Artensprünge
WENN MENSCHEN TIERE INFIZIEREN
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Das Coronavirus sprang mit hoher Wahrscheinlichkeit von Fledermäusen auf den Menschen über. Auch viele weitere Erkrankungen wie die Schweinegrippe, SARS und MERS sowie die Vogelgrippe sind sogenannte Zoonosen – also Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen weitergegeben werden. Das erregte stets große wissenschaftliche Aufmerksamkeit. Doch was ist, wenn die Übertragung andersherum verläuft? Welches Risiko birgt es, wenn ein Krankheitserreger vom Menschen auf vorher nicht betroffene Tierarten übertragen wird?
Diese Spillbacks gefährden Artenschutzbemühungen und können durch Rückübertragungen auch zum Gesundheitsproblem für Menschen werden. Ein Team um Anna Fagre von der Colorado State University in den USA hat sich näher damit auseinandergesetzt. Ihr Co-Autor Gregory Albery erläutert: „Wir haben die Literatur durchforstet, um herauszufinden, wie sich der Prozess in der Vergangenheit manifestiert hat.“ In 97 Fällen fanden die Forscher Berichte darüber, dass menschliche Krankheitserreger auf Tiere übertragen wurden. Fast die Hälfte davon betraf Tiere in Gefangenschaft, also in Zoos.
Primaten sind eng mit dem Menschen verwandt und somit gefährdet
Das kann allerdings auch daran liegen, dass Zootiere engmaschig von Tierärzten überwacht werden, somit also besondere Aufmerksamkeit bekommen. Und es erklärt auch, dass es sich in 57 Fällen (von 97) um Primaten handelt, die besonders engmaschig beobachtet werden. Diese zählen überdies zu den mit dem Menschen eng verwandten Spezies, sodass der Sprung für Viren kleiner ist als bei anderen Arten.
Eine unverhältnismäßig große Anzahl von Studien konzentriere sich zudem auf sogenannte „charismatische Tiere“ in Zoos oder unmittelbarer Nähe des Menschen, folgert Fagre; Tiere also, die wir gern betrachten und um uns haben.
Das Forscherteam kam zu folgenden Schlüssen: Denkbar sei zum einen, dass das übertragene Virus zu einer hohen Krankheitslast und vielen Todesfällen bei den betroffenen Tieren führt – das wäre ein großes Problem für Artenschutzbemühungen. Zum anderen ist es auch möglich, dass das Virus in der Tierart ein neues Reservoir findet und womöglich sogar neue, besorgniserregende Varianten bildet. Ob es die Tiere dabei sichtbar krank macht oder auch nicht, das spielt eine untergeordnete Rolle, denn nur selten führt diese Virenübertragung zu Morbidität und Mortalität. Entscheidender ist der sogenannte sekundäre Spillover, bei dem das veränderte Virus auf den Menschen zurück übertragen wird.
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Corona-Pandemie füttert Künstliche Intelligenz
Um für solche Fälle in Zukunft gewappnet zu sein, ist es wichtig, plausible Übertragungen und ihre möglichen Auswirkungen vorhersagen zu können. Dabei hilft künstliche Intelligenz. Die kann nämlich helfen, Schlussfolgerungen auf Basis der soliden Forschungsgrundlage zu ziehen. Erste Ergebnisse sind dabei vielversprechend; zum Beispiel gilt dies für Vorhersagen, welche Tierarten sich mit SARS-CoV-2 infizieren könnten.
„Es ist sehr befriedigend zu sehen, dass sich die Sequenzierung von Tiergenomen und das Verständnis ihrer Immunsysteme ausgezahlt hat“, betonen die Wissenschaftler. Dazu meint Alberys Kollege Colin Carson: „Die Pandemie gab den Wissenschaftlern die Möglichkeit, einige Prognoseelemente zu testen und es stellte sich heraus, dass wir besser vorbereitet sind als wir dachten.“
Also geht man daran, auch andere Krankheiten zu beobachten, zu analysieren und zu klassifizieren, um Vorhersagen zu treffen. „Wir beobachten SARS-CoV-2 genauer als jedes andere Virus auf der Welt, sodass wir erkennen können, wenn es zu einem Spillback kommt“, sagt Fagre. Daher sei es wichtig, die Gesundheit von Wildtieren genau zu einzuschätzen: „Wenn wir genau beobachten, können wir diese artenübergreifenden Übertragungsereignisse viel schneller erkennen und entsprechend handeln.“
Quelle: wissenschaft.de