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Jodversorgung

ZURÜCK INS MANGELGEBIET

Die Jodversorgung hat sich in Deutschland in den letzten Jahren deutlich verschlechtert – besonders bei den Heranwachsenden. Das ist alarmierend, denn Jodmangel kann gravierende Folgen haben.

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Jene Zeiten, in denen schwere Mangelerscheinungen wie der Jodmangelkropf bei Erwachsenen und der mit geistiger Behinderung einhergehende Kretinismus bei Kindern hierzulande weit verbreitet waren, haben wir glücklicherweise hinter uns gelassen. Denn seit in den 1980er Jahren jodiertes Speisesalz bei uns eingeführt wurde, sind wir kein sogenanntes Jodmangelgebiet mehr. Dieser Status ist derzeit jedoch gefährdet.

Eindeutige Daten Die Monitoring-Daten des Robert Koch-Instituts geben zu denken. Zwischen dem ersten und dem zweiten Jod-Monitoring, die das RKI im Rahmen der „Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland“ (KIGGS) vorgenommen hat, liegen elf Jahre. In dieser Zeit von 2008 bis 2019 hat sich die Jodversorgung erheblich verschlechtert. Bei der ersten Erhebung lag die durchschnittliche Jodausscheidung noch bei 116 µg Jod pro Liter Urin (µg/l). Beim zweiten Monitoring war sie auf 89 µg/l gesunken. Dabei lagen mehr als 58 Prozent der Kinder und Jugendlichen unterhalb des WHO-Grenzwertes von 100 µg/l. Das bedeutet: mehr als die Hälfte der Heranwachsenden in Deutschland ist nicht mehr ausreichend mit Jod versorgt.

Keine Bagatelle Zu wenig Jod führt zu Mangelstörungen wie einer Größenzunahme der Schilddrüse (Kropf) oder der Bildung von Schilddrüsenknoten. Als wesentlicher Bestandteil der Schilddrüsenhormone T3 und T4 trägt Jod auch zu einer Vielzahl anderer Körperfunktionen bei – etwa zur Knochenbildung, der Regulation von Blutdruck und Stoffwechsel sowie zur Immunabwehr. Besonders gravierend ist ein Jodmangel für Heranwachsende. Denn die Schilddrüsenhormone sind essenziell für das kindliche Wachstum und die Gehirnentwicklung. Zu wenig Jod während Schwangerschaft, Stillzeit und früher Kindheit erhöht das Risiko für spätere Einschränkungen der intellektuellen Fähigkeiten und der Feinmotorik.

Selbstservierte Ursachen Die Gründe für die schlechte Jodversorgung servieren wir uns im wahrsten Wortsinn selbst: Sie finden sich in der Ernährung. Zum einen in den hippen Trends auf dem Teller. So wird in der vegetarischen oder veganen Ernährung auch auf Milchprodukte als wichtige Jodlieferanten verzichtet. Das in Mode gekommene „Himalaya-Salz“ und andere als besonders naturrein geltende, aber nicht-jodierte Speisesalze tun ihr Übriges. Zum anderen zehrt der zunehmende Konsum hochverarbeiteter Lebensmittel an den Jodreserven. Sie liefern zwar den Hauptanteil des Salzes, das wir aufnehmen, sind jedoch meist mit nichtjodiertem Salz hergestellt.

Wie viel Jod wird empfohlen?
Der tägliche Bedarf ist abhängig vom Alter. Laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) sollten Kinder bis 4 Jahre 100, bis 7 Jahre 120, bis 10 Jahre 140 und bis 13 Jahre 180 μg täglich aufnehmen. Erwachsene bis 50 Jahre benötigen täglich 200, später dann 180 μg. Schwangere haben einen Tagesbedarf von 230 und Stillende von 260 μg.
Die besten Quellen sind jodiertes Speisesalz, Seefisch sowie Meeresfrüchte und Algen. Auch Lebertran und Eier sind gute Lieferanten.

Was tun? Ernährungswissenschaftler haben bereits so ihre Ideen, um dem Jodmangel zu begegnen. Eine davon besteht darin, dass sich die Lebensmittelhersteller verpflichten müssen, in ihren Produkten ausschließlich jodiertes Speisesalz zu verwenden. Eine andere ist die Anhebung des Jodgehalts in jodiertem Speisesalz von derzeit 20 auf 25 µg pro Gramm Salz. Auch diese Maßnahme könnte dazu beitragen, eine ausreichende Versorgung mit Jod zu gewährleisten.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 10/2021 ab Seite 108.

Birgit Frohn, Diplombiologin und Medizinjournalistin

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