Einmachgläser im Regal.© monticelllo / iStock / Getty Images

Fermentieren

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Fermentieren zum Haltbarmachen liegt voll im Trend. Inzwischen beleben auch Trendküchen der Spitzengastronomie die Methode, denn die Nachfrage ist groß: Gemüse & Co. aus dem Glas schmeckt nicht nur, sondern stärkt auch die Gesundheit.

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Fermentieren bezeichnet die mikrobielle Umwandlung organischer Stoffe durch Bakterien-, Pilz- oder Hefekulturen oder durch den Zusatz von Enzymen, die man früher auch Fermente nannte. Bei diesem natürlichen Prozess entstehen Säure, Gase oder Alkohol. Dies verhindert das Überleben schädlicher Keime.

Seit wir sesshaft wurden Als unsere Vorfahren nicht mehr nur Jäger und Sammler waren, sondern sesshaft wurden und landwirtschaftlichen Anbau betrieben, galt es, die Ernteerträge haltbar zu machen. Dazu war Fermentation neben Trocknen, Räuchern und Einfrieren in natürlichem Eis die wichtigste Konservierungsmethode. Erste Aufzeichnungen dazu von 7000 v. Chr. stammen aus China.

Dabei ging es um die Herstellung eines Getränks aus Reis, Weißdorn, Honig und Weintrauben. Zu wahren Fermentationsmeistern wurden später die alten Ägypter: Fermentierte Lebensmittel waren die Hauptnahrungsquelle dieser Hochkultur. Neben der Konservierung standen auch stets Gaumenfreuden und Erhalt der Gesundheit im Fokus. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Die wichtigsten Fermentationsarten Um mit Hilfe von Mikroorganismen Lebensmittel haltbar zu machen, gibt es verschiedene Vorgehensweisen. Hier die drei wichtigsten. Die Milchsäuregärung, auch Lacto-Fermentation genannt, ist die gängigste Art der Fermentation. Dabei wandeln Milchsäurebakterien unter Ausschluss von Sauerstoff Zucker in Milchsäure um. Die Lactobazillen finden sich überall und entsprechend nahezu auf jedem Gemüse, das fermentiert werden soll. Frisches Gemüse enthält oftmals von sich aus genügend Milchsäurebakterien, weshalb kein Einsatz von Starterkulturen notwendig ist.

Während der Fermentation konserviert die Milchsäure das fermentierte Gemüse und es entstehen Duft- und Geschmacksstoffe, die dem Gemüse den einzigartigen sauren und erfrischenden Geschmack verleihen – das typische Aroma milchsauer vergorener Lebensmittel wie Sauerkraut. Die Alkoholfermentation oder alkoholische Gärung verläuft unter anaeroben Bedingungen und wird zur Herstellung alkoholischer Getränke wie Wein und Bier sowie zum Backen von Brot genutzt. Das Fermentieren erfolgt durch Hefekulturen wie Saccharomyces.

Dabei wird die Glucose im Ausgangsmaterial durch Enzyme in den Hefezellen zu Ethanol und Kohlenstoffdioxid abgebaut. Bei der Essigsäuregärung wandeln Essigsäurebakterien, Acetobacter, Zucker oder Alkohol zu Essigsäure um. Bekannte Beispiele dafür sind Apfelessig und Weinessig. Auch eine alkalische Gärung ist möglich. Getreidekörner, Wurzelknollen und Samen können so fermentiert werden. Diese Art der Fermentation erfolgt meist mit Hilfe des Bakteriums Bacillus subtilis.

Vorsicht Histamin
Fermentierte Lebensmittel können viel Histamin enthalten. In den unverarbeiteten Lebensmitteln ist der Gehalt dieses Botenstoffs noch gering, doch durch den mikrobiologischen Verarbeitungsprozess kann er stark ansteigen. Bei einer Unverträglichkeit von Histamin kann das zu allergischen Reaktionen führen.

Warum Fermentieren gesund ist Was die Fermentation gesundheitlich wertvoll macht, ist allen voran die Bildung von Milchsäurebakterien bei diesem Prozess. Diese nachgewiesen „guten“ Einzeller gelangen mit dem fermentierten Lebensmittel in den Darm und bereichern das Darmmikrobiom. Darüber hinaus entstehen durch das Fermentieren auch Probiotika, bekanntlich ebenso positiv für die Gesundheit.

Weitere gesundheitlich nützliche Produkte aus dem Fermentationsprozess sind Omega-3-Fettsäuren, B-Vitamine sowie Vitamin K. Noch ein Pluspunkt: Da bei der Fermentation viele Kohlenhydrate abgebaut werden, sind solcherart konservierte Nahrungsmittel auch noch kalorienarm. Gerade für Diabetiker ist Fermentiertes damit auch bestens geeignet.

So geht Fermentieren Zum Fermentieren können im Prinzip alle Gemüsesorten verwendet werden. Festes Gemüse, wie Karotten, Rüben, Rote Bete, Rettich, Sellerie oder sämtliche Kohlsorten, eignen sich jedoch am besten. Auch Knoblauch und Zwiebeln sind ein Fall für die Fermentation. Gemüsearten wie Tomaten, Gurken oder Blattgemüse sind wegen ihres relativ hohen Wassergehalts weniger geeignet. Es ist ganz wichtig, keimarm zu arbeiten. Daher am besten die Schneideunterlage vorab mit kochendem Wasser reinigen und die Hände gründlich mit Seife und Bürste waschen.

Für den Fermentationsprozess wird das geraspelte, geschnittene oder gehobelte Gemüse in ein Gefäß aus Ton oder Glas gegeben. Die Mischung für mehrere Minuten durchrühren, damit bereits Saft austritt. Bei besonders hartem Gemüse bietet es sich an, dieses zu stampfen. So tritt mehr Flüssigkeit aus. Das Gemüse wird dann mit einer zweiprozentigen Salzlake – zwanzig Gramm Speisesalz auf ein Liter Wasser – aufgegossen. Wichtig ist, dass das Gemüse komplett mit Flüssigkeit bedeckt ist.

Denn bei Anwesenheit von Sauerstoff könnte sich Schimmel bilden, der das Fermentationsgut ungenießbar macht. Salz ist insofern wichtig, weil es das Wachstum anderer unerwünschter Bakterien verhindert und die Vermehrung der Milchsäurebakterien unterstützt. Denn diese Bakterien sind bis zu einem gewissen Grad salztolerant. Nach Zugabe der Salzlake wird das Gefäß verschlossen und der Deckel beschwert – je nach Größe des Behälters mit einem gefüllten Wasserglas oder einem Stein.

Dann stellt man das Gefäß an einen abgedunkelten Platz bei Temperaturen zwischen 15 und 22 Grad Celsius. Nach drei bis vier Wochen ist die Fermentation dann abgeschlossen – gut erkennbar daran, dass sich das Gemüse verfärbt hat und weich geworden ist. Das fertig fermentierte Gemüse wird in Schraubverschluss- oder Einmachgläser abgefüllt, fest verschlossen und im Kühlschrank aufbewahrt. Dadurch wird die weitere Gärung gestoppt. Auf diese Weise ist das Fermentationsgut mindestens ein halbes Jahr haltbar.

Übrigens …
… die Bezeichnung Fermentieren leitet sich von dem lateinischen Begriff „fermentum“ ab, zu Deutsch Gärung. Fermentation und Gärung müssen jedoch voneinander abgegrenzt werden. Denn Gärung findet immer anaerob, also unter Ausschluss von Sauerstoff, statt. Dagegen schließt die Fermentierung auch aerobe Vorgänge unter Anwesenheit von Sauerstoff mit ein.

Weitere Einsatzgebiete Die Fermentation spielt nicht nur eine wichtige Rolle beim Haltbarmachen von Lebensmitteln. Sie wird auch zum Abbau von Gerbstoffen in den Blättern von Tee- und Tabakpflanzen sowie Kaffeebohnen eingesetzt. Bei der Herstellung von Sojasauce dient sie der Entwicklung von Geschmacksstoffen. Auch in der Landwirtschaft findet sie Verwendung: Hier wird sie für die Herstellung von Biotreibstoffen durch die Vergärung von Biomasse genutzt.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 04/2022 ab Seite 102.

Birgit Frohn, Diplombiologin und Medizinjournalistin

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