Wider Willen wach: Über Schlafstörungen und Stress
21 Minuten
- 1Schlafstörungen allgemein
- 2Stress und Schlaf
- 3Gesunder Schlaf
- 4Pflanzliche Hilfe bei Schlafstörungen
- 5Weitere Mittel gegen Schlafstörungen
- 6Lernerfolgskontrolle
01. April 2024
Schlafstörungen sind zu einer regelrechten Volkskrankheit geworden, unter denen alle Geschlechter aller Altersgruppen gleichermaßen leiden. Die Zahlen zur Prävalenz schwanken. Nach den Daten einer von der Techniker Krankenkasse (TK) 2017 durchgeführten Schlafstudie schläft jeder Dritte mittelmäßig bis schlecht. Dies bestätigt auch die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK), die sich im gleichen Jahr dem Thema Schlaf und Schlafstörungen gewidmet hat.
Laut ihrem Gesundheitsreport fühlen sich 80 Prozent der Arbeitnehmer von Schlafstörungen betroffen, was hochgerechnet auf die Bevölkerung etwa 34 Millionen Menschen sind.
Weiteres Ergebnis der repräsentativen DAK-Studie: Seit 2010 ist der Anteil der von Ein- und Durchschlafproblemen betroffenen 35- bis 65-jährigen Arbeitnehmer um 66 Prozent angestiegen.
Aber auch schon die jüngere Generation klagt über Schlafschwierigkeiten, wie eine 2022 vom Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlichte Erhebung über Schlafprobleme bei Heranwachsenden und jungen Erwachsenen offenbart. Demnach berichten knapp 20 Prozent der 18- bis 31-Jährigen über Ein- und Durchschlafstörungen.
Lernziele
Lernen Sie in dieser von der Bundesapothekerkammer akkreditierten Fortbildung unter anderem
• die Gründe für schlechten Schlaf kennen,
• inwiefern Stress eine Rolle dabei spielt,
• welche psychischen und physische Folgen Stress hat,
• warum der Mensch unbedingt schlafen muss,
• den physyologischen Schlafablauf kennen,
• welche Schlaftypen es gibt,
• wann definitionsgemäß eine Insomnie vorliegt und
• welche rezeptfreien Mittel für die Selbstmedikation von Ein- und Durchschlafsörungen empfehlenswert sind.
Schlaf und Gesundheit
Gründe für schlechten Schlaf gibt es viele. Einer davon ist der Gesundheitszustand. Der Zusammenhang von Schlafstörungen und Gesundheit wird in verschiedenen Untersuchungen deutlich. Wie eng schlechter Schlaf mit gesundheitlichen Problemen zusammenhängt, zeigt auch die TK-Schlafstudie:
- Von denen, die bei sehr guter oder guter Gesundheit sind, bewerten acht von zehn ihre Schlafqualität als sehr gut oder gut.
- Von denen, die angaben, lediglich zufrieden mit ihrer Gesundheit zu sein, kommen nur sechs von zehn auf einen erholsamen Schlaf.
- Und von denen, die ihre Gesundheit als schlecht beschreiben, schläft gerade einmal ein Viertel sehr gut oder gut.
Schlafstörungen: Was ist eine Insomnie?
Darunter versteht man nächtliche Schlaflosigkeit in Form von Ein- und Durchschlafstörungen oder vorzeitigem morgendlichem Erwachen. Diese Störungen des Schlafvorgangs werden vom Betroffenen unmittelbar erlebt und sind mit Einbußen der Tagesbefindlichkeit verbunden. Je nach Ausmaß der Beeinträchtigung definiert die Internationale Klassifikation der Schlafstörungen (International Classification of Sleep Disorders, ICSD) den Schweregrad einer Insomnie als leicht, mittel oder schwer.
Ursachen für Schlafstörungen
Im mittleren und fortgeschrittenen Alter sind neben organischen Erkrankungen (z. B. des Herzens, der Lunge, Diabetes, Harnwegsleiden) vor allem Schmerzen, eine schlafbezogene Atmungsstörung (Schlafapnoe) sowie Bewegungsunruhe und Missempfindungen in den Beinen (Restless Legs Syndrom) für schlaflose Nächte ursächlich verantwortlich. Letztere stellen sogar eigenständige Schlafstörungen dar. Aber auch Medikamente können in jeder Altersgruppe Schlafräuber sein.
Beispielsweise sind
- antriebssteigernde Antidepressiva (z. B. SSRI wie Citalopam, Sertralin oder Fluoxetin),
- Antiparkinsonmittel,
- Glucocorticoide,
- Antihypertonika (z. B. Betablocker),
- Schilddrüsenhormone,
- alpha-Sympathomimetika (z. B. in Erkältungsmitteln)
- und beta-Sympathomimetika (z. B. in Antiasthmatika) oft mit Ein- und Durchschlafstörungen verbunden.
Äußere Einflüsse wie beispielsweise ein gestörter Tag-Nacht-Rhythmus (z. B. durch Schichtarbeit, Jet-lag), Lärm (z. B. Schnarchen des Partners), störende Lichtquellen (z. B. von Smartphones und Tablets), eine zu warme oder zu kalte Raumtemperatur im Schlafzimmer sowie schwere Mahlzeiten oder anregende Getränke wie Cola, Kaffee oder schwarzer Tee am Abend beeinträchtigen die Schlafqualität bei jüngeren und älteren Menschen gleichermaßen.
Alkohol und Schlaf: Auch Alkohol wirkt sich negativ auf den Schlaf aus. Obgleich er rasches Einschlafen fördert, führt er zu einem flachen und unruhigen Schlaf in der zweiten Nachthälfte.
Besonders häufig sorgen aber psychische Belastungen wie stressbedingte Erschöpfung, Nervosität und Angstzustände sowie beruflicher und privater Stress für schlechten Schlaf.
Schlafstörungen: Was ist eine Hypersomnie?
Dies bezeichnet ein pathologisch erhöhtes Schlafbedürfnis und übermäßige Tagesschläfrigkeit. Beispielsweise sind schlafbezogene Atmungsstörungen (z. B. Schlafapnoe), schlafbezogene Bewegungsstörungen (Restless-Legs-Syndrom) oder die Narkolepsie mit einem übermäßigen Schlafbedürfnis verbunden.
Bei der Schlafapnoe kollabieren aufgrund einer Erschlaffung der Muskulatur und zu enger anatomischer Verhältnisse im Rachenraum die oberen Luftwege, was mit kurzen Aufwachreaktionen einhergeht. Dadurch wird eine Stressreaktion mit der Ausschüttung von Stresshormonen ausgelöst, die das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht.
Beim Restless-Legs-Syndrom kommt es bei körperlicher Ruhe, zumeist vor dem Einschlafen, zu quälenden Empfindungen in den Beinen, die zu einem unwiderstehlichen Bewegungsdrang führen.
Bei der Narkolepsie schlafen die Betroffenen aufgrund einer Störung der Schlaf-Wach-Regulation tagsüber plötzlich ein, unter Umständen mehrfach am Tage über Sekunden bis Stunden. Sie ist durch die Hauptsymptome exzessive Tagesschläfrigkeit und Kataplexien (plötzlicher Verlust des Tonus der Streckmuskulatur) charakterisiert.
Ursachen für Schlafstörungen: einige Beispiele
Erkrankungen | Medikamente | Lebens- und Genussmittel | Äußere Einflüsse | Psychische Belastungen |
Herzerkrankungen | Antriebssteigerde Antidepressiva (SSRI), z. B. Citalopram, Sertralin, Fluoxetin | Schwere Mahlzeiten | Gestörter Tag-Nacht-Rhythmus: Schichtarbeit, Jetlag | stressbedingte Erschöpfung |
Lungenerkrankungen | Antiparkinsonmittel | Koffeinhaltige Getränke am Nachmittag oder Abend | Lärm: schnarchender Partner, laute Umgebung | Nervosität |
Diabetes | Glucocorticoide | Alkohol | Störende Lichtquellen | Angstzustände |
Harnwegsleiden | Blutdrucksenker, z. B. Betablocker |
| Zu warme Raumtemperatur | Beruflicher Stress |
Schmerzen | Schilddrüsenhormone |
| Zu kalte Raumtemperatur | Privater Stress |
Schlafapnoe | Alpha-Sympathomimetika (in Erkältungsmitteln z. B.) |
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Restless Legs Syndrom | Beta-Sympathomimetika (in Antiasthmatika z. B.) |
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Schlafstörungen: Was ist eine Parasomnie?
Als Parasomnien werden motorische oder autonome Ereignisse bezeichnet, die aus dem Schlaf heraus auftreten, ohne dass die Betroffenen bei klarem Bewusstsein sind. Zum Beispiel Schlafwandeln, Zähneknirschen, Reden oder Aufschrecken mit Schreien. Die Ereignisse werden subjektiv meist nicht wahrgenommen und stören nicht zwingend die Erholungsfunktion des Schlafes.