Fiese Stiche
19 Minuten
- 1Mücken & Malaria
- 2Tropen- und Fieberkrankheiten – Teil 1
- 3Tropen- und Fieberkrankheiten – Teil 2
- 4Abwehrstrategien
- 5Nicht nur Mücken
- 6Fortbildung
01. Juli 2021
Besonders bei den sogenannten Tropenkrankheiten spielen Mücken als Krankheitsüberträger eine Rolle. Stechmücken (Culicidae), Kriebelmücken (Simuliidae) und Sandmücken (Phlebotominae) sind die bekanntesten unter ihnen. Dabei unterteilen sich die Stechmücken wiederum in die Gattungen Anopheles, Culex und Aedes. Prinzipiell können einzelne Mückenarten als Vektoren für mehrere Erregerspezies dienen. Andererseits findet sich der gleiche Erreger in unterschiedlichen Mückenarten. Beispielsweise können Aedes aegypti (Ägyptische Tigermücke, Synonym Gelbfiebermücke) und Aedes albopictus (Asiatische Tigermücke) Gelbfieber-, Dengue-Fiebe-r und Zika-Viren übertragen. Und das West-Nil-Virus nutzt sowohl Culex- als auch Aedes-Mücken als Vektoren.
Gefährliche Blutsauger Es stechen nur die weiblichen Exemplare, die nach der Befruchtung für die Entwicklung ihrer Eier Proteine und Eisen aus dem Blut des Wirts benötigen. Für die Blutmahlzeit durchdringen sie mit ihrem Stech-Saug-Rüssel dessen Haut und saugen Blut. Zugleich sondern sie beim Saugakt ein Sekret ab, das Proteine enthält, die ein Gerinnen des Blutes verhindern und an der Einstichstelle den Schmerz betäuben. Während wir den Stich selbst durch die lokalanästhetische Wirkung des Speichels nicht wahrnehmen, bleibt die eigentliche Blutmahlzeit aber nicht unbemerkt.
Der Wirtsorganismus reagiert auf die Proteine aus dem Sekret der Mücke mit einer Ausschüttung von Histamin, wodurch es an der Einstichstelle zur Rötung, Schwellung und Juckreiz der Haut kommt. Während ein Stich heimischer Mücken bei uns in der Regel lediglich juckende Quaddeln und Pusteln hinterlässt, besteht bei Stechmückenarten aus wärmeren Ländern – vor allem aus tropischen und subtropischen Gebieten – die Gefahr, dass sie beim Blutsaugen Krankheitserreger übertragen. Da einige Erreger nicht nur den Menschen, sondern auch Tiere als Wirt nutzen, können sie gegebenenfalls mit der Mücke von einer Spezies zur anderen gelangen und diese infizieren.
LERNZIELE
Lernen Sie in dieser von der Bundesapothekerkammer akkreditierten Fortbildung
+ verschiedene blutsaugende Insekten kennen, die als Krankheitsüberträger fungieren,
+ welche gefährlichen Krankheiten von den Parasiten übertragen werden,
+ den Unterschied zwischen einer importieren und einer autochthonen Infektion kennen,
+ gegen welche Tropenkrankheiten Impfstoffe zur Verfügung stehen,
+ Maßnahmen zur Expositionsprophylaxe,
+ welche Repellents für einen Aufenthalt in den Tropen empfehlenswert sind und
+ welche Mittel bei Insektenstichen Linderung verschaffen.
Endemische und exotische Mücken In heimischen Gefilden schwirrt von den in Europa vorkommenden 104 Stechmückenarten vor allem Culex pipiens, die Gemeine Stechmücke (Synonym Hausmücke), umher. Bis vor wenigen Jahren ging von ihr in Deutschland keinerlei Gefahr als Vektor für Infektionskrankheiten aus. Globalisierung und Klimawandel haben es aber mit sich gebracht, dass sich inzwischen auch bei uns heimische Stechmücken mit Krankheitserregern finden lassen. So wurden beispielsweise vor einigen Jahren endemische Stechmücken mit Larven des Hundehautwurms Dirofilaria repens nachgewiesen. Die Parasiten, die beim Menschen eine Hirnhautentzündung (Meningitis) auslösen können, sind über die Einfuhr infizierter Hunde aus Südeuropa in den Norden gelangt und konnten sich in den heimischen Mücken aufgrund der warmen Winter vermehren.
Glücklicherweise ist bislang keine Infektion beim Menschen bekannt geworden. Eine andere Situation liegt beim West-Nil- Fieber vor. Letztes Jahr kam es in Deutschland zu Krankheitsfällen mit dem ursprünglich aus Afrika stammenden West-Nil-Virus bei Personen, die sich zuvor nicht in Risikogebieten aufgehalten hatten. Überträger war die heimische Stechmücke Culex pipiens, die das Virus beherbergte. Darüber hinaus sind in den letzten Jahren einzelne bislang auf die Tropen begrenzte Mückenarten in Südeuropa heimisch geworden. Beispielsweise konnte sich die Stechmückenart Aedes albopictus (Asiatische Tigermücke) im Mittelmeerraum und im Süden Deutschlands etablieren. Zudem wurden in Deutschland Aedes japonicus (Asiatische Buschmücke) und Aedes koreicus (Koreanische Buschmücke) identifiziert. Man vermutet, dass die Mücken mit Handelsgütern den Weg nach Europa gefunden haben und hier durch sommerliche Hitzewellen und milde Winter überleben konnten. Es wird sogar davon ausgegangen, dass sich hier exotische Arten bei weiterhin anhaltenden hohen Temperaturen weiter ausbreiten und für die Übertragung tropischer Erreger wie das Zika- oder Dengue-Virus sorgen könnten.
Die größte Gefahr geht allerdings weiterhin von Mücken in warmen Gebieten außerhalb Deutschlands aus. Dort tummeln sich zahlreiche Mückenarten, die als Vektoren für schwere, nicht heilbare Infektionskrankheiten wie beispielsweise das West-Nil-Fieber, Gelbfieber, Dengue-Fieber, die Japanische Enzephalitis oder Malaria fungieren. Daher ist vor allem bei Reisen in tropische Gefilde besondere Vorsicht geboten. Lediglich für Gelbfieber und die Japanische Enzephalitis stehen in Deutschland Impfmöglichkeiten zur Verfügung, die bei Reisen in bestimmte Länder sogar vorgeschrieben sind. Der Impfstoff gegen das Dengue-Fieber wird hingegen nicht in der Reisemedizin eingesetzt und ist nur für die Bewohner in den entsprechenden Endemiegebieten vorgesehen. Gegen Malaria existiert zwar immer noch kein Impfschutz, allerdings besteht die Möglichkeit der Chemoprophylaxe.
Malaria Sie ist die wichtigste Tropenkrankheit. 40 Prozent der Weltbevölkerung lebt in Malariagebieten, zu denen tropische und subtropische Regionen aller Kontinente außer Australien zählen. Davon erkrankten laut aktuellem Welt-Malaria- Report im Jahr 2018 etwa 228 Millionen Menschen, wobei rund 93 Prozent der Malariafälle in Afrika erworben wurden (vor allem in Nigeria, Demokratische Republik Kongo, Uganda, Cote d’Ivoire, Mosambik und Niger). Daneben sind Indien und Pakistan die wichtigsten Infektionsländer außerhalb Afrikas.
In Deutschland wurden 2018 etwa 800 Malaria-Erkrankungen bei Reiserückkehrern (fast ausschließlich aus dem tropischen Afrika) erfasst, von denen auch Patienten verstarben. In den letzten Jahren kam es auch vereinzelt zu Malaria-Infektionen bei Personen, die in Südeuropa (z. B. Spanien, Griechenland) leben. Ein Krankheitsfall mit Malaria in einer Region, wo die Tropenkrankheit üblicherweise nicht auftritt, wird in Abgrenzung zu einer importierten Infektion von Reiserückkehrern als autochthone Malaria-Infektion bezeichnet. Gegenwärtig ist aber in Europa keine autochthone Malaria zu beobachten.
Verschiedene Malariaformen Überträger sind weibliche Stechmücken der Gattung Anopheles, die umgangssprachlich unter dem Namen Moskito bekannt sind. Beim Blutsaugen infizieren sie den Menschen als ihren einzig relevanten Wirt mit Protozoen der Gattung Plasmodium (P.). Es existieren verschiedene Plasmodienarten, wobei P. falciparum, P. ovale, P. vivax, P. malariae und in Südostasien P. knowlesi humanpathogen sind. Die verschiedenen Plasmodienarten lösen verschiedene Formen der Malaria aus, die sich durch eine unterschiedliche Symptomatik auszeichnen. Die meisten der Betroffenen (81 Prozent) erkranken an der Malaria tropica (Erreger P. falciparum). Dabei handelt es sich um die gefährlichste Art, die unbehandelt in bis zu 20 Prozent der Fälle zum Tod führen kann.
Die Symptome sind vielgestaltig und nicht immer eindeutig einer Malaria zuzuordnen. Häufig kommt es anfangs zu Abgeschlagenheit, Kopf- und Gliederschmerzen, Durchfällen und unregelmäßigen fieberhaften Temperaturen. Wechselfieberverläufe sind nicht zu verzeichnen. Diese sind hingegen typisch für die sehr viel seltenere Malaria tertiana (Erreger P. ovale und P. vivax), die lediglich in sieben Prozent der Fälle registriert wird und nur selten tödlich verläuft. Diese Form ist durch rhythmische Fieberanfälle charakterisiert, die alle 48 Stunden auftreten. Ebenso zeichnet sich die äußerst selten auftretende Malaria quartana (Erreger P. malariae) durch rhythmisches Fieber aus, das aber einem 72-Stunden-Rhythmus unterliegt.