PTA-Fortbildung 09/14
WECHSELJAHRE: ZEIT DES UMBRUCHS
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Viele Frauen haben ungute Gefühle, wenn sie an das Thema Wechseljahre denken. Das Älterwerden, das mit einem Abschied von der Fruchtbarkeit einhergeht, nachlassender weiblicher Attraktivität und verminderter Leistungsfähigkeit assoziiert wird, löst oftmals Ängste aus. Hitzewallungen, schlaflose Nächte, Reizbarkeit oder Stimmungsschwankungen sind typische Symptome, die der Frau zeigen, dass die hormonellen Veränderungen nicht spurlos an ihr vorüber gehen.
Nicht selten werden auch andere Probleme, die in dieser Zeit auftreten, dem Klimakterium zugeschrieben, selbst wenn sie nicht ursächlich damit zusammenhängen. In der Zeit des Umbruchs fühlen sich viele nicht mehr richtig jung, sind aber auch noch nicht richtig alt. Auf jeden Fall ist es wichtig zu wissen, dass die Wechseljahre keine Krankheit, sondern ein Teil des natürlichen Alterungsprozesses sind.
Individueller Wechsel Als Klimakterium oder Wechseljahre bezeichnet man bei der Frau die Jahre der hormonellen Umstellung vor und nach der letzten Regelblutung . In dieser Zeit verliert der weibliche Körper durch Rückgang der Hormonproduktion in den Eierstöcken (Ovarien) allmählich seine Fähigkeit zur Fortpflanzung. Zwar können Beschwerden auftreten, die unter Umständen eine Behandlung erforderlich machen. Aber nicht alle Frauen leiden darunter. Stärke und Häufigkeit sind individuell unterschiedlich ausgeprägt. Während jede dritte Frau eine massive Beeinträchtigung der Lebensqualität erfährt, hat ein Drittel der Frauen nur mäßige und ein weiteres Drittel verspürt nur geringe Symptome oder fühlt sich sogar vollkommen fit.
Letzte monatliche Blutung Die hormonellen Veränderungen finden über mehrere Jahre hinweg statt. Den Zeitraum gliedert man in drei sich überlappende Phasen, die als Prä-, Peri- und Postmenopause bezeichnet werden. Die Dauer der einzelnen Abschnitte ist nicht vorhersehbar, sondern von Frau zu Frau verschieden. Auch der Zeitpunkt der letzten Regelblutung variiert. Er kann nur rückblickend festgestellt werden, nachdem die Menstruation an zwölf aufeinanderfolgenden Monaten ausgeblieben ist. Gewöhnlich tritt die Menopause zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr ein. In Europa liegt das Durchschnittsalter der Frauen zwischen 51 und 52 Jahren.
Mit der Menopause ist der Wechsel aber noch nicht vollzogen. Das Ausbleiben der monatlichen Blutung ist lediglich das deutlichste Signal dafür, dass sich die Frau mitten im Übergang von der reproduktiven in die unfruchtbare Phase befindet. Die Jahre danach sind auch noch durch hormonelle Veränderungen geprägt.
FOREVER YOUNG?
Die Hoffnung, dass die Haut in den Wechseljahren von einer Hormongabe profitiert, ist nicht sicher belegt. Daher ist nach den Leitlinien eine HT nicht indiziert, um Alterungsprozessen der Haut entgegenzuwirken. Zudem ist unklar, ob Androgenisierungserscheinungen wie Hirsutismus und Alopezie mit Hormonen abgemildert werden können. Werden aber Hormone gegen klimakterische Beschwerden verordnet, sollte der Arzt bei Problemen mit dem Haarwuchs ein Präparat mit einer antiadrogenen Gestagenkomponente wählen.
Follikelvorrat geht zur Neige Das altersbedingte Nachlassen der Eierstockfunktion beginnt meist nach dem 40. Lebensjahr. Dabei nimmt im Ovar der Vorrat an Eizellen ab. Zur Erinnerung: Jeder Eierstock enthält bei der Geburt etwa ein bis zwei Millionen Eizellen, die immer von einem Eibläschen, dem Follikel, umgeben sind. Dieser Bestand an Follikeln wird im Laufe des Lebens verbraucht. Mit Pubertätsbeginn sind noch ungefähr 300 000 bis 400 000 Eizellen vorhanden. Nur ein kleiner Teil davon gelangt zum Eisprung, die anderen gehen zugrunde.
Die Zahl der Follikel nimmt mit jedem Monatszyklus weiter ab, bis schließlich keine mehr vorhanden sind. Da die Follikel für die Produktion von Estrogen verantwortlich sind, wird mit ihrem allmählichen Aufbrauchen immer weniger davon in den Ovarien produziert, was mit den typischen klimakterischen Beschwerden einhergeht.
Hormone aus dem Takt Bevor die Estrogenproduktion ganz ausfällt, machen sich zunächst ein aus dem Gleichgewicht kommender Estrogen- und ein sinkender Progesteronspiegel bemerkbar. Progesteron, auch Gelbkörperhormon genannt, wird nach dem Eisprung aus dem aufgerissenen Follikel, der dann zum Gelbkörper umgewandelt wurde, produziert. Durch das allmähliche Nachlassen der Eierstockfunktion kommt es zunächst zu einem verzögerten oder gestörten Heranreifen des Follikels, womit gleichzeitig der Estrogenanstieg zu Zyklusbeginn nicht rasch und hoch genug erfolgt.
SINKENDE ESTROGEN- UND STEIGENDE FSH-SPIEGEL
Die Hirnanhangdrüse (Hypophyse) versucht in dieser Phase, die Hormonproduktion in den Eierstöcken mit der vermehrten Ausschüttung des Follikel stimulierenden Hormons (FSH) anzuregen. Somit sind typischerweise die FSH-Werte während der Wechseljahre erhöht. Aufgrund der gesteigerten FSH-Produktion kommt es häufig auch gleichzeitig zum Sprung mehrerer Eier. Das erhöht zwar die Wahrscheinlichkeit schwanger zu werden, erklärt aber auch die überdurchschnittlich häufigen Zwillingsgeburten bei Frauen über 40 Jahren. Auf Dauer schafft es der Organismus aber nicht, durch die vermehrte FSH-Bildung den Estrogenspiegel auf hohem Niveau aufrecht zu erhalten und die produzierten Estrogenmengen nehmen ständig weiter ab.
Dieses Phänomen ist als relativer Estrogenmangel bekannt, das mit Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Schlafstörungen sowie gelegentlichen Hitzewallungen, die im Volksmund aufsteigende oder fliegende Hitze genannt werden, einhergeht. Nach dem Eisprung wird im gleichen Zuge der Gelbkörper nicht hinreichend ausgebildet, was wiederum eine unzureichende Produktion von Progesteron in der zweiten Zyklushälfte zur Folge hat und als Gelbkörperschwäche bezeichnet wird. Zudem findet der Eisprung nicht mehr regelmäßig statt.
Immer öfter unterbleibt die Ovulation ganz, sodass gar kein Gelbkörperhormon gebildet wird. Damit ist das Verhältnis zwischen Estrogen und Progesteron nicht mehr ausgewogen. Es überwiegt Estrogen im Verhältnis zum Progesteron, eine relative Estrogendominanz liegt vor. Begleitende Symptome sind häufig Wassereinlagerungen und Brustpannen (Mastodynie).
Unregelmäßige Zyklen Es kann sich auch ein absolut erhöhter Estrogenspiegel einstellen, da nicht geplatzte Follikel weiter wachsen und immer mehr Estrogen produzieren. Diese Eibläschen sind im Ultraschall als Zysten sichtbar. In Folge wird die Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) immer höher aufgebaut, was zu starken und langen Blutungen führt. Darüber hinaus können zwischendurch leichte Durchbruchsblutungen auftreten, bei denen die oberen Schichten des Endometriums abbluten.
Das Ungleichgewicht der Hormone bewirkt zunehmend unregelmäßiger werdende Zyklen. Typisch sind verkürzte Zyklen unter 25 Tagen (Polymenorrhö) und verstärkte Blutungen (Hypermenorrhö). Aber auch zu seltene (Oligomenorrhö) und zu schwache Blutungen (Hypomenorrhö) kennzeichnen diese erste Phase des Wechsels, die als Prämenopause, also Zeit vor der letzten monatlichen Menstruation, bezeichnet wird.
Hitzewallungen und Schweißausbrüche In der Perimenopause, also der Zeit um die Menopause herum, wird die Produktion von Estrogenen massiv reduziert und die des Progesterons ganz eingestellt. Hitzewallungen sind jetzt keine Seltenheit mehr. Sie werden häufig als die unangenehmste Auswirkung des Klimakteriums empfunden und gelten als ihr Leitsymptom. Eine Hitzewallung steigt von der Brust über den Hals in den Kopf auf und macht sich bis in die Oberarme hinein bemerkbar. Der Schweiß bricht aus, Hautrötung, Herzrasen, Schwindel und Angstgefühle sind häufige Begleiter.
Zu Anfang kommen die Hitzewellen meist nur nachts. Schlafstörungen sind oft die Folge. Das Geschehen dauert wenige Sekunden bis mehrere Minuten lang. Während manche Frauen nur ein oder zwei Hitzewallungen am Tag verspüren, leiden andere bis zu 30 Mal am Tag in unregelmäßigen Abständen unter ihnen. Grund für das unangenehme Hitzegefühl ist eine vasomotorische Antwort auf den abnehmenden Estrogenspiegel, der eine Erniedrigung des Sollwertes im Thermoregulationszentrum und damit unangemessene Wärmeverluste bedingt.
Weitere typische Symptome Neben den neurovegetativen Symptomen löst der verringerte Estrogenspiegel organische Veränderungen aus. So erschlafft das Gewebe der Blase und Gebärmutter, was eine Senkung dieser Organe mit folgender Harninkontinenz bewirken kann. Immer häufiger treten Harnwegs- und Genitalinfektionen auf, da das Gewebe von Scheide und Harnröhre an Feuchtigkeit verliert und Verschiebungen des pH-Wertes bedingt, was die Ausbreitung von Keimen begünstigt. Auch ist die Produktion von Scheidensekret rückläufig, sodass Beschwerden beim Geschlechtsverkehr möglich sind.
Ein Abbau von kollagenen und elastischen Fasern löst eine verringerte Elastizität und Dicke der Haut aus. Zudem nimmt auch ihre Feuchtigkeit zunehmend ab, was der Faltenbildung den Weg bereitet. Eine generelle Verlangsamung des Stoffwechsels löst bei gleich bleibender Kalorienzufuhr eine Gewichtszunahme aus. Zudem können sich seelische Probleme verstärken. Veränderungen der Stimmungslage, Reizbarkeit, Depressionen, Antriebslosigkeit oder Konzentrationsschwäche sind typisch.
Der Wandel ist geschafft In der Postmenopause, das heißt, in dem Jahrzehnt nach der Menopause, versiegt die Estrogenproduktion in den Ovarien ganz. Neben den genannten Beschwerden sind durch den Estrogenmangel Veränderungen im Kalziumhaushalt typisch. Dies beeinflusst langfristig die Festigkeit der Knochen negativ, was zu einer Osteoporose führen kann. Darüber hinaus machen sich Gelenkbeschwerden durch eine veränderte Qualität der Knorpel bemerkbar. Zudem gleicht sich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufgrund der fehlenden kardiovaskulären Schutzfunktion des Estrogens dem der Männer an.
Daneben wird bei vielen Frauen das Kopfhaar dünner und die Achsel- und Schambehaarung lässt nach. Hingegen nimmt die Gesichtsbehaarung zu. Diese Vermännlichung liegt am relativen Übergewicht der männlichen Hormone (Androgene), die der weibliche Körper weiterhin in geringer Menge produziert. Dieser letzte Abschnitt der hormonellen Umstellung dauert so lange, bis sich die Hormone wieder stabil eingependelt haben.
Frauen können dabei einiges für sich tun:
- Salbeipräparate zur Reduktion der Schweißproduktion , Johanniskrautpräparate gegen Stimmungsschwankungen , Baldrian-, Hopfen-, Melisse- und/oder Passionsblumenpräparate zum Einschlafen
- Präparate mit Laktobazillen, Milchsäure oder Vitamin C zur lokalen Verbesserung des Scheidenmilieus , Gleitgele bei Schwierigkeiten beim Intimverkehr durch Trockenheit der Scheide
- Kalziumreiche Ernährung oder eventuell Kalziumsubstitution beziehungsweise kombinierte Einnahme von Kalzium und Vitamin D zur Osteoporoseprophylaxe
- Entspannungsmethoden wie Yoga, autogenes Training oder Tai Chi, um für mentale Ausgeglichenheit zu sorgen
- Gesunde, abwechslungsreiche Ernährung mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr, um das Risiko für Übergewicht oder für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu minimieren
- Konsum von Kaffee, Alkohol und scharfen Gewürzen einschränken, um Hitzewallungen zu reduzieren
- Regelmäßige Bewegung oder sportliche Betätigung zur Steigerung des Wohlbefindens, Reduktion der Hitzewallungen, Beeinflussung des Risikos für Übergewicht oder zum Training der Beckenbodenmuskulatur
- Krafttraining, um Muskelabbau zu stoppen und einer Osteoporose vorzubeugen.
Hormontherapie in der Kritik Bis vor wenigen Jahren war es üblich, negative Begleiterscheinungen in der hormonellen Umstellungsphase bedenkenlos mit Hormonpräparaten zu therapieren. Vor 15 Jahren wurden 1,6 Milliarden Tagesdosen Hormone gegen klimakterische Beschwerden an deutsche Kassenpatientinnen verordnet. Im Jahr 2000 nahmen fast 50 Prozent der Frauen zwischen 55 und 60 Jahren Hormone ein. Sie galten als Allheilmittel gegen die typischen Wechseljahresbeschwerden wie beispielsweise Hitzewallungen. Sie wurden zudem präventiv eingesetzt, um vor Osteoporose oder einer koronaren Herzkrankheit zu bewahren.
RÜCKSPRACHE MIT DEM ARZT
Ob und inwiefern Pflanzenextrakte ein hormonabhängiges Karzinom beeinflussen, wird kontrovers diskutiert. Da man nicht grundsätzlich davon ausgehen kann, dass pflanzliche Produkte naturgemäß nebenwirkungsfreie Alternativen zur Behandlung klimakterischer Beschwerden sind, wird Frauen bei Bestehen oder Verdacht auf einen estrogenabhängigen Tumor geraten, Phytopräparate zur Therapie von Wechseljahressymptomen nur nach Rücksprache mit dem Arzt zu verwenden. Während einige Firmen aus Sicherheitsgründen darauf hinweisen, ihre Präparate bei Patientinnen, die wegen eines estrogenabhängigen Tumors in ärztlicher Behandlung sind oder waren, nicht einzusetzen, halten andere aufgrund der gegenwärtigen Datenlage für ihren Extrakt die Aufnahme estrogenabhängiger Erkrankungen als Kontraindikation für nicht erforderlich.
Diese Verschreibungspraxis geriet aber in die Kritik, nachdem im Jahre 2002 die Ergebnisse der großen amerikanischen WHI-Studie (Women’s Health Initiative Study) offenbarten, dass die Hormonersatztherapie (HET) ihre postulierte vorbeugende Wirkung auf kardiovaskuläre Erkrankungen nicht bestätigen konnte und stattdessen sogar ein erhöhtes Risiko für bestimmte Krankheiten wie Brustkrebs oder Herzinfarkt und Schlaganfall aufwies. Große Verunsicherung machte sich unter den Frauen und ihren behandelnden Ärzten breit und die Verordnungszahlen fielen schlagartig um zwei Drittel.
Einsatz individuell abwägen Heute werden Hormone nur noch sehr restriktiv verordnet. Experten weisen darauf hin, dass eine Hormongabe nur nach differenzierter Nutzen-Risiko-Abwägung und bei starken Wechseljahresbeschwerden erfolgen sollte. Dabei soll die Therapie so kurz und niedrig wie möglich durchgeführt werden. Man spricht auch nicht mehr von einer Hormonersatztherapie, sondern lediglich von einer Hormontherapie (HT), da kein krankhafter Mangel an Hormonen ersetzt wird.
Empfehlungen, wann ein Einsatz in den Wechseljahren sinnvoll sein kann, sind in der S3-Leitlinie „Hormontherapie in der Peri- und Postmenopause“ der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG) nachzulesen. Diese führt Statements zu verschiedenen klimakterischen Beschwerden und einer Vielzahl von Erkrankungen (z. B. Hitzewallungen, vaginale Trockenheit, Harninkontinenz, koronare Herzkrankheit, Knochenstoffwechsel, Demenz, diverse Krebserkrankungen) auf, denen jeweils eine Empfehlung der Experten nach dem Grad der Evidenz folgt.
Die Leitlinie richtet sich an Ärzte, die bei ihrem Entscheidungsprozess bei der Indikationsstellung einer HT unterstützt werden sollen. Essenzieller Gesichtspunkt beim Abwägen von für und wider Hormonen ist die individuelle Betrachtung von Nutzen und Risiken bei jeder einzelnen Frau. So sind Frauen mit bereits bestehenden Erkrankungen anders zu beraten als Gesunde.
Leitliniengerechte Empfehlungen Vereinfacht lässt sich zusammenfassen, dass heute als gesicherte Indikation für eine Hormontherapie Hitzewallungen und vaginale Trockenheit gelten. Zudem kann sie das Risiko für Knochenbrüche reduzieren. Doch wird der Einsatz von Hormonen zur Vorbeugung der Osteoporose nur im Ausnahmefall empfohlen, wenn Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen gegenüber anderen Osteoporosetherapieoptionen (z. B. Bisphosphonate) bestehen.
Auch senkt die Einnahme von Hormonen das Risiko für kolorektale Karzinome (Darmkrebs), wird aber von der Leitlinie nicht zu ihrer Vorbeugung angeraten. Ebenso ist eine HT nicht zur Primäroder Sekundärprävention der koronaren Herzkrankheit indiziert, da sie die Gefahr für venöse Thromben, Schlaganfall und Lungenembolien erhöht. Ebenso weist sie ein erhöhtes Risiko für Mamma- (Brustkrebs), Endometriumkarzinome (Gebärmutterkrebs) auf und scheint mit einer erhöhten Häufigkeit von Gallenwegserkrankungen einherzugehen.
Die orale HT hat zudem weder positive Wirkungen auf die Kognition älterer postmenopausaler Frauen noch zeigt sie einen Nutzen zur Prävention von Demenzsymptomen. In Bezug auf eine Vorbeugung rezidivierender Harnwegsinfektionen gilt es zu differenzieren. So ist eine orale HT zu ihrer Prävention nicht indiziert. Allerdings wird die vaginale Anwendung von Estrogenen empfohlen.
Neue Bewertung Daten von durchgeführten Untersuchungen sowie Erkenntnisse von Einzelanalysen aus der WHI-Studie haben in letzter Zeit wieder Schwung in die Diskussion um die Sicherheit der Hormontherapie gebracht. Demnach scheint die Hormongabe doch mit weniger Risiken behaftet zu sein als gedacht und in der frühen Phase der hormonellen Umstellung gesundheitliche Vorteile zu bringen.
OFT KOMBINIERT
Grundsätzlich müssen Frauen, die noch eine Gebärmutter besitzen, Estrogene mit Gestagenen kombinieren, um einen starken estrogenbedingten Aufbau des Endometriums (Gebärmutterschleimhaut) zu verhindern und damit die Gefahr eines Gebärmutterkrebses zu reduzieren. Bei hysterektomierten Frauen, also Frauen, denen die Gebärmutter entfernt wurde, ist die alleinige Gabe eines Estrogens ausreichend.
Den Studienergebnissen zufolge können Frauen in den Wechseljahren langfristig von einer Hormongabe profitieren, vorausgesetzt, es können individuelle Risikofaktoren ausgeschlossen und die Therapie zeitnah nach der Menopause begonnen werden. So konnte in einer dänischen Langzeitstudie festgestellt werden, dass bei gesunden Frauen, die im Durchschnitt 50 Jahre alt waren und deren letzte Regelblutung im Mittel sieben Monate zurücklag, das Infarktrisiko deutlich geringer und nicht mit einem erhöhten Krebsrisiko (z. B. für Brustkrebs) verbunden ist als das von Gleichaltrigen, die keine Hormone bekommen hatten.
Zudem zeigte eine Auswertung der WHI-Studie bei der Subgruppe, die nur Estrogene verordnet bekommen haben, dass die Brustkrebshäufigkeit sogar gesunken ist. Günstig ist auch der Effekt auf das kolorektale Karzinom bei Einnahme von Estrogen-Gestagen-Kombinationen. Die DGGG und andere Fachgesellschaften haben daher die Behandlung mit Hormonen aufgrund der aktuellen Datenlage neu bewertet und eine aktualisierte Empfehlung herausgegeben, in der sie die Hormontherapie für Frauen mit Wechseljahresbeschwerden, die unter 60 Jahre alt sind und keine Vorrisiken haben, als Behandlungsalternative bewerten, die doch weniger Risiken birgt, als in den letzten Jahren angenommen wurde.
Estrogene und Gestagene Bei den zur Hormonsubstitution verwendeten Estrogenen handelt es sich um sogenannte „natürliche“ Estrogene. Diese entsprechen dem unter natürlichen Bedingungen gebildetem Estrogen, in erster Linie Estradiol, Estradiolvalerat und mikronisiertes Estradiol. In die gleiche Gruppe gehören auch die konjugierten Estrogene, also Estrogene, die aus Stutenharn gewonnen werden. Estriol kommt bevorzugt als Gel oder Creme lokal im Genitalbereich zur Anwendung, da es die Atrophierung der Haut und des Harnröhrenepithels günstig beeinflusst. Das synthetische Ethinylestradiol, das man aus der Pille als Ovulationshemmer kennt, wird zur Hormontherapie in den Wechseljahren nur dann verordnet, wenn eine empfängnisverhütende Wirkung erforderlich ist.
Als Gestagenkomponente werden in der HT zum einen synthetische Verbindungen mit unterschiedlichen Partialeigenschaften verordnet (z. B. Dienogest, Levornogestrel, Medrogeston, Norethisteronacetat oder Medroxyprogesteronacetat). Zudem wird das natürliche Gestagen, das Progesteron, angewendet. Gestagene werden mindestens über 10 Tage, meist über 12 bis 14 Tage, in der zweiten Zyklushälfte gegeben. Diese Applikationsweise nennt man sequentiell. Sie ahmt den natürlichen Zyklus nach, wodurch regelmäßige Blutungen erfolgen.
Werden diese nicht gewünscht, kann Estrogen auch dauerhaft mit Gestagenen kombiniert werden. Bei dieser kontinuierlichen Therapie bleibt die Menstruation aus. Allerdings treten in den ersten Jahren nach der Menopause häufig Durchbruchblutungen auf, sodass die kontinuierliche Kombinationstherapie meist erst etwa zwei Jahre nach der Menopause empfohlen wird.
Schlucken, kleben, schmieren Estrogene und Gestagene sind zum einen in fixen Kombinationen in Tablettenform oder als transdermale Pflaster erhältlich. Zum anderen existieren die Hormone jeweils als Monopräparate, die nach dem Baukastenprinzip miteinander kombiniert werden können. Dabei sind Estrogene in verschiedenen Darreichungsformen erhältlich. Die systemische Therapie kann oral mit Tabletten oder transdermal mit Pflastern und Gelen erfolgen. Daneben existieren Gele für die lokale Therapie zur vaginalen Anwendung.
»Beim großen Angebot an pflanzlichen Präparaten zur Behandlung klimakterischer Beschwerden muss differenziert werden.«
Gestagene werden meist oral in Tablettenform eingenommen. Es kann auch eine Gestagenspirale eingesetzt werden, die eigentlich zur Empfängnisverhütung gedacht, aber auch zur Therapie von Blutungsstörungen in den Wechseljahren zugelassen ist. Immer häufiger werden Pflaster und Gele verordnet, da bei der transdermalen Hormonanwendung aufgrund des fehlenden First-pass-Effektes das Thromboserisiko geringer zu sein scheint als unter oraler Gabe. Auch gewinnt die vaginale Applikation eines reinen Estrogens bei der Behandlung lokaler Symptome im Genitalbereich wie beispielsweise Trockenheit, ständig wiederkehrende Entzündungen oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr an Bedeutung, da so geringere Hormondosen nötig sind.
Pflanzliche Behandlungsoptionen Die immer wieder aufflammende Diskussion um Nutzen und Risiken einer HT hat in den letzten Jahren zunehmend dazu geführt, dass Frauen in der Apotheke vermehrt nach hormonfreien Alternativen fragen. Bei dem großen Angebot an pflanzlichen Präparaten zur Behandlung klimakterischer Beschwerden muss differenziert werden. Pflanzliche Alternativen sind nicht automatisch unbedenklich. Auch diese müssen für einen sicheren Einsatz gut auf Wirkungen und Nebenwirkungen untersucht werden. Doch nicht für alle Präparate ist die Wirksamkeit und Sicherheit ausreichend in klinischen Studien belegt.
Nahrungsergängzungsmittel Soja und Rotklee Zum einen werden Isoflavon-haltige Präparate mit Soja und Rotklee vertrieben. Dies sind Nahrungsergänzungsmittel, die anders als Arzneimittel weder Wirksamkeit noch Unbedenklichkeit in wissenschaftlichen Studien zwingend dokumentieren müssen. Sie sind daher auch nicht als Arzneimittel zugelassen. In der Vergangenheit wurde heftig über Nutzen und Sicherheit von Isoflavonen bei Wechseljahresbeschwerden diskutiert.
Während die Isoflavon-Forschungs-Initiative klinische, pharmakologische und toxologische Daten präsentiert, die eine Supplementierung von Isoflavonen in den Wechseljahren sinnvoll und sicher erscheinen lassen, hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) aufgrund der unklaren Datenlage eine Sicherheitswarnung für Nahrungsergänzungsmittel auf Grundlage von Isoflavonen herausgegeben und rät von der langfristigen Einnahme solcher Produkte ab.
Zum anderen sind Rotkleepräparate lediglich Nahrungsergänzungsmittel ohne Arzneimittelzulassung. Festzuhalten bleibt, dass weder bei Soja noch bei Rotklee die Risiken ausreichend bewertet wurden und insgesamt eine widersprüchliche Datenlage besteht.
Arzneimittel Traubensilberkerze und Rharbarber Des Weiteren gibt es als Arzneimittel zugelassene Präparate aus Extrakten der Wurzel des sibirischen Rhabarbers (Rheum rhapontikum) und des Wurzelstocks der Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa). Bei Letzterer existieren Präparate mit ethanolischem Auszugsmittel (Cimicifuga racemosa-Spezialextrakt BNO 1055) und isopropanolisch ausgezogene Extrakte (iCR-Spezialextrakt). Sowohl für Cimicifuga- als auch Rhapontikrhababerarzneimittel wurde ein positives Nutzen-Risiko-Profil anhand zahlreicher klinischer und präklinischer Studien belegt.
Rharbarber Für den Spezialextrakt aus der sibirischen Rhabarberwurzel ERr 731® kann eine effektive Linderung von Wechseljahressymptomen wie Hitzewallungen, Schweißausbrüchen, Schlafstörungen und depressiven Verstimmungen bei gleichzeitig gutem Sicherheitsprofil dokumentiert werden. Gerade die Hitzewallungen bekämpft der Rhabarberextrakt sehr wirkungsvoll. In Studien wurde gezeigt, dass seine Wirkung bei Hitzewallungen vergleichbar zu einer niedrig dosierten HT ist. Die wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe Rhaponticin, Desoxyrhaponticin, Rhapontigenin und Desoxyrhapontigenin verfügen über einen selektiven Wirkmechanismus.
ERr 731® zeigt eine klare Präferenz für den Beta-Estrogenrezeptor, der sich in den Ovarien, Knochen und im ZNS befindet und eine antiproliferative, angstlösende und antientzündliche Wirkung aufweist. Ein unerwünschtes Zellwachstum, also proliferative Veränderungen an besonders kritischen Zielorganen wie Brustdrüse und Gebärmutter, werden durch das Präparat nicht stimuliert, da der Extrakt nicht am Alpha-Estrogenrezeptor angreift, der an Ovarien, Uterus und Brustgewebe angesiedelt ist.
Der Alpha-Estrogenrezeptor sorgt für die Reproduktion und Zellteilung und spielt damit auch beim Wachstum estrogenabhängiger Tumore wie Brustkrebs und Gebärmutterschleimhautveränderungen eine Rolle.
Traubensilberkerze Auch der iCR-Spezialextrakt zeigte in umfangreichen Untersuchungen eine signifikante Verbesserung von vasomotorischen und psychischen Wechseljahresbeschwerden bei guter Verträglichkeit. Dabei war die Wirksamkeit einer niedrig- dosierten HT vergleichbar. Im Hinblick auf die Sicherheit konnte nachgewiesen werden, dass iCR weder hormonelle Werte (FSH, LH, Estradiol, Prolaktin) verändert noch estrogensensible Organe (keine Veränderung von Brustgewebsdichte, Brustzellproliferation, Endometriumdicke oder Vaginalzytologie) oder die Leberwerte beeinflusst.
Hingegen wurden positive Effekte auf den Lipidstoffwechsel und den Knochenmetabolismus bestätigt. Bei der Traubensilberkerze gelten Triterpenglykoside und Zimtsäureabkömmlinge als zentrale Inhaltsstoffe, wobei der Gesamtextrakt die Wirksamkeit ausmacht. Bislang gibt es diverse Hinweise auf den Mechanismus, eine eindeutige Klärung steht noch aus. Die Wirkungen scheinen auf vielfältigen Mechanismen zu basieren.
Neuere Untersuchungen weisen darauf hin, dass iCR über zentralnervöse Effekte (Modulation von zentralen Rezeptoren) dort angreift, wo neurovegetative und psychische Wechseljahresbeschwerden entstehen, das heißt, in den Regulationszentren für Körpertemperatur und Stimmungslage im Hypothalamus. Es wurde eine Bindung an zentrale Serotonin-, Dopamin- und GABA-Rezeptoren gezeigt. Zusätzlich erhöht iCR die Verfügbarkeit von m-Opioidrezeptoren in estrogensensitiven und für emotionale und kognitive Funktionen zuständigen Hirnarealen.
Ergänzende Tipps Wie bei vielen pflanzlichen Wirkstoffen dauert es auch bei Cimicifugapräparaten einige Wochen bis sich die Wirkung voll entfaltet. Zur Behandlung leichterer vegetativer Symptome wie Hitzewallungen, Schweißausbrüchen oder Schlafstörungen reicht die alleinige Einnahme des Traubensilberkerzenextraktes. Patientinnen mit stärker ausgeprägten oder betont psychischen Beschwerden wie depressive Verstimmung, nervöse Unruhe, Angst oder Gereiztheit, profitieren von der kombinierten Einnahme des Traubensilberkerzenextraktes mit Johanniskraut. Auch zu empfehlen sind Johanniskrautkombinationen mit Passionsblume und Baldrian.
Hoomöopathische Hilfe Unterstützend gegen die Beschwerden in den Wechselwirkungen wirken Einzelmittel wie Lachesis, Sanguinaria, Calcium carbonicum oder Pulsatilla. Homöopatische Komplexmittel enthalten beispielweise Cimicifuga, Ignatia, Sanguinaria und Sepia.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 09/14 ab Seite 34.
Gode Meyer-Chlond, Apothekerin