Warum, wie viel und welchen Sport der Körper braucht
22 Minuten
- 1Wie viel Sport brauchen wir?
- 2Besondere Personengruppen
- 3Klein anfangen und regenerieren
- 4Bewegung im Alltag
- 5Sport gegen Erkrankungen
- 6Fortbildung
01. Juli 2023
Osteoporose vorbeugen
Zu wenig Bewegung wirkt sich außerdem negativ auf unseren Stützapparat aus. Die Knochen büßen an Knochenmasse ein, was eine Osteoporose begünstigt. Für den Erhalt gesunder und stabiler Knochen werden insbesondere muskelkräftigende und gewichtstragende Aktivitäten empfohlen.
Unter gewichtstragenden Aktivitäten werden Übungen mit dem eigenen Körpergewicht oder mit Gewichten verstanden. Dieses Krafttraining ist mit einer hohen Knochendichte verbunden, die den belasteten Skelettabschnitten die nötige Festigkeit verleiht. Dabei sollten besonders jene Muskelgruppen beansprucht werden, die an Knochen ansetzen, die von osteoporotischen Frakturen häufig betroffen sind, und die für Gang und Gleichgewicht eine wichtige Rolle spielen.
Ermöglichen lässt sich dies mit Bewegungsformen, die mit leichten Stoßbelastungen einhergehen. Sie stimulieren durch den ausgeübten Druck die Aktivität der Osteoblasten und damit den Knochenaufbau. Einem Abbau der Knochenmasse lässt sich auf diese Weise entgegenwirken.
Empfehlenswert sind Sportarten wie
- Joggen,
- Nordic Walking,
- Seilspringen oder
- Tanzen.
- Ebenso sind schnelle, stoßartige Bewegungsabläufe beim
- Tennis oder
- Squash oder
- Alltagsaktivitäten wie zügiges Gehen oder Treppensteigen
ideal. Aufgebaut werden Knochen vor allem dann, wenn sie durch neue Bewegungsabläufe gefordert werden, mit denen sie zuvor noch nicht vertraut waren. Daher raten Sportmediziner dazu, beim Spazierengehen auch mal rückwärts zu laufen, ein paar Schritte mit sich überkreuzenden Füßen zu machen oder gelegentlich zu hüpfen.
Von gewichtsneutralen Ausdauersportarten wie Radfahren und Schwimmen profitiert der Knochen hingegen kaum.
Bewegungsapparat stärken: an Faszien und Knorpel denken
Die Muskeln reagieren bei Inaktivität mit muskulären Dysbalancen, die orthopädische Probleme wie Nacken- oder Rückenschmerzen und Gelenkprobleme verursachen können. Ebenso leiden die Faszien.
Die Faszien sind lockere, netzartige Bindegewebsstrukturen, die Muskeln und Organe umhüllen und den ganzen Körper durchziehen. Zudem gehören die Bänder, also Faserstränge, die die Knochen verbinden, sowie alle Sehnen, die die Kraft der Muskeln auf Knochen und Gelenken übertragen, dazu.
Bei Bewegungsmangel verlieren die Faszien an Flüssigkeit. Folge ist ein Verfilzen und Verhärten, wodurch sie ihre Elastizität verlieren. Verhärtete Faszien können auf Nerven drücken und Schmerzen verursachen. Zudem üben sie eine höhere Anpresskraft im Gelenk aus, wodurch sich auf Dauer Knorpel oder Bandscheiben abnutzen.
Bewegung hält die Faszien elastisch und damit den Körper geschmeidig. Allerdings sind nicht alle Aktivitäten gleichermaßen geeignet. Das Grundprinzip zur Mobilisation des Bindegewebes lautet: Ausrollen, massieren, dehnen und federn. Federnde Bewegungen erlauben leichtes Hüpfen oder Schwingungen des Oberkörpers (z. B. durch Gymnastikübungen mit Reifen oder Bällen).
Sportarten wie Yoga, Pilates oder Qigong beinhalten Dehnübungen, von denen Faszien und Muskeln gleichermaßen profitieren. Dehnen erhöht ihre Beweglichkeit und bereitet die Strukturen auf Belastungen vor. Für Geschmeidigkeit der Faszien sorgen auch Bindegewebsmassagen (z. B. Rolfing) sowie Ausrollen mit einer Schaumstoffrolle (Faszienrolle).
„Das Grundprinzip zur Mobilisation des Bindegewebes lautet: Ausrollen, massieren, dehnen und federn.“
Ebenso müssen die Gelenke durch körperliche Aktivität funktionsfähig gehalten werden. Da der Gelenkknorpel keine Blutgefäße enthält, ist er auf Nährstoffe aus der Gelenkflüssigkeit angewiesen, die mittels Diffusion in den Knorpel transportiert werden. Ein optimaler Stoffaustausch wird durch Bewegung der Gelenke erzielt.
Bei Entlastung saugt der Knorpel wie ein Schwamm neue Nährlösung auf. Bei Belastung wird verbrauchte Flüssigkeit samt Stoffwechselendprodukten aus dem Knorpel herausgepresst und wieder ans Blut abgegeben. Zugleich sorgt die Bewegung für die Verteilung der Gelenkflüssigkeit, die wie ein Schmierstoff das Gelenk geschmeidig hält.
Sport gegen Rückenschmerzen
Etwa 80 Prozent der Bevölkerung leidet mindestens einmal im Leben an Rückenschmerzen, wobei Frauen öfter als Männer betroffen sind. Während bei dem einem die Schmerzen akut und nur von kurzer Dauer sind, plagen sich andere unablässig damit herum: Die Schmerzen sind chronisch geworden und können die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränken.
Die Ursachen für Rückenbeschwerden sind komplex. Ein altersbedingter Verschleiß der Wirbelsäule ist ebenso dafür verantwortlich wie Fehlhaltungen oder rückenbelastende Aktivitäten. Oftmals wird der Mangel an Bewegung für Rückenschmerzen unterschätzt. Eine (zu) schwache Muskulatur führt zu muskulären Dysbalancen, die sich mit Verkrampfungen, Verspannungen sowie einer verkürzten Muskulatur bemerkbar machen und zu Schäden an den Bandscheiben und peripheren Nerven führen können.
Regelmäßige, moderate Aktivität ist erforderlich, um die Muskulatur zu kräftigen, zu dehnen und zu lockern. Sowohl spezielle Übungen für die Rumpfmuskulatur als auch ein Ganzkörpertraining (z. B. Schwimmen, Radfahren, Rudern) schaffen die Grundlage für einen gesunden, beschwerdefreien Rücken.
Sport bei Arthrose
Inaktivität kann ebenso wie zu starke körperliche Belastung eine Arthrose begünstigen. Der Gelenkknorpel unterliegt während seiner gesamten Lebensdauer Aufbau- und Abbauprozessen. Während Belastung innerhalb physiologischer Grenzen mit einem Knorpelaufbau einhergeht, führt Überlastung zum Abbau des Knorpels. Daher gilt es, bei bereits beeinträchtigten Gelenken (z. B. bei Arthrose) in Bewegung zu bleiben, ohne die Gelenke zu stark zu belasten. Sind die Gelenke akut entzündet oder verletzt, benötigen sie allerdings unbedingt Ruhe.
Geeignet sind gleichmäßige gelenkschonende Sportarten, die den Stoffwechsel in den Gelenken anregen und den Knorpel mit wichtigen Nährstoffen versorgen. Ideal sind Ausdauersportarten wie beispielsweise
- Schwimmen (vor allem Rückenschwimmen und Kraulen),
- Radfahren oder
- Aquagymnastik. Auch
- Training auf dem Crosstrainer,
- Nordic Walking und
- Wandern
ist möglich.
Beim Wandern sollten die Wege nicht zu steil gewählt und auf Abstiege lieber verzichtet werden, da Bergabgehen die Gelenke stärker als Bergaufsteigen belastet, insbesondere die Knie. Aktivitäten, die schnelle Richtungswechsel oder große Schnellkraftaktivitäten wie Sprünge oder Sprints erfordern, sind nicht ratsam (z. B. Tennis, Squash, Fußball, Hockey).
Bewegung wirkt aber nicht nur positiv im Gelenk direkt. Außerdem wird die Muskulatur gestärkt und damit das betroffene Gelenk stabilisiert. Wird zur Muskelstärkung ein spezielles Krafttraining durchgeführt, sollte dies nicht zu intensiv sein, um Überlastungen im betroffenen Gelenk zu vermeiden. Eine Gewichtsreduktion vermag noch zusätzlich die Knorpelbelastung zu vermindern.
Übergewicht reduzieren: Welches Training eignet sich?
Zur Gewichtsabnahme wird in erster Linie Ausdauertraining wie Radfahren, Schwimmen oder Nordic Walking empfohlen, da dabei der Energieverbrauch größer ist als beim Krafttraining. Ausdauertraining kurbelt die Fettverbrennung an, allerdings nur, wenn genug Sauerstoff da ist. Das ist dann der Fall, wenn bei niedriger Intensität trainiert und so für ein Gleichgewicht zwischen Sauerstoffaufnahme und -verbrauch gesorgt wird (aerobes Training).
Weiterer Baustein zum Abnehmen ist Krafttraining, um mehr Muskelmasse aufzubauen. Dies zahlt sich langfristig aus, da Muskeln selbst im Ruhezustand einen höheren Energieverbrauch als Fettdepots haben und somit für einen höheren Grundumsatz sorgen.
Spielsportarten sind bei starkem Übergewicht meist nicht geeignet, weil Spurts und schnelles Stoppen den Kreislauf und die Gelenke übermäßig belasten.
Letztendlich kann der Körper aber nur an Gewicht verlieren, wenn er mehr Kalorien verbraucht, als er benötigt. Eine Umstellung der Essgewohnheiten ist daher entscheidender Bestandteil von Bewegungsprogrammen, die sich an Personen mit Übergewicht richten. Damit es mit der Gewichtsabnahme klappt, muss die Ernährung langfristig verändert und regelmäßig durch Sport begleitet werden. Wurde das Wunschgewicht erzielt, kann Bewegung helfen, das erreichte Gewicht zu stabilisieren.
Cardio-Training
Regelmäßiges Ausdauertraining wirkt sich auch auf das Herz-Kreislauf-System positiv aus. Es ist in der Lage, die Sterblichkeitsrate von Herz-Kreislauf-Patienten erheblich zu reduzieren. Ausdauertraining, das zum Ziel hat, die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit, also die Funktion des Herz-Lungen-Systems, zu verbessern, wird Cardio-Training genannt. Neben der Herz- und Atemfrequenz wird auch auf längere Sicht die Ausdauer gesteigert.
Welche Sportarten zählen als Cardio-Training?
Als Sportarten empfehlen Mediziner beispielsweise Nordic Walking, Laufen, Radfahren, Schwimmen, Rudern oder Skilanglauf. Ebenso ist ein Training auf dem Laufband, Fahrrad-Ergometer oder Stepper ideal.
Das Training zeichnet sich in der Regel durch eine moderate Belastung aus. Es können aber auch Einheiten mit hoher Intensität kombiniert werden (Intervalltraining). Sie sollen sogar besonders effektiv sein.
Allerdings sind Sportarten wie Tennis, Squash oder Fußball weniger geeignet. Sie gehen mit abrupten Wechseln zwischen Spitzenbelastungen und Ruhephasen einher, die zu unerwünschten Blutdruckspitzen führen und kaum zu einer Erhöhung der Leistungsfähigkeit beitragen. Moderates Krafttraining ist hingegen erlaubt und stellt eine gute Ergänzung zum Ausdauertraining dar.
Je schneller die Herzfrequenz nach einer Belastung sinkt, desto besser ist der Trainingszustand.
Vom Cardio-Training profitieren Herz, Gefäße und Lunge gleichermaßen. Beispielsweise lässt das Training das Volumen des Herzens um das Doppelte ansteigen, sodass es mehr Blut durch den Körper pumpen kann (Erhöhung der Schlagfrequenz). Zugleich muss es weniger häufig schlagen (Abnahme der Herzfrequenz). Dadurch kann das Herz effektiver arbeiten und wird langfristig geschont (Ökonomisierung der Herz-Kreislauf-Tätigkeit).
Zusätzlich kommt es zu einer Senkung des Blutdrucks durch eine Weitung der Blutgefäße. Zudem wird Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Arteriosklerose, Herzinfarkten oder Schlaganfall vorgebeugt, da das Training das Lipidverhältnis von LDL zu HDL positiv beeinflusst.
Auch die Lunge arbeitet effektiver, da sich das Atemminutenvolumen der Lunge erhöht. Der Sportler kann tiefer einatmen und mehr Luft aufnehmen als ein Untrainierter und damit den Körper besser mit Sauerstoff versorgen. Somit werden auch die Muskeln stärker durchblutet und besser mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Zugleich bilden sich neue Mitochondrien, die effizienter arbeiten und den Körper besser mit Energie versorgen.
Die Autorin versichert, dass keine Interessenkonflikte im Sinne von finanziellen oder persönlichen Beziehungen zu Dritten bestehen, die von den Inhalten dieser Fortbildung positiv oder negativ betroffen sein könnten.
Hier finden Sie die PTA-Fortbildung der Ausgabe 05/2023 als PDF-Download.