdruck in der Umgebung geringer. Dadurch entsteht im Ohr ein Überdruck, der aber recht leicht entweichen kann, weshalb hier selten Probleme auftreten. 

Beim Sinkflug vor der Landung ist es umgekehrt: Der Luftdruck von außen nimmt zu, im Ohr entsteht ein Unterdruck. Die Schleimhäute und das Trommelfell ziehen sich zusammen – wie unter einer Saugglocke.

Die Folge kann ein Ziepen sein und das Bedürfnis, dass es mal „knacken“ soll im Ohr, damit der Druck weggeht.

Was kann man dagegen tun?

Kieferbewegungen sorgen dafür, dass die Ohrtrompete sich öffnet, und helfen so, den Druck auszugleichen – also Gähnen, Kauen, Sprechen. Auch Schlucken hat diesen Effekt, weil dann bestimmte Muskeln im Gaumen angespannt werden, wodurch sich die Ohrtrompete ebenfalls öffnet, wie der HNO-Arzt Bernhard Junge-Hülsing aus Starnberg erklärt. Deshalb ist es eine gute Idee, während des Sinkflugs vor der Landung immer wieder zu trinken.

Ebenfalls hilfreich ist das Valsalva-Manöver: Klingt kompliziert, hat aber vermutlich jeder schon einmal gemacht. Man atmet ein, hält dann Mund und Nase geschlossen und versucht, gegen den Widerstand auszuatmen. Das sorgt für einen Druckausgleich im Ohr.

Wer Probleme mit dem Druckgefühl während des Sinkflugs hat, kann auch spezielle Ohrstöpsel fürs Fliegen ausprobieren. Er selbst sei skeptisch gewesen, aber Patienten hätten ihm berichtet, dass das bei ihnen geholfen habe, sagt Junge-Hülsing. Die Idee hinter den Stöpseln: Sie sollen den steigenden Luftdruck, der von außen wirkt, vom Ohr fernhalten.

Warum macht der Landeanflug manchen Menschen besonders große Probleme?

Die meisten haben keine Probleme mit dem Druckausgleich. Doch wer Schnupfen hat, allergische Symptome, Polypen (insbesondere Kinder), eine Mittelohrentzündung oder eine verbogene Nasenscheidewand kann damit zu kämpfen haben. Hier braucht die Ohrtrompete dauernd Unterstützung, sonst kann es schnell sehr schmerzhaft werden.

„Wer solche Probleme hat, sollte schon zu Beginn des Sinkflugs damit beginnen, selbst Druckausgleich zu machen“, rät Junge-Hülsing. Also die oben beschriebenen Maßnahmen anwenden. Bei Schnupfen und Allergiesymptomen sollte man zudem abschwellendes Nasenspray nehmen.

Gerade kleine Kinder sollten viel trinken, weil ihnen das Schlucken gegen die Beschwerden hilft.

Wovon der Mediziner bei ihnen abrät, sind das Lutschen von Bonbons oder das Kauen von Gummibärchen oder Kaugummi – Verschluck- und damit Erstickungsgefahr. Wichtig zu wissen: Infekte oder Allergien lösen Entzündungen der Schleimhäute aus. Das kann dazu führen, dass die Ohrtrompete verstopft – sie öffnet und schließt dann nicht mehr richtig. Im Extremfall kann das Trommelfell reißen, wenn es gar keinen Druckausgleich mehr gibt. Das passiert aber sehr selten.

Woher kommen allergische Symptome im Flugzeug?

Laut Junge-Hülsing könnten Hausstaubmilben die Übeltäter sein. Sie kommen demnach über die Kleidung und die Haut von Passagieren an Bord und nisten sich auf den Flugzeugsitzen ein, besonders in Stoffbezügen. Woher er die Vermutung hat: „Wenn mir Patienten sagen, dass sie immer beim Fliegen ein Problem mit dem Druckausgleich haben, mache ich einen Allergietest“, sagt der Arzt. „Oft kommt dann raus, dass eine Hausstaubmilbenallergie vorliegt, von der sie bislang nichts wussten.“

Zur Person: Bernhard Junge-Hülsing ist HNO-Mediziner in Starnberg und Pressesprecher des Deutschen Berufsverbands der Hals-Nasen-Ohrenärzte.

Quelle: dpa

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