Innere Unruhe, Nervosität & Schlafstörungen
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Wider Willen wach: Über Schlafstörungen und Stress

Na, entspannt und ausgeschlafen? Die einen finden schlecht in den Schlaf, andere haben Probleme durchzuschlafen. Oft ist nervöse Unruhe der Auslöser für die Schlafstörungen. Klären Sie mit Ihren Kunden die Umstände, die sie nicht schlafen lassen, und verhelfen Sie ihnen zu erholsamen Nächten.

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Vor Stress kaum schlafen

Stressige Ereignisse gibt es viele. Termin- und Leistungsdruck, ständige Erreichbarkeit, Über- oder Unterforderung, Perfektionismus, Konkurrenzdruck oder Mobbing im Beruf versetzen den Körper ebenso in Alarmbereitschaft wie unbewältigte Konflikte in Familie oder Freundeskreis, Doppelbelastung, finanzielle Sorgen, Krankheiten oder Lärm. Und das sind nur einige Beispiele der Stressoren, die den Menschen über Jahren derart zu schaffen machen, dass sie Schlafprobleme bekommen.

Stress geht durch alle Altersgruppen und Bevölkerungsschichten, wobei sich Erwachsene im mittleren Lebensalter und vorwiegend Frauen öfters großem Druck ausgesetzt fühlen.

Beruflicher und privater Stress bringt jeweils drei von zehn Menschen in Deutschland regelmäßig um den Schlaf, so die TK-Stressstudie von 2016. Besonders groß ist der Stress, wenn Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen sind. Demnach leiden vor allem Erwerbstätige, die mit Kindern in einem Haushalt leben, unter Stress, der sich negativ auf den Schlaf auswirkt. Zudem zeigt die Studie, dass starker Stress den Schlaf stört. So gibt jeder Zweite, der sich als dauerhaft erschöpft und gestresst fühlt, an, deshalb schlecht zu schlafen. Insgesamt lagen Schlafstörungen bei den gesundheitlichen Stressfolgen auf Platz drei.

Krisen verfolgen uns bis ins Bett

Zu diesen herkömmlichen Stressauslösern sind in den letzten Jahren weitere akute Herausforderungen wie die Corona-Pandemie, der Ukrainekrieg oder der Klimawandel gekommen. Auch wenn diese Stressoren noch keine Berücksichtigung in den Krankenkassenstudien fanden, stellen sie dennoch eine enorme zusätzliche Stressbelastung dar. Die Krisen wühlen die Menschen stark auf, schüren Zukunftsängste und lassen so Schlafprobleme entstehen. Neuere Untersuchungen betrachten die weltweiten Krisen und ihre Auswirkungen auf das Stresslevel, so beispielsweise die Studien der Oberberg Kliniken.

Den Umfrageergebnissen zufolge schläft fast jeder Fünfte schlecht oder sehr schlecht.

In ihrem Schlaf- und Stressmonitor wurde die deutsche Allgemeinbevölkerung 2022 zweimal und 2023 erneut zur Stressbelastung und Schlafgesundheit in Krisenzeiten befragt. Die Ergebnisse bestätigen, dass die aktuellen kriegerischen, wirtschaftlichen und klimaassoziierten Folgen den Befragten sorgenvolle Nächte bereiten. Vor allem klagen sie über Einschlafstörungen durch Anspannung, Grübeln oder Angsterleben.

Phänomen Stress

Stress ist eine lebenswichtige Reaktion, er bewahrt den Körper vor Gefahren. Dafür setzt Stress in einer bedrohlichen Situation hormonelle Reaktionsketten in Gang.

  • Das Nebennierenmark schüttet vermehrt die beiden Neurotransmitter Adrenalin und Noradrenalin aus.
  • Etwas zeitversetzt kommt es zu einer Freisetzung von Cortisol aus der Nebennierenrinde.
  • In Folge wird der Sympathikus erregt
  • und Energie in Muskeln und Gehirn freigesetzt.
  • Atemfrequenz und Blutdruck steigen, der Puls wird schneller, die Schmerzempfindung herabgesetzt und die Verdauungstätigkeit verlangsamt.

Auf diese Weise wird der Organismus in Alarmbereitschaft versetzt und notwendige Energiereserven aktiviert. Der frühzeitliche Mensch benötigte sie, um mit Flucht oder Angriff zu reagieren – zumindest ist dies der evolutionäre Sinn von akutem Stress. Ist die Gefahrensituation vorbei, beendet Cortisol die akute Stressreaktion über einen Rückkopplungsmechanismus. Damit wird die Erholungsphase eingeleitet. Die körperliche Reaktionsbereitschaft wird heruntergefahren und Körperfunktionen werden wieder in ihren Normalzustand gebracht.

Gefangen im Gedankenkarussell

Im Kopf rotierende Gedanken hindern die Menschen nicht nur am Einschlafen, sie lösen auch nächtliche Wachphasen aus. Das ständige Grübeln setzt ein Gedankenkarussell in Gang, das eine erholsame Nachtruhe unmöglich macht. Fehlt die benötigte nächtliche Erholung für Körper und Geist, ist der Mensch am Tage unkonzentriert, nervös und reizbar. Er hat Probleme, das anstehende Tagespensum zu bewältigen, zudem ist er weniger stressresistent.

Doch je angreifbarer der Betroffene wird und je mehr er in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist, desto unruhiger und angespannter wird er, was wiederum Schlafprobleme auslöst. 
Die Angst, die nächste Nacht wieder nicht schlafen zu können, raubt ihm zusätzlich den Schlaf. Damit unterhält Stress einen Teufelskreis aus nervöser Unruhe und schlechtem Schlaf, bei dem sich die einzelnen Symptome immer weiter gegenseitig verstärken. Das Gedankenkarussell ist zum Stresskarussell geworden, das nicht mehr stillsteht. Es nimmt vielmehr an Fahrt auf, sodass an Schlaf kaum noch zu denken ist.

Das Karussell stoppen

Die Stressoren lassen sich nicht immer vermeiden. Doch sollte der Stressgeplagte diese ebenso erkennen wie die Mechanismen, die sie in Bewegung setzen. Nur dann kann er lernen, aus dem gefährlichen Teufelskreis aus nervöser Unruhe und schlechtem Schlaf rechtzeitig auszubrechen.

Verschiedene Anbieter (unter anderem Krankenkassen) bieten Kurse an, die Strategien gegen den Stress vermitteln. Dazu gehören vor allem kognitive (verhaltenstherapeutische) Verfahren wie bewusste Ablenkung, Gedankenstopps und Achtsamkeitsübungen. Aber auch verschiedene Entspannungstechniken (z. B. Progressive Muskelentspannung, Autogenes Training) und meditative Verfahren (z. B. Yoga, Tai-Chi, Qigong) helfen, der Gedankenspirale zu entkommen.

Der Anwender erlebt bei ihrem Einsatz ein Gefühl der Kontrolle. Er spürt, dass er dem Stress nicht hilflos ausgeliefert ist, sondern in der Lage versetzt wird, sich bewusst entspannen zu können, was sich wiederum positiv auf die belastende Situation auswirkt. Ebenso mindert Bewegung Stress. Körperliche Verausgabung baut Stresshormone ab und fördert die Entspannung.

Hilfreich ist, sowohl mehr moderate Bewegung in den Alltag zu integrieren (z. B. auf den Fahrstuhl zu verzichten, kleine Strecken zu Fuß gehen), als auch intensive Trainingseinheiten mit schweißtreibenden sportlichen Aktivitäten einzuplanen. Die Sportart ist nicht entscheidend. Wichtig ist vor allem, dass die Bewegung Spaß macht. Nur Dinge, die Freude bereiten, werden gerne wiederholt.

Zudem stellt Freude eine wichtige Voraussetzung für Entspannung dar und hilft damit schon an sich, innere Ruhe zu finden. Zudem sollte die Belastung vor allem zu Anfang nicht zu hoch gewählt werden und Ruhephasen mit den Sporteinheiten abwechseln.

Chronischer Stress macht krank

Stress ist nicht unbedingt schädlich. Gelegentliche, kurze Stresssituationen können sogar als belebend empfunden werden und zu Höchstleistungen motivieren, was als positiver Stress (Eustress) bezeichnet wird. Langanhaltende Phasen körperlicher und seelischer Anspannung können aber äußerst belastend sein und einen negativen Stress (Disstress) verursachen. Da der moderne Mensch auf Stress nicht wie unsere Vorfahren mit körperlicher Bewegung in Form von Flucht oder Kampf reagiert, läuft die Stressantwort nur unvollständig ab. Die anschließende notwendige Erholungsphase, in der sich die Körperfunktionen wieder normalisieren können, unterbleibt. 

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Stress zu einer der größten Gesundheitsrisiken des 21. Jahrhunderts erklärt.

Damit ist das gesunde Verhältnis zwischen Reizen als Auslöser von Stress und Bewegung für dessen Abbau aus dem Gleichgewicht geraten. Das zentrale und vegetative Nervensystem verharrt in einem Dauererregungszustand, bei dem die in Stresssituationen vermehrt ausgeschütteten Hormone weiter im Körper verbleiben, zum Beispiel Adrenalin. Folge sind psychische und physische Beschwerden, die zu einer Gefahr für die Gesundheit werden.

Psychische und physische Folgen

Erste Warnsignale für chronischen Stress sind unspezifisch:

  • Belastbarkeit, Konzentration und Leistungsfähigkeit lassen nach.
  • Nervosität, innere Unruhe und Schlaflosigkeit stellen sich ein.

Später reagiert der Körper auf die anhaltende Stressbelastung typischerweise mit

  • Kopfschmerzen und Migräne,
  • Schulter- und Rückenschmerzen,
  • Magen-Darm-Problemen,
  • Tinnitus,
  • Atembeschwerden,
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzrasen oder Bluthochdruck bis hin zum Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Langfristig wird

  • das Immunsystem geschwächt, was
    eine erhöhte Infektanfälligkeit,
    die Entwicklung chronischer Entzündungen
    oder gar Krebserkrankungen nach sich ziehen kann.
  • Ebenso steigt das Risiko für psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen sowie für einen Burnout. Psychische Erkrankungen stehen – ebenso wie innere Unruhe, Nervosität und Stress – wiederum häufig in einem Wechselspiel mit den Schlafstörungen. Diese können sich durch Schlafstörungen verschlimmern, umgekehrt kann sich der Gesamtzustand bessern, wenn die Schlafprobleme gelindert werden.

Steht das Nervensystem ständig unter Strom, wird zu viel Cortisol ausgeschüttet, das den Körper länger wachhält.

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