Zecken-Warnschild im Wald© gabort71 / iStock / Getty Images Plus
In europäischen Zecken verbreitet sich das vor sechs Jahren in China entdeckte Alongshan-Virus (ALSV).

Alongshan-Virus

NEUES VIRUS VERBREITET SICH DURCH ZECKEN

Die Zecke an sich ist eher unscheinbar – doch trägt sie im Gepäck gern übertragbare Krankheiten. Jetzt kommt zu Borreliose und FSME noch eine neue hinzu: Das Alongshan-Virus (ALSV) wurde erstmals 2017 in China entdeckt und kursiert mittlerweile auch bei uns.

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Kopfschmerzen, Fieber – die Symptome waren ähnlich wie bei der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), die schon geraume Zeit durch den Stich des Spinnentieres übertragen wird. Nur dass man bei dem Patienten im chinesischen Alongshan keine FSME-Viren fand. Die grippeähnlichen Symptome stammten nämlich von einer neuen, bis dahin unbekannten Virenart, die daraufhin nach ihrem Entdeckungsort benannt wurde.

„Es ist davon auszugehen“, sagt Professor Dr. Tomas Jelinek, wissenschaftlicher Leiter des Centrums für Reisemedizin (CRM), „dass das Virus auch in Europa bereits länger zirkuliert und vermutlich auch schon zu Erkrankungen geführt hat.“ Diese seien jedoch wahrscheinlich mit nur leichten Symptomen verbunden gewesen. Wie auch immer – das CRM nimmt es zum Anlass, einmal mehr auf die Bedeutung von Zecken als Krankheitsüberträger hinzuweisen und zu einem guten Zeckenschutz aufzurufen.

Krankheitserreger im Zeckenspeichel

Dabei sind nicht die Zecken das Problem, sondern die Vielzahl an Viren und Bakterien, die sie am Ende jeder Blutmahlzeit übertragen können, Borreliose und FSME sind hier die bekanntesten. ALSV wurde mittlerweile in mehreren europäischen Ländern nachgewiesen, zum Beispiel im Speichel von Zecken, die an mehreren Standorten in Niedersachsen gesammelt worden waren. In der Schweiz ist es sogar häufiger anzutreffen als FSME.

Gerade jetzt, in der Urlaubszeit, machen es sich die Menschen im Reich der Zecken gemütlich: beim Picknick im Grünen beispielsweise, beim Streifzug durchs Unterholz oder auch nur bei der Gartenarbeit.

Dabei haben sich die Verbreitungsgebiete der achtbeinigen Krabbeltiere in den letzten Jahren deutlich ausgebreitet. Die milden Winter und wärmeren Sommer kommen den Tieren zugute, sogar zwei ursprünglich aus den Tropen stammende Arten der Gattung Hyalomma haben begonnen, sich in Deutschland zu etablieren – mitsamt Tropenkrankheiten.

ALSV vorbeugen

Für ALSV-Infektionen steht eine spezifische Behandlung nicht zur Verfügung – „daher ist es am effektivsten, sich vor den Zecken selbst zu schützen“, betont Jelinek. Allgemein wird zum Tragen langer, heller Kleidung geraten, auf der die Zecken leicht zu erkennen sind. Auch Repellenzien können sinnvoll sein.

Nach jedem Aufenthalt im Grünen sollte zudem der Körper gründlich abgesucht werden, denn oft krabbeln die Zecken mehrere Stunden lang auf der Haut umher, bevor sie sich festsetzen. Wenn sie sich einmal festgebissen haben, heißt es, die Tiere so schnell wie möglich wieder zu entfernen, denn Krankheitserreger – so sie vorhanden sind – werden erst am Ende der Blutmahlzeit ausgestoßen.

Impfung schützt vor FSME
„Wer in ein FSME-Risikogebiet reist und Outdoor-Aktivitäten plant, sollte sich außerdem dringend gegen FSME impfen lassen“, rät Jelinek. Die Gehirnentzündung kann schwere, zum Teil auch bleibende Schäden verursachen, die durch die Impfung äußerst effektiv verhindert werden könnten.

Fleischallergie nach Zeckenstich

In den USA entwickeln immer mehr Menschen eine Fleischallergie nach dem Stich der sogenannten Lone-Star-Zecke (Amblyomma americanum). Betroffene werden durch den Zeckenstich sensibilisiert und reagieren dann allergisch auf Alpha-Gal (Galactose-α-1,3-galactose, eine Zuckerart), die in den meisten Säugetieren vorkommt und sich in Fleisch und Fleischprodukten befinden kann. Symptome der Allergie können etwa Schwindel, Atemnot, Durchfall oder Ausschlag sein.
Zwischen 2010 und 2022 seien mehr als 110 000 Verdachtsfälle des sogenannten Alpha-Gal-Syndroms (AGS) identifiziert worden, teilte die US-Gesundheitsbehörde CDC mit. Möglicherweise könnten sogar um die 450 000 Menschen betroffen sein – da es so unbekannt sei, werde häufig nicht auf AGS getestet. Zu Deutschland lägen keine Daten vor, teilte das Robert Koch-Institut mit.

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