Sonne scheint durch Baumwipfel.© Smileus / iStock / Getty Images

Ayurveda

HEILKRÄFTE DER SONNE

Die Sonne und ihre Energie sind lebenswichtig. Welche zentrale Rolle spielt sie in der ayurvedischen Lehre? Welche Stoffe dürfen sich Heilmittel der Sonne nennen? Und was kann man alles mit Hilfe der Sonne heilen?

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Ein spürbares Aufatmen geht durch die Natur, wenn sich die Sonne, ihr Licht und ihre Wärme wieder über die Welt ausbreiten und den Winter ablösen. Mit dem 1. März beginnt der meteorologische Frühling, jedes Jahr aufs Neue. Die Sonne weckt die Lebensgeister in Mensch, Tier und Pflanzenwelt. Doch was ist es, was die Sonne so besonders macht?

In der griechischen Mythologie galt der Sonnengott Helios als Spender von Licht, Leben und Energie. Mit den ersten warmen Sonnenstrahlen kleidet sich die Natur in zartes Grün und schmückt nach dem grauen Winter die Umgebung mit allen erdenklichen Farben. So wird die Sonne auch als Fruchtbarkeitsspenderin bezeichnet.

Herz des Planetensystems Alles dreht sich um die Sonne. Sie strahlt in der Mitte unseres Sonnensystems, ist der Urquell des Lebens. Sie bestimmt über Nacht und Tag, über hell und dunkel oder warm und kalt. Sie gibt den Rhythmus des Lebens vor. Von allen kosmischen Kräften beeinflusst uns die Sonne am meisten, zumindest am Tag. In der Nacht übernimmt der Mond.

Die Sonne findet sich in allem Lebendigen wieder. Aber es gibt bestimmte Tiere, Pflanzen oder Mineralien, in denen sich die Eigenschaften der Sonne mehr und auf ganz besondere Weise widerspiegeln. Das sind die Heilmittel der Sonne. Es geht um Licht, Wärme und Rhythmus. Finden wir diese Eigenschaften in der Natur wieder, so stoßen wir auf den Geist der Sonne.

Farbe der Sonne Wir ordnen der Sonne die Farben Gelb, Gold bis Orange zu. Finden wir diese Eigenschaften in der Natur wieder, steckt dort nach der ayurvedischen Lehre pure Sonnenkraft drin. So zum Beispiel in allen gelben Blüten, wie Johanniskraut, Ringelblume oder Schöllkraut, sowie in Gold, Schwefel oder Bernstein oder der Biene und sogar in ihrem Honig.

Johanniskraut Dieses Kraut kennen wir gut in der Apotheke. Es ist ein Stimmungsaufheller, der bei depressiven Verstimmungen, Ängsten und nervöser Unruhe eingesetzt wird. Die Inhaltstoffe hemmen die Wiederaufnahme von Serotonin. Johanniskraut wird im Idealfall ab dem Johannistag am 24. Juni geerntet, da der Wirkstoffgehalt dann am höchsten ist.

Am besten am späten Vormittag, nachdem der Morgentau abgetrocknet ist. Die kräftige Sommersonne verleiht dem Johanniskraut die Macht, Körper und Seele zu heilen. Auch das Johanniskrautöl ist sehr bekannt und beliebt. Die Blüten werden circa sechs Wochen lang in Olivenöl an der Sonne gelagert, um das rote hypericinhaltige Heilöl zu erhalten. Es ist sehr geeignet als Ohrentropfen bei Vatabeschwerden, wie Tinnitus oder zur Narbenpflege. Nur Vorsicht mit der Kleidung!

Sonnenmetall Gold Aurum metallicum, das Metall des Lichts (AUR = Licht), verkörpert wie kein anderer Stoff die lebensspendende und strahlende Kraft der Sonne. Gold eignet sich nicht nur für den rastlos Suchenden, der in der Homöopathie mit Tiefpotenzen behandelt wird, sondern auch für den Einsamen und Schwermütigen. In dem Fall eignen sich eher die Hochpotenzen, wie Aurum D30. Bei Erschöpfungszuständen nimmt man besser die niedrigen Potenzen. Das Wort Melancholie stammt übrigens von den Wörtern melanos (schwarz) und chole (Galle). Der griechische Arzt Galen benannte dies so, weil die Seele bei einem Melancholiker einer Sonnenfinsternis gleiche und keine Sonnenkraft mehr fließe.

Sonnentiere Die Honigbienen, Apis mellifica, leben im Rhythmus der Sonne. Erst wenn es warm wird, fangen sie an auszuschwärmen. Im Winter sammeln sich alle Arbeiterbienen um die Bienenkönigin, Apis regina. Anthroposophische Mittel mit der Kraft der Bienenkönigin gehören zu den Ich-stärkenden Arzneitieren.

Sie zentrieren die Persönlichkeit und heben das Selbstwertgefühl an. Auch das Sechseck der Bienenwaben erinnert an die Sonne. Der Honig gilt als stoffgewordene Lichtenergie. Apis mellifica ist in der Homöopathie zu einem bekannten Mittel geworden. Bei Stichen, Schwellungen mit Rötung, stechenden und brennenden Schmerzen wird es erfolgreich eingesetzt. Auch bei Heuschnupfen, Rheuma, Mandelentzündungen oder Zysten spielt es eine Rolle.

Frühlingskraft Der Frühling schenkt uns mit der Sonnenenergie viele Wildkräuter. Bärlauch, Brennessel, Brunnenkresse, Gänseblümchen, Gundelrebe, Löwenzahn, Schafgarbe oder Spitzwegerich. Aus ihnen lassen sich Wildkräutersuppen, -salate oder Smoothies zubereiten. Und auch die Schlüsselblume ist ein Bote des Frühlings. Sie wird als Schlüssel zur Frühlingssonne bezeichnet. Ihre Blüten sehen aus wie ein Schlüsselbund und sind zudem gelb.

Man sagt, dass sie nach dem kalten Winter die Herzen der Menschen wieder öffnen. Auch der lateinische Name ist vielversprechend. Primula veris, was so viel heißt wie kleiner Erstling des Frühlings. Die Blüten und die Wurzel des Frühlingsblühers werden zur Unterstützung des Abhustens bei Bronchitis und Husten mit zähem Schleim sowie bei Nasennebenhöhlenentzündung mit Schnupfen eingesetzt. Die Schlüsselblume ist deshalb in einigen Phytopharmaka zu finden.

Ayurvedische Aspekte Surya namaskar, der Sonnengruß hat im Yoga eine große Bedeutung. Wir grüßen die Sonne. Wir verneigen uns vor ihr. Surya, die Sonne, hat auch im Ayurveda eine große Bedeutung. Sie ist die Grundlage des Feuerelementes im menschlichen Organismus und somit für unsere Körpertemperatur sowie alle Umwandlungsvorgänge im Rahmen der Verdauung und des Stoffwechsels zuständig. Ihre Eigenschaften sind heiß, trocken, leicht und penetrierend. Ayurveda berücksichtigt nicht nur die Tages- und Jahreszeiten, sondern auch die Phasen des Mondes und den Fluss der Sonnenenergie.

Veränderungen spiegeln sich im menschlichen Körper wieder. Die Sonne steht in Verbindung mit Bewusstheit und Achtsamkeit, der Mond steht in Verbindung mit dem Geist, der Veränderungen von Emotionen und mentalen Zuständen hervorruft. Der Mond, Gott des Wassers, steht für Kapha. Seine Eigenschaften sind kühl, weiß, langsam und dicht. Eigenschaften, die Kapha repräsentieren. Während der Vollmondphase ist Kapha im Körper erhöht und das Element Wasser wird durch die Außenwelt stimuliert. In dieser Zeit steigt das Wasser in den Meeren an. Wir haben Flut.

In allen Lebensformen lässt sich eine Erhöhung des Wassergehalts feststellen. Kapha-bedingte Krankheiten, wie zum Beispiel Asthma werden sich während der Vollmondzeit verschlechtern. Frauen leiden während der Menstruation stärker an Unterleibsbeschwerden. Während der Neumondphase hingegen ist die Sonnenenergie besonders intensiv. Die Sonne steht für Pitta, deren Eigenschaften heiß, fließend, trocken, leicht und subtil sind. Sie regen an, beschleunigen und fördern die Aktivität. Leiden Menschen an Pitta-bedingten Krankheiten, werden sie vermehrt Beschwerden zur Neumondzeit haben.

Lebenselixier Sonne Ziel der Menschheit ist es das Lebensfeuer am Brennen zu halten, am besten bei guter Gesundheit und frohem Gemüt. Die Sonnenkraft ist dafür unerlässlich. Es gibt auch Lebenselixiere, die gleich mehrere Sonnenheilmittel beinhalten. Insbesondere schwache oder alte Menschen, sowie Menschen mit chronischen Erkrankungen brauchen diese wärmenden Sonnenelixiere.

Die Wirkung der Sonnenheilmittel vereinen daher meist die Anregung der Lebensgeister und Stärken der Abwehr. Bei einem Vata-Überschuss friert man, ist nervös, hat vielleicht Angst, begleitet von kaltem Angstschweiß, oder hat Gelenkprobleme. Im Ayurveda führen wir nun Wärme zu. Wieso machen wir uns nicht die Sonnenenergie in allen möglichen Formen zunutze?

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 03/2022 ab Seite 130.

Stefanie Berhausen, Apothekerin, Ayurveda-Gesundheitsberaterin, Meditations- und Yogalehrerin, www.vedawelt.de

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