Zellatlas | Lungenfibrose
WO IST WAS: FORSCHER KARTIEREN DIE CORONA-LUNGE
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Schwerwiegende Lungenentzündungen sind die häufigste Todesursache nach einer COVID-19-Erkrankung. Auch Patienten, die sie überleben, haben oft noch Monate später daran zu leiden. Bislang war allerdings unklar, wie und wo das Virus Schäden verursacht und welche Mechanismen dabei eine Rolle spielen.
Ein Team um Johannes Melms vom Columbia University Irving Medical Center in New York hat dazu die Lungen von 19 verstorbenen COVID-19-Patienten untersucht und mit Lungen gesunder Spender verglichen. Die Forscher sahen sich tausende von Lungenzellen einzeln an. Denn sie wollten verstehen, wie sich COVID von anderen Formen infektiöser Pneumonien unterscheidet.
Makrophagen außer Kontrolle
Die Wissenschaftler stellten fest, dass zahlmäßig überproportional viele Makrophagen vorhanden waren. Diese waren völlig aus dem Gleichgewicht geraten und ließen die Entzündung unkontrolliert ansteigen, beschreibt es Melms Kollege Benjamin Izar:
„Das führt zu einem Teufelskreis, bei dem noch mehr Immunzellen hinzukommen und noch mehr Entzündungen verursachen, die letztlich das Lungengewebe schädigen.“
Interleukin-1beta als Angriffspunkt für Therapien
Zudem können sich die Zellen offenbar schlechter regenerieren. Sie bleiben in einer Art Entwicklungsstadium stecken. Mit dafür verantwortlich ist ein entzündungsfördernder zellulärer Botenstoff namens Interleukin (IL)-1beta, der bei einer COVID-19-Infektion stärker ausgeprägt ist als bei anderen viralen oder bakteriellen Lungeninfektionen. „Diese Erkenntnis ist wichtig, weil es Medikamente gibt, die die Wirkung von IL-1beta dämpfen“, sagt Izar. Sein Gedanke: Dämpft man IL-1beta, lässt nicht nur die Entzündung nach. Es könnte auch dazu beitragen, dass das Lungengewebe sich wieder regenerieren kann.
Vernarbte Corona-Lungen
Ein weiterer Befund: In COVID-Lungen häufte sich ein bestimmter Typ pathologischer Fibroblasten. Diese Bindegewebszellen fördern eine schnelle Narbenbildung – und so entsteht eine Lungenfibrose. Dort ist weniger Platz für gesunde Lungenzellen, die für den Gasaustausch verantwortlich sind. Das Organ bleibt dauerhaft geschädigt.
Potenzielle Therapien entdeckt
Per Computer suchten die Forscher also nach Angriffspunkten für Medikamente, um diesem Problem zu begegnen. Sie identifizierten dafür mehrere Moleküle und Signalwege. Das soll die schädlichen Folgen der pathologischen Fibroblasten abmildern. Izar hofft, dass andere Forschungsgruppen und Pharmaunternehmen diese Daten dann nutzen. So könnten sie herausfinden, wie man nicht nur schwerkranke COVID-19-Patienten akut behandeln, sondern auch langfristige Komplikationen reduzieren kann.
Quelle: wissenschaft.de