Zwei Hände in Handschuhen setzen mit Operationsbesteck ein Puzzle in Form einer Schilddrüse zusammen.© Sakramir / iStock / Getty Images Plus
Im Fall eines Reaktorunglücks soll die Schilddrüse lieber hochdosiertes Jod aus Tabletten verstoffwechseln als radioaktives Jod aus der Luft. Das ist das Prinzip der Jodblockade.

Jodblockade

KEINE JODBLOCKADE AUF EIGENE FAUST

Die Nachfrage nach Jod-Tabletten ist aus Angst vor einer möglichen Strahlenbelastung durch den russischen Krieg gegen die Ukraine deutlich gestiegen. Die Nachfrage sei gewachsen, weil Menschen derzeit sehr verunsichert seien, teilte die niedersächsische Apothekerkammer mit.

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Die Apotheken raten von einer Einnahme ab. Niedrig dosierte Jodid-Tabletten, wie sie etwa zur Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen erhältlich sind (100 oder 200 Mikrogramm), seien nicht als Strahlenschutzmaßnahme geeignet. Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker wie auch das Bundesumweltministerium raten vor einer selbstständigen Jod-Einnahme ab: Das gesundheitliche Risiko sei erheblich, während die Einnahme aktuell keinen Nutzen habe.

In der vergangenen Woche war auf dem Gelände von Europas größtem Atomkraftwerk in der Ukraine nach Kämpfen ein Feuer ausgebrochen, das inzwischen gelöscht ist. Der Vorfall hatte neue Ängste vor einer Atomkatastrophe geschürt.

Man müsste hunderte Tabletten schlucken – ohne Nutzen

Eine Sprecherin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) hatte kürzlich darauf hingewiesen, dass bei einem Atomunglück eine riesige Menge der niedrig dosierten Tabletten eingenommen werden müsste.

Die Tabletten, die tatsächlich zur Jod-Blockade gedacht sind, enthalten 65 Milligramm Kaliumiodid, das entspricht 50 Milligramm Jodid. Erwachsene nehmen zwei Tabletten. Man müsste also 500 der 200-Mikrogramm-Tabletten schlucken, um auf die erforderliche Dosis Jod zu kommen – absurd. Eine solche Menge Jodid einzunehmen, ohne, dass es nötig ist, birgt zudem gesundheitliche Risiken. Die Jod-Blockade ist nur dann sinnvoll, wenn es tatsächlich zu einem Atomunglück kommt – nicht prophylaktisch. Bei einer zu voreiligen Einnahme kann das Jod zudem schon wieder abgebaut sein, bevor es benötigt wird.

Sollte ein Ereignis eintreten, bei dem radioaktives Jod in der Luft zu erwarten ist, übernehmen die Katastrophenschutzbehörden die Verteilung entsprechender Tabletten in möglicherweise betroffenen Gebieten. Laut Bundesamt für Strahlenschutz sind in Deutschland derzeit etwa 190 Millionen Tabletten eingelagert, auf lokale Standorte verteilt. Im Bedarfsfall würde eine Ausgabe der Tabletten über die örtlich zuständigen Katastrophenschutzbehörden in jeder Gemeinde und jeder größeren Ortschaft erfolgen.

Quellen:
dpa
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/jod-tabletten-nicht-prophylaktisch-nehmen-131660/seite/alle/ 

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