Autoimmunerkrankungen
PTA-Fortbildung

Abwehr außer Kontrolle

Hashimoto, Lupus erythematodes oder Psoriasis – sie alle haben etwas gemeinsam. Es handelt sich um Autoimmunerkrankungen, bei denen die Immunabwehr den eigenen Körper attackiert.

18 Minuten

T-Zellen Sie durchwandern nach Abgabe aus dem Knochenmark zunächst die hinter dem Brustbein liegende Thymusdrüse, worauf auch ihre Bezeichnung (T) Bezug nimmt. Auf ihrem Weg durch den Thymus erfahren sie eine Reifung. Man spricht auch von Prägung. Danach sind sie in der Lage, körpereigene Zellen von fremden zu unterscheiden und letztere ganz gezielt anzugreifen. Dabei gehen sie monospezifisch vor, indem sie jeweils nur auf ein ganz bestimmtes, passendes Antigen reagieren.

Zudem erfolgt während der Reifung eine Selektion der T-Zellen, das heißt, es werden die T-Zellen eliminiert, die sich gegen körpereigene Strukturen richten (autoreaktive T-Zellen). Dieser Vorgang dient der Immuntoleranz, die auch als Selbsttoleranz bezeichnet wird. Damit soll sichergestellt werden, dass das Immunsystem keine körpereigenen Strukturen angreift.

Da dies im Thymus, einem zentralen lymphatischen Organ stattfindet, spricht man auch von zentraler Toleranz. Fehler bei diesem Kontrollprozess können zur Bildung von autoreaktiven T-Zellen führen, die eine Immunreaktion gegen körpereigene Zellen (Autoimmunreaktion) und damit die Entstehung von Autoimmunerkrankungen in Gang setzt.

Autoimmunerkrankungen sind chronisch und durch entzündliche Prozesse gekennzeichnet. Viele davon treten immer wieder in Schüben auf.

Aktivierung der T-Zellen T-Zellen sind im Gegensatz zu den B-Zellen nicht zur Antikörperbildung befähigt. Sie besitzen aber ähnlich wie die B-Zellen auf ihrer Oberfläche antigenspezifische Rezeptoren (T-Zell-Rezeptoren). Mit diesen können sie Antigene erkennen, die ihnen von antigenpräsentierenden Zellen wie den Makrophagen, B-Zellen oder dendritischen Zellen präsentiert werden. Durch Präsentation und anschließende Bindung des Antigens erfolgt eine Aktivierung der T-Zellen, die ihre schnelle Vermehrung (Proliferation) und Differenzierung in verschiedene Subtypen (T-Helferzellen und T-Killerzellen) auslöst.

T-Killerzellen (zytotoxische Zellen) sind für die Elimination von Zellen verantwortlich. Sie erkennen virusinfizierte Zellen, Tumorzellen und transplantierte Organe und lassen diese durch Lyse absterben (Apoptose). T-Helferzellen (TH-Zellen) koordinieren hingegen die Immunantwort. Dabei spielen verschiedene Typen eine Rolle, die sich durch Einfluss verschiedener Interleukine entwickeln und die wiederum unterschiedliche Zytokine (z. B. Interferon-gamma, Interleukine) produzieren. Während TH1-Zellen Makrophagen aktivieren, fördern TH2-Zellen über eine B-Zell-Aktivierung die Immunantwort.

Zur Aktivierung der T-Zellen ist zusätzlich noch ein kostimulatorisches Signal erforderlich. Fehlt dieses, werden die T-Zellen nicht aktiviert, sondern inaktiviert, das heißt sie reagieren anerg. Dies stellt einen Sicherheitsmechanismus dar, der ebenfalls der Selbsttoleranz dient und überschießende Immunreaktionen gegen körpereigene Strukturen vermeiden helfen soll. Hier spricht man von peripherer Toleranz, da dieser Vorgang der Immuntoleranz in den peripheren Organen Milz und Lymphknoten erfolgt.

Zusätzlich stellen auch regulatorische T-Zellen (Treg) den Erhalt der Immuntoleranz in der Peripherie gegenüber körpereigenen Strukturen durch Kontrolle autoreaktiver Zellen sicher. Treg entwickeln sich sowohl im Thymus als auch in peripheren Organen und zeichnen sich prinzipiell durch eine immunsuppressive Aktivität aus. Sie dämpfen eine überschießende Immunantwort, indem sie nach erfolgreicher Bekämpfung von Krankheitserregern eine zuvor erfolgte Aktivierung des Immunsystems unterdrücken und damit die Immunantwort limitieren.

B-Zellen sind die Hauptakteure des humoralen spezifischen Immunsystems. Sie passieren nicht den Thymus, sondern wandeln sich noch direkt im Knochenmark zu immunkompetenten Zellen um. Ihr Name nimmt auf ein für die Reifung von B-Lymphozyten spezialisiertes Organ der Vögel, die Bursa fabricii, Bezug beziehungsweise verweist auf das Knochenmark (engl. bone marrow) als ihren Reifungsort. Auch B-Zellen besitzen membranständige spezifische Antigen-Rezeptoren (B-Zellrezeptoren). Damit binden sie ihr passendes Antigen, nehmen es in ihr Inneres auf und präsentieren Fragmente davon anschließend an ihrer Oberfläche.

Diese werden dann von T-Helferzellen erkannt und gebunden. Daraufhin schütten die T-Helferzellen Zytokine aus, die eine Aktivierung der B-Zelle in Gang setzen: Die B-Zelle beginnt sich durch Teilung zu vermehren und zu Plasmazellen zu differenzieren. Der Klon an Tochterzellen schüttet dann Antikörper aus, die mit den Antigenen spezifische Antikörper-Antigen-Komplexe bilden. Diese werden anschließend durch Phagozytose, Komplementaktivierung oder zytotoxischer Prozesse beseitigt, womit das Antigen unschädlich gemacht wird. Aber nicht alle B-Zellen werden zu Antikörper-ausschüttenden Plasmazellen.

Ein komplexer Kontrollmechanismus sorgt auf verschiedenen Ebenen für die Aussortierung von B-Zellen, die sich gegen körpereigene Strukturen richten. Der Großteil dieser als autoreaktiv bezeichneten B-Zellen wird bereits im Knochenmark bei der B-Zell-Entwicklung ausgesondert (zentrale Toleranz). Anschließend setzen zusätzlich verschiedene periphere Mechanismen ein, um eventuell übrig gebliebene autoreaktive Zellen zahlenmäßig zu reduzieren (periphere Toleranz), beispielsweise in der Milz.

Sollten dann immer noch autoreaktive B-Zellen vorliegen, erhalten diese von den T-Helferzellen kein Aktivierungssignal. T-Helferzellen lassen nur die Proliferation solcher B-Zellen zu, die sich nicht gegen körpereigene Antigene richten. Autoreaktive B-Zellen werden hingegen vernichtet. Damit findet auch unter den B-Zellen eine Selektion statt, um eine immunologische Toleranz zu erreichen beziehungsweise Autoimmunreaktionen abzuwenden.

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