Tatort Apotheke
CLONIDIN
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Herr Rainer Schumann ist ein Stammkunde, der der PTA gut bekannt ist. Heute bringt er ein Rezept vom Augenarzt über clonidinhaltige Augentropfen in die Apotheke. Da die PTA weiß, dass er ein sensibler Kunde ist, der seinen Medikamenten gegenüber eher kritisch eingestellt ist, überprüft sie rasch seine Arzneimittelhistorie.
Sie bemerkt, dass Herr Schumann bereits ein Kombinationsmittel aus Ramipril und Hydrochlorothiazid zur Therapie seiner Hypertonie einnimmt. Zunächst erfragt sie den Grund der Clonidinverordnung. Der Patient berichtet, dass bei ihm ein Glaukom mit einem erhöhten Augeninnendruck festgestellt worden sei und er nun diese Tropfen zunächst für einige Wochen anwenden sollte.
Pharmakologischer Hintergrund Clonidin ist ein alpha-2-Rezeptor-Agonist, der über die Bindung an G-Protein-gekoppelte Adrenorezeptoren sowohl in der Peripherie als auch im ZNS zu einer verminderten Noradrenalinfreisetzung und so zu einer Senkung des Sympathikustonus führt. Indirekt wird außerdem der Parasympathikus aktiviert. Clonidin ist eine mögliche Therapieoption zur Senkung des Augeninnendrucks, insbesondere für eine kurzzeitige Behandlung und bei schwierigen Verläufen eines Glaukoms.
Bei der Anwendung am Auge erhöht der Wirkstoff den Abfluss des Kammerwassers und verringert dessen Produktion. Bei Eintropfen in nur ein Auge ist auch im unbehandelten Auge ein schwächer ausgeprägtes, paralleles Absinken des Druckes messbar. Dieser Effekt tritt bei den höheren Clonidinkonzentrationen stärker auf, bei niedrigen jedoch kaum. Pupillenweite und -motorik sowie die Akkomodation werden durch Clonidinaugentropfen normalerweise nicht beeinflusst.
Der Wirkstoff wird aber über die Augenbindehaut und die Nasenschleimhaut in gewissem Maße resorbiert und umgeht so den Firstpass- Effekt der Leber. Clonidin zeigt deshalb auch bei lokaler Gabe häufig systemische Wirkungen, die sich in einer allgemeinen Blutdrucksenkung und Sedierung beim Patienten äußern. Auch Mundtrockenheit kann auftreten. Zusammen mit anderen blutdrucksenkenden Arzneistoffen eingesetzt, wie es bei Herr Schumann der Fall ist, können sich die senkende Effekte auf den Blutdruck und die Herzfrequenz verstärken.
Zurück zum Fall In der Vergangenheit litt Herr Schumann schon häufig unter Blutdruckschwankungen, seine Therapie wurde mehrfach umgestellt. Zurzeit sind seine Werte stabil. Die PTA fragt den Patienten, ob der Augenarzt ihn auf mögliche blutdrucksenkende Effekte der Augentropfen hingewiesen habe. Das verneint dieser.
Die PTA rät vor der Anwendung der neuen Augentropfen Rücksprache mit dem Hausarzt zu halten und empfiehlt, sich für die ersten Male der Anwendung anschließend etwas Zeit zu Hause zu nehmen und nicht mit dem Auto zu fahren, um eine mögliche Einschränkung der Reaktionsfähigkeit zunächst zu testen. Außerdem sei es sinnvoll ein Blutdrucktagebuch zu führen und ein Mal täglich den Blutdruck zu messen. Der Hausarzt habe dann immer noch die Möglichkeit bei zu niedrigen Werten in Rücksprache mit dem Augenarzt die Blutdrucktherapie anzupassen.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 02/14 auf Seite 26.
Dr. Katja Renner, Apothekerin