Ayurveda
BUDDHI – DIE ENTSCHEIDUNGSKRAFT
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Dafür schauen wir uns das Modell des menschlichen Geistes aus der Yoga-Wissenschaft an. Dabei wird der Geist, Antarkarana, als Instrument der Seele angesehen. Er besteht aus folgenden vier Teilen: Manas, Chitta, Buddhi und Ahamkara. Jenseits dieser vier Teile befindet sich Atman, unser Selbst, die Seele.
- Manas Es ist das Denkprinzip, das einfache Denken, Wahrnehmung, Gefühle. Manas ist also die reine Sinneswahrnehmung. Sie wandelt die durch die Sinne übermittelten Informationen in Bilder, Klänge, Gerüche, Geschmäcker um und gibt ihnen Namen. Manas vergleicht die Sinneswahrnehmung mit dem im Unterbewusstsein (Chitta) Gespeicherten und gibt sie an unsere Unterscheidungskraft (Buddhi) zwecks Beurteilung weiter.
- Chitta Es bedeutet im engeren Sinne das Unterbewusstsein. Hier sind alle Erfahrungen gespeichert, die das Individuum gemacht hat. Im Chitta sind auch alle Wünsche, Fähigkeiten und auch Traumata aus diesem und auch früheren Leben der Seele abgespeichert.
- Buddhi Das ist unser Unterscheidungs-, Entscheidungsund Urteilsvermögen. Es besteht aus dem Intellekt und der ganzheitlichen Intuition.
- Ahamkara Dies ist der sogenannte Ich-Macher, das Ego. Durch das Ego identifizieren wir uns mit dem was wir wahrnehmen. „Mein Haus, mein Auto, ...“ und dem Instrument der Wahrnehmung, dem Körper. Deshalb sagen wir: Ich bin der Körper, ich bin groß, ich bin schlau ... Das Ego möchte Bestätigung haben, wie zum Beispiel „Ich bin ein toller Künstler.“ Wir dürfen ihm ruhig Bestätigung geben, aber nicht daran haften, denn es ist nicht endgültig.
Wie ein See Patanjali, ein indischer Gelehrter, definiert Yoga als „ Yogas Chitta Vritti Nirodah“, was so viel bedeutet wie das Zur-Ruhe-Kommen der Gedanken im Geiste. Über die Herrschaft der Gedanken (Vrittis) gelangt der Yogi zu seinem wahren Wesen. Unser Geist lässt sich gut mit einem See vergleichen. Auf dem Grund des Sees liegt ein Schatz, der durch die Wellen des Sees verborgen ist. Die Wellen sind die Gedanken. Der Schatz ist unser wahrer Kern. Kommen die Gedanken zur Ruhe, so erkennen wir unser wahres Selbst.
Fünf Zustände des Geistes Der erste ist Mudha. Der Geist ist träge, faul, wie ein verunreinigter See. Die zweite Zustandsform heisst Kshipta. Zerstreut und unruhig. Dies wäre wie ein See an einem windigen Tag. Die dritte Form ist Vikshipta. Ein Bemühen um Konzentration und sich sammeln herrscht vor. Wie ein See, der von gleichmäßigen, ruhigen Wellen gekennzeichnet ist. Der vierte Zustand heisst Ekagrata. Einpünktig. Dies passiert anstrengungslos.
Es bedeutet die volle Konzentration zu haben, welche die intuitive Erfahrung und Erweiterung des Bewusstseins ermöglicht. Und letztendlich der fünfte Geisteszustand, Nirodah. Das zur Ruhe kommen der Gedankenwellen. Das vollkommene Aufhören aller Gedanken, welches die Erfahrung des Selbst ermöglicht. Dies wäre ein See an einem komplett windstillen Tag, der ganz klar ist und auf dessen Grund man den Schatz in seiner ganzen Größe und Schönheit sehen kann.
Achtsamkeit lässt sich im Alltag an einfachen Dingen üben. Bleibe gedanklich bei dem was du gerade tust, zum Beispiel beim Autofahren.
Gedankenkraft Der menschliche Geist ist ohne Grenzen. Der Gedanke steht am Anfang von allem. Alles, was wir erreichen möchten, kommt vom Geist. Sei es Glück oder Unglück, Erfolg oder Misserfolg. Wir müssen lernen, mit unserem Geist umzugehen. Er ist geprägt durch unsere Gene, unsere Erziehung und durch frühere Leben. Es kann sein, dass wir Glaubenssätze in uns tragen, wie zum Beispiel „Das schaffe ich nie“ oder „Das habe ich nicht verdient.“
Sie limitieren oder blockieren uns, etwas Bestimmtes für uns zu erreichen. Diese gilt es aufzulösen oder umzuwandeln in „Ich kann alles schaffen“ oder „Ich verdiene nur das Beste“. Das heißt, wir können jederzeit unseren Geist neu programmieren. Anstatt über die Vergangenheit zu lamentieren, können wir die Gegenwart und die Zukunft neu erschaffen. In- dem wir uns entscheiden, jetzt damit zu starten. Und nicht irgendwann. Denn der Mensch besitzt einen freien Willen. Er kann jederzeit seinen Geist verändern und damit sein Leben frei gestalten.
Praxistipps Mindfulness oder Achtsamkeit - im täglichen Leben können wir dies theoretisch andauernd üben. Am Anfang ist es am leichtesten bei Dingen zu praktizieren, die auf den ersten Blick stupide wirken, wie zum Beispiel beim Autofahren, Haushaltsarbeiten oder in der Warteschlange. Wir trainieren unseren Geist genau bei dem zu sein, was wir gerade tun.
Der Mensch oder der Gegenstand, der gerade vor uns steht, ist das Allerwichtigste auf der Welt und wird mit allen Sinnen wahrgenommen. Wir denken nicht an heute Abend oder daran, was wir gleich noch einkaufen müssen. Wir nehmen nur war, was gerade ist. Beobachten Sie mal, wie sich Ihr Gefühl von Zeit jetzt anfühlt. Vielleicht steht die Zeit für einen Moment still und Sie fühlen sich entschleunigt?
Weiter ist es wichtig, das Positive zu sehen. Veränderungen als Chance zum Wachstum oder Krankheit als Möglichkeit zur Besinnung zu kommen. Durch Verluste zu merken, wie endlich das Leben ist und dass es jetzt an der Zeit ist, Dinge zu tun und nicht zu warten. Und wenn etwas schiefgegangen ist, es als das zu sehen, was es ist. Es hat keinerlei Einfluss darauf, wie der Tag weitergeht und wie es beim nächsten Mal wird.
Wille Was ist das überhaupt? Der Wille ist die Kraft, mit der wir das, was wir für richtig erkannt haben, in die Tat umsetzen. Es ist die Kraft, die hinter allen anderen geistigen Kräften steht. Um ihn zu stärken, können wir Meditationen wie zum Beispiel die Eigenschafts-Meditation üben. Wir sagen das Mantra: Mein Wille ist stark und unbesiegbar. Das können wir auch außerhalb der Meditation immer wieder für uns wiederholen.
Dabei stellen wir uns willensstarke Menschen oder Idole vor und fühlen genau, wie sie sich fühlen würden. Ganz entschieden und klar. Auch beim Yoga gibt es bestimmte Asanas, die die Willensstärke verbessern, wie zum Beispiel die Heuschrecke. Wiederholen Sie Affirmationen wie „Mein Wille ist stark“ besonders dann, wenn Ihr Gehirn im Alpha-Zustand ist.
Das ist es immer dann, wenn Sie tiefenentspannt sind, zum Beispiel am Ende einer Yogastunde in Savasanna, der Endentspannungslage, oder auch, wenn Sie in der Natur sind und sich verbunden fühlen. Dann haben unsere Gedanken und Worte die meiste Kraft auf unser Unterbewusstsein und entfalten somit die größtmögliche Wirkung.
Um ayurvedisch zu sprechen, heißt es, wir besänftigen Vata, um unsere Gedanken zu beruhigen, wir stärken unser Pitta, welches eine gute Entscheidungs- und Willenskraft von Natur aus bereits mitbringt, und wir schauen, dass wir mit Hilfe unseres Kapha-Anteils aus unserer ruhenden Mitte heraus handeln.
Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 06/2022 ab Seite 118.
Stefanie Berhausen, Apothekerin, Ayurveda- Gesundheitsberaterin, Meditations- und Yogalehrerin, www.vedawelt.de