Arthrose
GELENKSCHMERZEN AUFHALTEN UND BEHANDELN
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Das geistige Alter hat man lange im Griff und auch das biologische Alter kann man durch Sport, Ernährung und Achtsamkeit lange in Schach halten. Aber früher oder später zwickt und zwackt es doch: mal im Rücken, mal im Knie oder den Handgelenken.
Was nicht bedeutet, dass Jüngere verschont bleiben: Krankheiten des rheumatischen Formenkreises können ebenso genetisch bedingt, durch Überbelastung entstehen oder aus einer Verletzung oder einem Infekt resultieren. Auch das Geschlecht nimmt Einfluss. Vor dem 55. Lebensjahr erkranken hauptsächlich Männer, darüber hinaus trifft es eher Frauen.
Geschwollene Gelenke
Hinter dem großen Begriff „Rheuma“ verbergen sich mehr als 100 verschiedene Krankheitsbilder. Arthrosen bedingen dabei die häufigsten chronischen Gelenkbeschwerden. Normalerweise schützt eine geschmeidige dicke Knorpelschicht unsere Gelenke, also die Stellen, an denen die Knochen aufeinandertreffen.
Baut sich die Knorpelmasse langsam ab, rücken die Knochen immer näher aneinander heran. Gelenkbewegungen schmerzen zunehmend, es können Entzündungen entstehen, die Gelenke können anschwellen und sich versteifen.
Ganz klassisch sind das die Fingerendgelenke (Heberdenarthrose) das Daumensattelgelenk (Rhizarthrose) oder die Handgelenke – gerne auch gemeinsam. Dann liegt eine Polyarthrose vor. Arthrosen am Hüftgelenk (Coxarthrose) oder dem Kniegelenk (Gonarthrose) werden als schwer eingestuft.
Komplexes Gleichgewicht
Knorpelgewebe kann man sich wie einen gallertartigen Schwamm zwischen zwei Knochenenden vorstellen: Es besteht zu 95 Prozent aus Wasser, Kollagen und Proteoglykanen. Der Rest sind Knorpelzellen. Durch sie unterliegt die Knorpelmasse ständigen Auf- und Abbaumechanismen. Bei einer Arthrose ist dieses Gleichgewicht gestört und die Knorpelmasse schwindet.
Zunächst versucht der Körper dem entgegenzuwirken und bildet neues Knorpelgewebe. Dieses ist jedoch nicht qualitativ gleichwertig mit dem früheren Gewebe – es ist dünner, reißt schneller ein und eine unebene Oberfläche erschwert den reibungslosen Bewegungsablauf.
Früher oder später ist das Knorpelgewebe irreversibel geschädigt. Und spätestens jetzt setzen die ersten spürbaren Beschwerden ein: Bewegungsschmerz, später auch in Ruhe, Morgensteifigkeit, knirschende oder knackende Geräusche unter Bewegung oder gar Einschränkungen in der Bewegung. Schwellen die Gelenke an und fühlen sich überwärmt an, ist es zu einem Gelenkerguss gekommen.
„95 Prozent aus Wasser, Kollagen und Proteoglykanen.“
Durch eine Entzündung an der Gelenkinnenhaut (Synovialis) wird zu viel Gelenkflüssigkeit (Synovia) gebildet. Normalerweise nährt die zähflüssige Synovia den Knorpel und wirkt als zusätzlicher Gleitfilm. Bei einer aktiven Arthrose feuert die überschüssige Flüssigkeit den Krankheitsprozess jedoch an: Gelenkergüsse treten schubweise ab einem fortgeschrittenen Arthrosestadium auf und setzen einen entzündlichen Teufelskreis in Gang, der immer mehr Knochen und Knorpel zerstört.
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Antientzündliche Therapie bei Arthrose
Zerstörter Knorpel kann nicht mehr wiederhergestellt werden. Die Arthrose-Therapie hat daher das Ziel, bestehende Knorpelmasse noch möglichst lange zu erhalten sowie die Beschwerden zu lindern. Je früher die Krankheit erkannt wird, umso besser. Doch da die Beschwerden häufig erst spät einsetzen oder nur sporadisch auftreten, besuchen viele erst dann eine ärztliche Praxis, wenn schon fortgeschrittene Knorpelschäden vorliegen.
In frühen Stadien kann man oft auf Medikamente verzichten und setzt auf Krankengymnastik, Körpergewichtsadaption, Vermeiden von Rauchen und übermäßigem Alkoholgenuss, orthopädische Hilfsmittel wie Einlagen oder Gehstöcke, Bandagen, Akupunktur oder lokale Stromtherapie. Sich nur noch körperlich zu schonen, zeigt einen gegenteiligen Effekt – es gibt aber viele gelenkschonende Sportarten, die die Beweglichkeit der Gelenke fördern können, beispielsweise Schwimmen, Radfahren oder regelmäßige Spaziergänge.
Schmerzmittel sollen nicht eigenständig über einen längeren Zeitraum eingenommen werden. Wenn Schmerzen und der Entzündungsgrad zunehmen, können NSAR wie Diclofenac, Naproxen oder Ibuprofen verordnet werden. Eine Dauermedikation birgt das Risiko steigender unerwünschter Wirkungen an den Nieren, den Gefäßen oder im Gastrointestinaltrakt, daher wird ihr Einsatz intermittierend empfohlen.
Wo es möglich ist, sollen die Wirkstoffe Ibuprofen oder Diclofenac lokal in Form von Salben oder Cremes angewendet werden. Auch Sprays oder wirkstoffhaltige Pflaster befinden sich auf dem Markt.
Mehr zur Pathophysiologie finden Sie in diesem Video.
Opioide sind als letzte Option zu bewerten. Coxibe wie Celecoxib verschonen die Magenschleimhaut, sind aber unter Umständen bei einer bestehenden Herzerkrankung kontraindiziert. Alternativ kann der Einsatz des Serotonin-Noradrenalin- Wiederaufnahme-Hemmers Duloxetin zur Schmerzstillung erwogen werden.
Spritzen oder nicht spritzen?
Das ist die große Frage. Die Antwort: Kommt drauf an. Liegt eine aktive Arthrose vor, lindern Cortison-Injektionen direkt in das betroffene Gelenk die akute Entzündung. Zu hoch dosiert schaden sie allerdings eher. Hyaluronsäure- Spritzen können bei all jenen versucht werden, denen NSAR keine Linderung verschaffen. Der Erfolg ist jedoch individuell und nicht vorhersehbar.
Weitere Injektionen, die derzeit diskutiert werden, wie plättchenreiches Plasma, lehnen die Leitlinien bisher ab. Operationen wie Endoprothesen oder Versteifungen sind der letzte Schritt auf einem langen Weg – und führen häufig nicht zu einem Ende der Beschwerden. Daher sollte dieser Schritt gut abgewogen und keinesfalls als einzig mögliche Option in Betracht gezogen werden.
Was man zusätzlich empfehlen kann
Millionen Menschen in Deutschland leiden ab und zu oder sogar täglich unter Arthrosebeschwerden. Dementsprechend gut gefüllt sind die Regale der Selbstmedikation, das wenigste ist jedoch in seiner Wirksamkeit in breiten klinischen Studien belegt. Einige Präparate kann man dennoch im Rahmen der ganzheitlichen Therapie ergänzend empfehlen. Arnikasalbe oder -creme zeigt eine vergleichbare Wirksamkeit wie entsprechende NSAR-haltige Lokaltherapien.
Topika mit Beinwellextrakt sind ebenfalls, wenn auch schwächer, wirksam. Laut Leitlinie können weder Weihrauch, Chondroitinsulfat noch Glucosamin empfohlen werden, da groß angelegte Studien fehlen – die Wirksamkeit von letzterem wird jedoch auch in Fachkreisen immer wieder kontrovers diskutiert.
Zuletzt fand eine schwache Empfehlung einer kontinuierlichen, begleitenden oralen Glucosamintherapie Einzug in die Leitlinie zur Behandlung der Gonarthrose. Zur rationalen Phytotherapie zählen Präparate mit standardisierten Extrakten aus der Wurzel der südafrikanischen Teufelskralle.
Klinische Studien belegen eine antiphlogistische sowie analgetische Wirkung durch das Zusammenspiel von Iridoidglykosiden, Phenolglykosiden und Sacchariden. Hierfür muss das Präparat jedoch ausreichend hoch dosiert werden: 4,5 Gramm Droge am Tag, das entspricht – je nach Art der Herstellung – bei den alkoholischen Extrakten 950 bis 1500 Milligramm Extrakt, bei den wässrigen Extrakten 2200 Milligramm.
Eine Wirkung kann ab einer regelmäßigen Einnahme von zwei Wochen erwartet werden. Standardisiertes Hagebuttenpulver – täglich zwei leicht gehäufte Teelöffel in Wasser oder Joghurt verrührt – zeigte in einzelnen Studien einen Effekt bei entzündlichen Beschwerden, von dem auch Arthrose-Betroffene profitieren könnten. Die enthaltenen Galactolipide senken Entzündungsparameter und hemmen die Chemotaxis, Vitamin C wirkt antioxidativ.
Red Flags
+ Augen auf und Knorpelmasse schützen
+ Anlaufschmerz, der häufig nach dem Aufstehen auftritt: Man läuft beschwerdefrei los, merkt aber nach ein paar Metern ein Ziehen oder Spannungsgefühl in den Gelenken.
+ Gelenksteifigkeit (Morgensteifigkeit)
+ Gelenkschmerzen bei Belastung (Belastungsschmerz)
+ Gelenkschwellungen
+ Dauerschmerz des Gelenks
+ verspannte Muskeln um das Gelenk
+ Bewegungseinschränkungen
Weitere klassische Phytopharmaka zur antiphlogistischen Therapie sind Weidenrinde-Präparate (empfohlene Tagesdosis 240 mg Gesamtsalicin), sowie Zubereitungen aus Brennnesselkraut. Nahrungsergänzungsmittel mit verschiedenen Mikronährstoffen versprechen eine bessere Versorgung des Knorpelgewebes. Sie enthalten neben Vitaminen und Mineralstoffen auch Glucosamin und Chondroitinsulfate – die Evidenz ist zweifelhaft, aber die Produkte beliebt. Auch ein Präparat aus Uridinmonophosphat, Vitamin B12 und Folsäure wird häufig in der Apotheke erfragt.
Die Behandlung der Arthrose stellt keine deklarierte Indikation dar. Bei unspezifischen Rückenschmerzen wie dem Wirbelsäulensyndrom oder bei durch Arthrose an der Wirbelsäule bedingte Rückenschmerzen kann das Präparat ergänzend eingenommen werden.
Mehr Mittelmeerkost
Einheitliche Empfehlungen für diätische Maßnahmen gegen Arthrose gibt es nicht. Jedoch sollten Betroffene ihre Ernährung ausgewogen, obst- und gemüsebasiert gestalten und ihren Fleischkonsum – vor allem von verarbeiteten Produkten wie Wurst – reduzieren. Tierische Lebensmittel wie Milch(produkte) und Eier sollten nicht gestrichen, aber seltener verzehrt werden.
„Menschen, die unter Arthrose leiden, sollten auf eine obst- und gemüsebasierte Ernährung umstellen“.
Omega-3-Fettsäuren aus Seefisch, Nüssen und hochwertigen Pflanzenölen runden das mediterrane Ernährungskonzept ab, dem man einen positiven Einfluss auf das Entzündungsgeschehen im Körper zuspricht.