Wider Willen wach: Über Schlafstörungen und Stress
21 Minuten
- 1Schlafstörungen allgemein
- 2Stress und Schlaf
- 3Gesunder Schlaf
- 4Pflanzliche Hilfe bei Schlafstörungen
- 5Weitere Mittel gegen Schlafstörungen
- 6Lernerfolgskontrolle
01. April 2024
Erholen und reparieren
Gesunder Schlaf ist also für die Gesundheit essenziell. Schlaf ist sogar lebensnotwendig. Er hält grundlegende körperliche Funktionen aufrecht und dient dem geistigen Wohlbefinden. Schlaf ist das wichtigste Regenerations- und Reparaturprogramm des Menschen. Wachstumshormone werden ausgeschüttet, das Immunsystem wird angeregt, um Krankheitserreger abzuwehren und Heilungsprozesse zu fördern.
Zugleich lässt ausreichend gesunder Schlaf weniger freie Radikale entstehen, die Entzündungsprozesse und verschiedenste Erkrankungen begünstigen. Schlaf ist auch für die Gedächtnisbildung unentbehrlich. Überflüssige Informationen werden verworfen, wichtige Erinnerungen und Erlerntes vom Tage werden über Nacht vom Kurz- und Arbeitsgedächtnis ins Langzeitgedächtnis übertragen und gefestigt, zum Teil auch bearbeitet.
Schlaf ist das wichtigste Regenerations- und Reparaturprogramm des Menschen.
Zudem nimmt man an, dass Menschen mit ausreichender Nachtruhe später im Alter seltener an Demenz erkranken. Hinter dieser Vermutung liegt die Beobachtung, dass Schlaf dazu beiträgt, das Gehirn von schädlichen Proteinablagerungen (Plaques) zu befreien, die die Verbindungen der Nervenzellen zerstören.
Individuelle Angelegenheit
Doch was heißt ausreichender Schlaf? Nicht jeder Mensch benötigt gleich viel Regenerationszeit, um am nächsten Morgen ausgeruht in den Tag zu starten. Gene steuern die innere Uhr. Sie bestimmen das individuelle Schlafbedürfnis, also wie lange ein gesunder Mensch schlafen muss. Demnach lassen sich Kurz- und Langschläfer unterscheiden.
Langschläfer müssen mindestens acht Stunden, oft sogar neun Stunden und mehr schlafen, um am nächsten Morgen wieder fit zu sein. Kurzschläfer fühlen sich hingegen bereits nach fünf oder sechs Stunden Schlaf leistungsfähig. Allerdings zählen nur etwa vier Prozent der Erwachsenen zu den Kurzschläfern, die meisten benötigen etwa sieben bis acht Stunden Nachtruhe.
Zudem ist es von Mensch zu Mensch verschieden, zu welcher Zeit er sich am liebsten zur Nachtruhe begibt. Der Chronotyp bestimmt die natürliche Schlafenszeit beziehungsweise die Schlafpräferenz.
- Menschen, die prinzipiell gerne früh ins Bett gehen, werden als Früh- oder Morgentyp (Lerchen) bezeichnet.
- Die anderen, die lange wach bleiben, sind die Spät- oder Abendtypen (Eulen).
Auch wenn der Chronotyp genetisch angelegt ist, kommt es im Laufe des Lebens zu Verschiebungen. Während Kleinkinder eher Morgentypen sind, entwickeln sich Jugendliche in der Pubertät zunehmend zu Abendtypen. Im Alter von 17 bis 20 Jahren setzt wieder eine Entwicklung hin zum Morgentypen ein, die als Marker für das Ende der Adoleszenz gilt.
Die Frage ist nicht, wie lange jemand geschlafen hat, sondern ob der Mensch tagsüber müde und weniger leistungsfähig ist. Wer sich trotz durchwachter Nächte am nächsten Morgen frisch und fit fühlt, hat in der Regel keine Schlafstörung.
Ab einem Alter von etwa 50 Jahren ist es zudem nicht ungewöhnlich, dass Menschen zu einem früheren Wach- und Schlafzyklus wechseln. Menschen, die als Langschläfer geboren wurden, können als Senioren plötzlich am frühen Morgen aktiv sein („senile Bettflucht“).
REM- und Non-REM-Schlaf
Der Schlaf durchläuft in einer Nacht vier bis fünf Schlafzyklen, die jeweils circa 90 Minuten andauern. Sie wiederholen sich nach einem bestimmten Schema. Jeder dieser Zyklen lässt sich wiederum in verschiedene Stadien beziehungsweise Schlafphasen unterteilen:
- In den Leichtschlaf,
- Tiefschlaf und
- REM-Schlaf.
Diese Phasen unterscheiden sich wiederum durch Schlaftiefe, Gehirnaktivität und Intensität der Augenbewegung hinter den geschlossenen Lidern. Der REM-Schlaf trägt seinen Namen aufgrund der schnellen horizontalen Augenbewegungen (= Rapid Eye Movements). Er wird auch als Traumschlaf bezeichnet, da der Schlafende in dieser Zeit intensiv träumt. Zugleich ist der Körper während dieser Phase so gut wie regungslos.
Im Gegensatz dazu sind die Augen während der Leicht- und Tiefschlafphasen völlig ruhig, weshalb sie zum Non-REM-Schlaf (= Non Rapid Eye Movement) zählen. Dafür aber dreht sich der Schlafende in dieser traumlosen Zeit häufig von einer Seite zur anderen.
Komplexe Schlafarchitektur
Normalerweise sinkt der Mensch zunächst in den Leichtschlaf. Die Hirnaktivität wird langsamer, Atmung und Herzschlag sinken. Noch ist der Ruhende leicht weckbar. Wenig später gleitet er in den Tiefschlaf, währenddessen sich der Körper zunehmend entspannt. Die Atmung ist ruhig und der Schlafende kann nur noch schwer geweckt werden.
Anschließend gelangt der Mensch über den Leichtschlaf in einen neuen, völlig anders gearteten Zustand, in den REM-Schlaf. Während die Augäpfel beginnen, wild unter den geschlossenen Lidern hin und her zu rollen, liegt der Schlafende in dieser Phase nahezu wie gelähmt im Bett. Zugleich beschleunigen sich Puls und Atmung und der Schlafende beginnt lebhaft zu träumen. Da er während des REM-Schlafs leicht aufzuwecken ist, kann er sich in der Regel an seine Träume erinnern, vorausgesetzt er wird in dieser Zeit wach.
Nach dem Ende der REM-Phase beginnt ein neuer Schlafzyklus. Der Schlafende sinkt wieder über die Leichtschlafphase in den Tiefschlaf, um dann erneut in die REM-Phase einzutreten. Zum Morgen hin wird der Tiefschlaf immer leichter und kürzer, parallel dazu nehmen die Leichtschlafphasen zu. Ebenso wird der REM-Schlaf immer ausgedehnter. Er steigt von fünf bis zehn Minuten auf etwa 20 bis 30 Minuten in den Morgenstunden.
Kurze Aufwachphasen normal
Voraussetzung für eine gute Schlafqualität ist, dass REM- und Non-REM-Phasen in physiologischer Weise ablaufen beziehungsweise sich regelmäßig abwechseln. Nur dann fühlt sich der Mensch am nächsten Morgen erholt. Dabei ist es völlig normal, zwischen den Phasen aufzuwachen. Niemand schläft von abends bis morgens am Stück durch, egal wie lang seine individuelle Schlafdauer beträgt.
Bis zu vier nächtliche Aufwachreaktionen pro Stunde gelten als physiologisch. Die meisten registrieren diese gar nicht, vor allem junge Menschen. Bei ihnen sind die Wachphasen in der Regel kürzer als zwei bis drei Minuten und bleiben daher unbemerkt. Erst wenn der Betroffene länger wach bleibt, weiß er am nächsten Morgen noch davon.
Ältere erinnern sich öfter an Wachzeiten mitten in der Nacht. Zum einen wird der Schlaf im Alter insgesamt leichter und ist somit anfälliger für Störungen. Zu anderen nimmt etwa ab dem 40. Lebensjahr die Zeit, die man zwischen den Schlafphasen munter bleibt, um etwa eine Minute pro Jahr kontinuierlich zu. Somit liegen Menschen über 65 Jahren möglicherweise zwei Stunden pro Nacht wach, während Jüngere lediglich 30 Minuten keinen Schlaf finden.
Eine Ursache für häufigere und längere Wachphasen im Alter ist die zunehmend geringer werdende Produktion des Schlafhormons Melatonin. Bei Frauen spielen zudem noch nachlassende Estrogen- und Progesteronspiegel in und nach den Wechseljahren eine Rolle.
Eine von Wachzeiten unterbrochene Nachtruhe ist aber nicht zwingend schlafstörend. Nur wenn dadurch das Befinden am Tage beeinträchtigt wird, sprechen Schlafmediziner von Schlafstörungen beziehungsweise von einem nicht erholsamen Schlaf, der behandlungsbedürftig ist.